Die Polizei hat am Mittwoch vor einem möglichen Terror-Akt in Wien gewarnt. Auf Twitter schrieb sie, dass "ein islamistisch motivierter Anschlag geplant ist". Das Bundesheer wurde vorerst nicht zur Assistenz herangezogen.
Die Wiener Polizei hat am Mittwochvormittag vor einer Anschlagsgefahr gegen religiöse Einrichtungen in der Bundeshauptstadt gewarnt. "Aktuell werden Sie im Stadtgebiet vermehrt Polizeikräfte teilweise mit Sonderausrüstung wahrnehmen", hieß es auf dem Twitter-Account der Wiener Polizei. "Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN, Anm.) erlangte Hinweise, dass ein islamistisch motivierter Anschlag in Wien geplant ist", twitterte die Wiener Polizei etwas später.
"Aufgrund einer Gefährdungseinschätzung der DSN sowie mehrerer LVT wurde als Vorsichtsmaßnahme eine verstärkte Überwachung und Bewachung neuralgischer Orte beziehungsweise Objekte in Wien angeordnet. Hierzu sind im öffentlichen Raum uniformierte Kräfte der Polizei sichtbar, die sich aus Bezirkskräften, der WEGA sowie dem EKO Cobra zusammensetzen", hieß es in dem Polizei-Tweet.
Bevölkerung soll keine Gerüchte, Fotos oder Videos verbreiten
"Die Dauer dieses verstärkten Objektschutzes kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Sollte für die Bevölkerung eine konkrete Gefahr an einem konkreten Ort bestehen, warnt die LPD (Landespolizeidirektion, Anm.) Wien sofort über alle verfügbaren Kanäle." Die Bevölkerung wurde aufgerufen, keine Gerüchte zu verbreiten beziehungsweise Fotos oder Videos vom Polizeieinsatz anzufertigen und zu teilen.
Am frühen Nachmittag gab es laut "Oe24.at" dennoch einen größeren Einsatz, der im Zusammenhang mit den Terrorwarnungen gegen religiöse Einrichtungen gestanden sein dürfte. Vor einem Gebäude der Technischen Universität (TU) Wien fuhren mehrere Polizeiautos vor und durchsuchten den Bau. Das blieb laut Polizeisprecher Markus Dittrich aber ohne Ergebnis.
Offiziell unbestätigten Informationen zufolge könnten sich die Anschlagspläne gegen Einrichtungen der syrisch-christlichen Diaspora in der Bundeshauptstadt richten. Seitens der Polizei beziehungsweise des Innenministeriums wurde dies aber nicht bestätigt. Ebenso wenig wurden Posts kommentiert, die sich schon in der Früh über soziale Medien verbreiteten, wonach nach einem SUV mit ausländischem Kennzeichen und vier Insassen gefahndet werde, von denen einer eine Schussverletzung an der Hand haben soll. Wann der Einsatz begonnen hatte, sagte Polizeisprecher Markus Dittrich nicht. "Der Einsatz startete, nachdem wir Kenntnis von den Hinweisen auf die Anschlagspläne erhalten haben."
Größerer Polizeieinsatz bei Kirche in Favoriten
Der Wiener Dompfarrer Toni Faber bestätigte Mittwochvormittag gegenüber "Kathpress", dass man um eine Gefahrenlage wisse. Nähere Details könne er dazu aber nicht nennen. Er sei aber jedenfalls der Polizei beziehungsweise den Sicherheitsbehörden dankbar, "dass sie die Lage im Griff haben und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen ergriffen haben". Michael Prüller, Sprecher der Erzdiözese Wien, erklärte: "Die Attentatsgefahr ist nicht so evident, dass eine Schließung der Kirchen notwendig wäre." Aktuell ändere sich am Ablauf von Messen nichts. Die katholische Kirche sei in engem Austausch mit der Polizei. "Wir wissen, dass stärker kontrolliert wird."
Der Gründer der syrisch-othodoxen Kirche in Österreich, Emanuel Aydin, hatte nach eigenen Angaben noch keinen direkten Kontakt mit der Polizei. Beamte seien in der Umgebung seiner Kirche in Favoriten gewesen und hätten mit Mitgliedern der Gemeinde gesprochen. Das Gotteshaus sei weiterhin geöffnet.
Ein Augenzeuge berichtete der APA von einem größeren Polizeieinsatz bei der Kirche in der Früh, an dem rund ein Dutzend schwer bewaffnete Beamte beteiligt waren. Diese hätten den Eindruck gemacht, als seien sie auf der Suche nach jemandem. Die Wiener Polizei bestätigte am Mittwoch auf APA-Anfrage, dass der Einsatz in Zusammenhang mit der der Warnung stand. "Eine konkrete Gefährdung gab es jedoch nicht", sagte ein Sprecher.
Bischof Gabriel von der koptisch-orthodoxen Kirche bestätigte gegenüber dem Ö1-"Mittagsjournal", man sei über eine Bedrohungslage informiert worden. "krone.at" hatte von einer Anschlagsgefahr konkret gegen koptische Kirchen berichtet, weil eine syrische Jihadisten-Gruppe Landsleuten drohe, die nicht für den Jihad kämpfen wollten.
Obmann: Muslimische Persönlichkeiten wurden vom IS bedroht
Tarafa Baghajati, Obmann der "Initiative Muslimischer Österreicherinnen und Österreicher" (IMO), zeigte sich im Gespräch mit der APA betroffen und schockiert über die möglichen Anschlagspläne. Von solchen Tendenzen wären auch gemäßigte Imame und oder muslimische Persönlichkeiten betroffen, betonte er. In den vergangenen Jahren hätten immer wieder auch muslimische Persönlichkeiten Polizeischutz in Anspruch nehmen müssen, weil sie vom IS bedroht oder auf eine "Todesliste" gesetzt worden seien.
Die Kindergärten der Diakonie trafen am Mittwoch entsprechende Vorsichtsmaßnahmen. Wie Diakonie-Sprecherin Roberta Rastl-Kircher bestätigte, seien alle Ausflüge in Kindergärten in der Nähe von Kirchen abgesagt worden. Laut Diakonie waren davon zwölf Einrichtungen mit 845 Plätzen betroffen. "Die Maßnahme gilt, bis Entwarnung gegeben wird", sagte Rastl-Kircher.
Das Bundesheer wurde zunächst nicht zur Assistenz herangezogen, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Oberst Michael Bauer, der APA. "Unsere Kräfte, die routinemäßig die Botschaften bewachen, sind sensibilisiert." Bei einem Lokalaugenschein in der Innenstadt war nur wenig verstärkte Polizeipräsenz wahrzunehmen. (APA/mbo)