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Borussia Dortmunds Jude Bellingham gehört zu den stärksten Spielern der WM in Katar und beweist endgültig, im Revier zum Weltklassespieler gereift zu sein. Am Abend des 10. Dezember 2022 aber gehört er zu den untröstlichen Verlierern eines großartigen Spiels gegen Weltmeister Frankreich. Es krönt die WM-Viertelfinals. Kurz zuvor schafft Marokko eine weitere Sensation. Die Bilder dazu.
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Ab der 17. Minute rennt England gegen Frankreich einem 0:1-Rückstand hinterher. Der sonst eher unscheinbar agierende Aurelien Tchouameni (rechts) rückt mit seinem haltbar erscheinenden Flachschuss ins Rampenlicht. Und er kehrt dorthin in der 52. Minute zurück. Mit diesem Foul gegen Bukayo Saka.
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Schiedsrichter Wilton Pereira Sampaio aus Brasilien, den Engländern bei seinen Entscheidungen ansonsten wenig wohlgesonnen, entscheidet auf Strafstoß. Eine Sache für den Kapitän. Harry Kane tritt gegen seinen Vereinskollegen von Tottenham Hotspur an, Hugo Lloris. Der französische Torwart kennt Kanes Lieblingsecke, fliegt aber in die andere. England hat zum 1:1 ausgeglichen.
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Kane freut sich über den Gleichstand und hat nebenbei auch eine Rekordmarke erreicht: Der Mittelstürmer hat nunmehr ebenso 53 Länderspieltore aufzuweisen wie Wayne Rooney.
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England ist zurück in einem längst hochklassigen und ausgeglichenen Spiel und möchte das Momentum nutzen. Immer wieder dribbelt Rechtsaußen Bukayo Saka schnell und fintenreich in die französische Defensive hinein. Und sehr oft wird er gefoult, so wie hier von Adrien Rabiot (links) und Theo Hernandez. Referee Pererira Sampaio (rechts) indes sieht oft keinen Grund, zu pfeifen. Seine Spielleitung bleibt oft undurchsichtig und kritikwürdig.
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In der 70. Minute haben viele englische Fans den Torschrei nach einem Freistoß von Luke Shaw bereits auf den Lippen. Kult-Verteidiger Harry Maguire (ganz rechts) setzt einen Kopfball schulbuchmäßig und mit Wucht auf das französische Tor. Der Ball streift sogar den Außenpfosten, geht aber nicht rein. Es bleibt beim 1:1.
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Also geht Maguire (links) wieder seinem eigentlichen Job nach: aufzupassen auf den Rekord-Torjäger der Franzosen. Olivier Giroud (rechts) hat im Verlauf des Turniers schon drei Mal getroffen und dabei Frankreichs Rekordmann Thierry Henry überholt. Nach Kanes Elfmetertor steht es im Fernduell Kane gegen Giroud nach Toren 53:52.
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Aber nur bis zu 78. Minute. Nach Flanke von Antoine Griezmann kommt Maguire gegen Giroud zu spät. Der ist eine Minute zuvor mit einem halbhohen Schuss noch an Englands klasse reagierendem Torwart Jordan Pickford gescheitert. Nun aber netzt der 36-Jährige unnachahmlich per Kopf ein.
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Frankreich ist in einer spannenden Begegnung zweier gleichwertiger Widersacher zurück auf der Siegerstraße. Und das ausgerechnet durch Giroud (links). Der Angreifer hat insgesamt neun Jahre (bis 2018 erst sechs für Arsenal, dann bis 2021 drei für Chelsea) als Profi in der englischen Premier League verbracht.
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Nur zwei Minuten vergehen, bis Hernandez im Strafraum den gerade eingewechselten Mason Mount per Bodycheck im Luftkampf abräumt. Der Schiedsrichter aber pfeift nicht. Erst auf Intervention des VAR schaut er sich die Szene an - und plötzlich gibt es doch Elfmeter für England. Wieder tritt Kane, ganz Kapitän, an. Er ist sich seiner Sache offenbar sicher.
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Zu sicher, wie seine Ausführung beweist. Immerhin ist es an diesem Abend schon sein zweites direktes Duell mit Lloris, der ihn bestens aus dem Klub kennt. Eine ungeheure psychologische Belastung. Lloris entscheidet sich diesmal für das Eck, in das Kane auch schon in der 54. Minute gezielt und getroffen hat. Kane aber wirkt verunsichert, denkt wohl nach, und als Folge jagt er die Kugel weder ins Eck, noch in die Mitte, sondern über den Kasten.
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Kane kann es nicht fassen.
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Frankreichs Spieler jedoch feiern, als stünde ihr Sieg bereits fest.
