Die Zahl der getöteten und verletzten Kinder in der Ukraine hat sich innerhalb von drei Monaten verdreifacht. Besonders besorgniserregend ist ein neues Phänomen: Kinder werden online für gefährliche Kriegsaktivitäten rekrutiert. UNICEF schlägt Alarm.
Für die Kinder in der Ukraine gibt es keine Atempause vom Krieg. Neue von den Vereinten Nationen verifizierte Daten zeigen ein erschreckendes Bild: Zwischen März und Mai 2025 wurden 222 Kinder und Jugendliche in der Ukraine getötet oder verletzt – dreimal so viele wie in den drei Monaten zuvor. Besonders verheerend war der April mit 97 minderjährigen Opfern.
"Die Situation der Kinder ist extrem kritisch, da die intensiven Angriffe weiterhin nicht nur Leben vernichten, sondern auch darüber hinaus jeden Aspekt von Kindheit zerstören", warnt Regina De Dominicis, UNICEF-Regionaldirektorin für Europa und Zentralasien.
Moderne Form der Kriegsführung bedroht Kinder
Besonders perfide sei laut der UN-Menschenrechtsbeobachtungsmission eine neue Form der Kriegsführung. Hier werden Kinder und Jugendliche gezielt auf Social Media angeschrieben, um gegen Bezahlung militärische Aktivitäten in der Ukraine auszuüben. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um Sabotage, die Beschaffung von Informationen oder sogar Angriffe auf militärische Einrichtungen unter Einsatz selbstgebauter Sprengstoffkörper.
Bei solchen Handlungen wurden mindestens zwei Jungen getötet, so die Vereinten Nationen. Berichten zufolge wurden bereits 103 Minderjährige aufgrund solcher Handlungen verhaftet, einige haben schwere Haftstrafen zu befürchten.
UNICEF arbeitet mit der ukrainischen Regierung zusammen, um ein Justizsystem zu stärken, das Kinder schützt. Dabei heißt es Alternativen zur Inhaftierung zu fördern, den Zugang zu rechtlicher Unterstützung sicherzustellen und einen Schwerpunkt auf wiederherstellende Gerechtigkeit und Rehabilitation zu legen.
UN-Beobachtermission: Angriffe auf Städte erschütternd
Die Intensität der russischen Angriffe hat in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen. Bei einem der schwersten Angriffe seit Kriegsbeginn Ende Mai wurden laut UN-Angaben mindestens 13 Zivilisten getötet, darunter drei Kinder, und 65 weitere Menschen verletzt. Nach ukrainischen Angaben feuerte Russland dabei mindestens 367 Raketen auf mehr als zehn Regionen des Landes ab.
"Mit mindestens 78 getöteten oder verletzten Menschen zeigt der Angriff erneut, welche verheerenden Auswirkungen solche Waffen in städtischen Gebieten haben", erklärte Danielle Bell, Leiterin der UN-Beobachtermission. "Er reiht sich ein in die erschütternde Bilanz menschlichen Leids, die dieser Krieg seit mehr als zwei Jahren verursacht." Besonders verurteile die UN-Beobachtermission die Angriffe auf städtische Gebiete in der Ukraine.
Kinder dürfen nicht spielen, sondern fürchten um ihr Leben
Die dauerhaften Angriffe sind insbesondere für Kinder schwerwiegend. Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland, sorgt sich in einem Statement um die Zukunft der Kinder: "Statt mit Freunden zu spielen oder ihren Hobbys nachzugehen, verbringen sie Tage und Nächte in Schutzkellern. Ihre Schulen und Krankenhäuser werden attackiert, ihr Zuhause von Luftangriffen erschüttert."
Im Zentrum müsse jetzt das Streben nach Frieden in der Ukraine und der Wiederaufbau des Landes und der Gesellschaft stehen, sagt Schneider. Dies würde vor allem durch frühkindliche Bildung, Präsenzunterricht und dem Zugang zu Ausbildungsmöglichkeiten erreicht.
Verwendete Quellen:
- tagesschau.de.: Ukraine-Liveblog
- unric.org: UN-Menschenrechtsbeobachter verurteilen tödliche russische Angriffe in der Ukraine
- unicef.de: Statement Christian Schneider: Ukraine: "Die Zukunft kann nur mit den Kindern und jungen Menschen beginnen"
- unicef.de: UNICEF: Zahl der getöteten oder verletzten Kinder in der Ukraine verdreifacht
- ukraine.ohchr.org: Report on the Human Rights Situation in Ukraine, 1 December 2024 – 31 May 2025