• Frustrierte Minister, versteinerte Mienen, flammende Appelle: Nach zwei Wochen sind mehrere Streitpunkte immer noch ungelöst auf der UN-Klimakonferenz.
  • Die Kritik an den ägyptischen Gastgebern wächst.
  • Einige Zeichen deuten aber auf eine Annäherung hin.

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Im Endspurt bei der UN-Klimakonferenz in Ägypten bringen neue Textvorschläge Bewegung in die zähen Verhandlungen. Fast 24 Stunden nach dem geplanten Ende lag den Verhandlern aus rund 200 Staaten am Samstagnachmittag ein weiterer offizieller Entwurf für eine Abschlusserklärung vor.

In dem elfseitigen Papier der ägyptischen Konferenzleitung wird von allen Ländern ein schrittweiser Kohleausstieg gefordert. Nicht aufgegriffen wird aber weiterhin die Forderung etlicher Staaten und Klimaaktivisten, auch den Abschied von Öl und Gas festzuschreiben.

Martin Kaiser von Greenpeace sagte der Deutschen Presse-Agentur, auch das Aus für Öl und Gas müsse im Text verankert werden. Dafür solle sich in den letzten Stunden nun Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) stark machen. Annika Schröder von der Entwicklungsorganisation Misereor sagte für die weiteren Stunden einen "dicken Kampf" voraus.

Debatte um Fonds für Klimaschäden

Auch in der Streitfrage, ob unter dem Dach der Vereinten Nationen ein Fonds eingerichtet wird, der arme und besonders gefährdete Länder für unabwendbare Klimaschäden entschädigt, gab es Bewegung. Gemeint sind damit fatale Folgen der Erderwärmung wie Dürren, Überschwemmungen und Wirbelstürme, aber auch der steigende Meeresspiegel oder Wüstenbildung.

Zum diesem Thema lag ein separater Vorschlag der Konferenzleitung vor. Er sieht vor, einen solchen Fonds einzurichten, Summen werden aber nicht genannt. Jan Kowalzig von Oxfam sagte dazu der Deutschen Presse-Agentur: "Das wäre ein wichtiger Schritt nach vorne für die von der Klimakrise gebeutelten Menschen in den ärmeren Ländern."

Nach Einschätzung des politischen Geschäftsführers von Germanwatch, Christoph Bals, gaben die neuen Texte ein "deutlich besseres Gesamtbild" ab, aber ein immer noch gemischtes. Die Präsidentschaft arbeite auf ein Ergebnis noch am frühen Abend hin.

Ein Scheitern der Konferenz schien im Lauf des Samstags dennoch nicht ausgeschlossen. EU-Kommissionsvize Frans Timmermans und Baerbock warnten, dass sie notfalls auch ein Platzen des zweiwöchigen Treffens in Scharm el Scheich in Kauf nehmen würden.

Baerbock beharrt auf 1,5-Grad-Ziel

"Wir werden keinen Vorschlägen zustimmen, die das 1,5-Grad-Ziel zurückdrehen", stellte Baerbock nach nächtlichen Verhandlungen klar. Und Timmermans sagte, gewisse rote Linien werde der Staatenverbund nicht überschreiten. "Es ist besser, kein Ergebnis zu haben als ein schlechtes."

2015 hatte die Weltgemeinschaft in Paris vereinbart, die Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Die Welt hat sich nun schon um gut 1,1 Grad erwärmt, Deutschland noch stärker. Ein Überschreiten der 1,5-Grad-Marke erhöht nach Warnungen der Wissenschaft deutlich das Risiko, sogenannte Kippelemente im Klimasystem und damit unkontrollierbare Kettenreaktionen auszulösen.

In dem Entwurf für das finale Papier werden die Staaten auch aufgefordert, ihre größtenteils unzulänglichen Klimaschutzpläne bis spätestens zur nächsten Klimakonferenz nachzubessern, die Ende 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfindet. Dies bleibt freiwillig, eine Verpflichtung gibt es nicht.

Friederike Röder von Global Citizen nannte es "schockierend", dass der Entwurf keinen klaren Zeitplan enthält für die Einlösung des Versprechens, 100 Milliarden US-Dollar für die Klimafinanzierung an Länder des Globalen Südens bereitzustellen. "Dieses Versprechen wurde nun zwei Jahre hintereinander gebrochen, und es ist nicht klar, ob es 2023 erfüllt wird."

Immer mehr Unmut unter den Teilnehmern

Die Weltklimakonferenz, zu der etwa 34.000 Teilnehmer angereist sind, war am Freitagabend in die Verlängerung gegangen. COP-Präsident Samih Schukri sagte am Morgen danach: "Es gibt ein gleiches Maß an Unzufriedenheit von allen Seiten." Der Frage nach einem möglichen Scheitern wich er aus. "Jede Partei hat das volle Recht, sich einem Konsens anzuschließen oder nicht anzuschließen."

In Verhandlungskreisen war in der Nacht Beunruhigung ausgebrochen, weil Delegationen nur wenige Minuten lang Textentwürfe der ägyptischen COP-Präsidentschaft zu sehen bekamen. "Das ist extrem ungewöhnlich", sagte ein Verhandler. Die Delegationen hätten den Text nicht mitnehmen, sondern nur 20 Minuten anschauen und dann kurz kommentieren dürfen.

Angesichts der Verzögerungen und einem Verhandlungsprozess, den Teilnehmer als chaotisch beschreiben, wuchs auch die Kritik an den Gastgebern. COP-Präsident Schukri gestand den Unmut der Teilnehmer am Samstag zwar ein, spielte den Ball aber zurück und sagte, die Verantwortung für eine Einigung liege bei den Ländern.

Auch sein Sonderbeauftragter für die COP27, Botschafter Wael Abulmagd, wies Kritik zum schleppenden und teils umständlichen Verhandlungsprozess zurück und spielte Sorgen herunter. (dpa/fte)

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