- Der Krieg in der Ukraine und die nachfolgenden Sanktionen haben auch Profiteure.
- Während in den meisten Staaten das Wirtschaftswachstum unter dem Konflikt leidet, sorgt laut einem Bericht die Lage im Kaukasus und Zentralasien für Wachstum.
- Die Länder könnten als Zwischenhändler zwischen dem Westen und Russland fungieren.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die westlichen Sanktionen gegen Russland haben nach Einschätzung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) in einigen Regionen für Wirtschaftswachstum gesorgt. "Volkswirtschaften in Zentralasien und im Kaukasus haben vom Zwischenhandel nach Russland sowie von Kapitalzuflüssen und gebildeten Migranten aus Russland profitiert", heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten EBRD-Bericht.
Länder wie Armenien, Georgien oder Kirgisistan könnten durch den eingebrochenen direkten Handel zwischen dem Westen und Russland als Zwischenhändler fungieren. Die Importe in diese Länder aus der EU, den USA und Großbritannien hätten enorm zugelegt, stellte die EBRD fest. Dies weise darauf hin, dass Waren über den Kaukasus oder Zentralasien nach Russland weiterverkauft wurden.
Waren, die vor den Sanktionen direkt aus dem Westen nach Russland gelangten, werden so nun über diese Länder an Russland weiterverkauft. Russland erhält somit weiterhin westliche Waren und die Länder im Kaukasus und Zentralasien profitieren von einem größeren Handelsvolumen.
Logistikbranche profitiert von Zwischenhandel
Dieser Zwischenhandel mache laut der Bank zwar nur einen Bruchteil der russischen Importe aus dem Westen aus. Aber in Ländern wie Kirgisistan oder Armenien belaufe er sich auf einen jährlichen Anteil von vier bis sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts. "Eine aufkeimende Logistikbranche ist entstanden, um diesen Handel zu erleichtern, und trägt zu den Kapitalzuflüssen bei, die ihrerseits die Aufwertung lokaler Währungen im Vergleich zum US-Dollar untermauert haben", führt die EBRD weiter aus.
Länder aus der Region haben im Vergleich zu Deutschland ein viel niedrigeres bereinigtes Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. Während der durchschnittliche Deutsche 2021 58.000 Euro im Jahr erwirtschaftete, liegt der Wert zum Beispiel in Armenien nur bei 15.000 Euro.
Gaspreise und Inflation hemmen weiterhin Wachstum in Zentraleuropa
Die EBRD wurde nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 gegründet und sollte die Nachfolgestaaten sowie andere Länder in Mittel- und Osteuropa auf dem Weg zur Marktwirtschaft unterstützen. Heute ist sie in mehr als 30 Staaten in Ost- und Mitteleuropa, im Kaukasus, in Zentralasien, Nordafrika und im Nahen Osten vertreten.
Die Wirtschaftsleistung in den EBRD-Regionen stieg dem Bericht zufolge im vergangenen Jahr schätzungsweise um 2,4 Prozent, deutlich weniger als 2021 mit 7,1 Prozent. Grund seien der Krieg gegen die Ukraine und der nachlassende Schwung nach der Corona-Erholung. Dennoch seien die Erwartungen übertroffen worden, hieß es. Private Ersparnisse, die während der Pandemie angesammelt wurden, seien vor allem in den europäischen Schwellenländern aktiv ausgegeben worden und hätten den Konsum angekurbelt.
Für 2023 erwarten die Experten ein Wachstum von 2,1 Prozent. Hohe Gaspreise und andauernde Inflation belasteten die Aussichten. 2024 rechnet die EBRD dann wieder mit einem Plus von 3,3 Prozent. (dpa/lko)

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