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Der hängt aber bis in die letzte Sekunde der achtminütigen Nachspielzeit am seidenen Faden. Duplizität der Ereignisse: Wie am Abend vorher, als es zwischen Argentinien und den Niederlanden 2:1 für Argentinien steht, gibt es als Schlusspointe einen Freistoß. Maguire holt ihn heraus, und das praktisch an der gleichen Stelle wie tags zuvor die Oranjes. Sie treffen dank eines Tricks spät durch Joker Wout Weghorst. Für England versucht sich Einwechselspieler Marcus Rashford. Sein Ball landet auf dem Tordach. Das war knapp! Lloris atmet durch.
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England ist nach großem Kampf ausgeschieden. Nationaltrainer Gareth Southgate tröstet Kane. Southgate weiß aus eigenem bitteren Erleben, wie Kane sich fühlen muss. Southgate verschoss 1996 im EM-Halbfinale daheim in Wembley gegen den späteren Europameister Deutschland im Elfmeterschießen gegen Andreas Köpke den entscheidenden Elfmeter.
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Southgates Kollege Didier Deschamps aber strahlt. Er nimmt seine Stars Kylian Mbappé und Antoine Griezmann, die diesmal beide nicht getroffen haben, in den Arm. Der Traum, den WM-Titel zu verteidigen, lebt. Das ist zuletzt Brasilien 1962 gelungen, und davor nur Italien 1934. Insofern könnte Deschamps es seinem italienischen Kollegen Vittorio Pozzo gleichtun und als Trainer zwei Mal in Folge Weltmeister werden. Im Halbfinale aber wartet nach dessen Siegen über Spanien und Portugal der gefährliche Außenseiter Marokko, für Frankreich aufgrund der Kolonialgeschichte ein besonderer Gegner.
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Und dieser besondere Gegner erlebt in Katar eine Sternstunde nach der nächsten. Der Jubel auf Seiten der Marokkaner kennt nach dem sensationellen Einzug ins WM-Halbfinale keine Grenzen. Spieler und Trainerteam feiern nach dem Schlusspfiff der Partie gegen Portugal ausgelassen auf dem Rasen.
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Marokko schlägt die favorisierten Portugiesen mit 1:0. Den goldenen Treffer erzielt Stürmer Youssef En-Nesyri (l.) in der 42. Minute. Portugals Torhüter Diogo Costa kommt raus, dann allerdings nicht an den Ball ran.
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An den Ball kommt aber En-Nesyri und köpft ihn ins leere Tor. Die Führung für Marokko kurz vor der Pause!
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Die Spieler bejubeln den Treffer ihres Stürmers an der Eckfahne.
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Nur kurz nach dem Führungstreffer hat Portugals Bruno Fernandes noch die Chance zum Ausgleich. Der Profi von Manchester United kommt an der Strafraumkante an den Ball und schießt aus spitzem Winkel plötzlich direkt aufs Tor. Der Ball senkt sich unangenehm für Marokkos Torhüter Bono und knallt hinter dem Keeper an den Querbalken.
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Kurz nach der Pause kommt dann Cristiano Ronaldo in die Partie und belebt sofort das Spiel der Portugiesen.
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Eine wirkliche Großchance kann der 37-Jährige allerdings auch nicht herausspielen - und ist dementsprechend frustriert.
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Und so geschieht das schier Unglaubliche: Marokko gewinnt gegen Portugal mit 1:0 und steht als erste afrikanische Mannschaft in einem WM-Hablfinale. Die Spieler lassen ihren Trainer Walid Regragui nach Abpfiff hochleben.
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Auch die marokkanischen Fans im Stadion können das kleine Fußballwunder kaum fassen. Nach Belgien in der Gruppenphase und Spanien im Achtelfinale schlugen die Nordafrikaner mit Portugal im Viertelfinale das nächste europäische Fußball-Schwergewicht.
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Der ehemalige Dortmund-Profi Achraf Hakimi (r.) muss sich nach dem Spiel erstmal hinlegen und den Moment realisieren.
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Gleich nach Spielschluss wird auch Portugals Kapitän von seinen Emotionen übermannt. Verzweifelt sinkt er auf die Knie und kann seine Tränen nicht zurückhalten.
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Enttäuscht verlässt der 37-Jährige den Platz. Für ihn dürfte es nach dem Turnier-Aus der Portugiesen das letzte WM-Spiel seiner Karriere gewesen sein. 22-mal stand er bei einer WM auf dem Platz - nur vier Spieler liegen in dieser Statistik vor ihn.
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Einen Rekord hat Ronaldo allerdings noch gebrochen. Bei seinem Einsatz gegen Marokko hat er sein insgesamt 196. Länderspiel bestritten und ist damit mit dem bisherigen Weltrekordhalter Badr al-Mutawa aus Kuwait gleichgezogen.
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Außerdem ist CR7 seit diesem Turnier der einzige Spieler, der jemals bei fünf verschiedenen Weltmeisterschaften getroffen hat. Alles Rekorde, die ihn in diesem Moment nicht trösten, aber dennoch untermauern, was für ein großer Spieler er ist.