Sozialministerin Korinna Schumann will vor allem Langzeitarbeitslose unterstützen. Aber auch die Zahl der offenen Stellen sinkt – so wie die der offenen Lehrstellen.

Die trübe konjunkturelle Lage belastet weiterhin auch den Arbeitsmarkt. Ende August waren insgesamt 367.120 Personen beim Arbeitsmarktservice (AMS) gemeldet, davon 301.421 arbeitslos und 65.699 in Schulungsmaßnahmen. Im Jahresabstand stieg die Zahl der Arbeitslosen und Schulungsteilnehmenden um 4,2 Prozent bzw. 14.864. Die Arbeitslosenrate betrug 7,0 Prozent (plus 0,3 Prozentpunkte im Jahresvergleich).

"Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen lassen noch keine Trendumkehr am Arbeitsmarkt erkennen", sagte AMS-Vorständin Petra Draxl laut Aussendung am Montag. Insgesamt sei bei der Entwicklung des Arbeitsmarktes der Talboden noch nicht durchschritten. Für heuer prognostiziert das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) ein Stagnieren der Wirtschaftsleistung, nach zwei Jahren Rezession.

"Angesichts knapper Budgets braucht es abgestimmte beschäftigungspolitische Initiativen, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu stärken und das Beschäftigungswachstum abzusichern", teilte Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) in einer Aussendung am Montag mit. Besonders wichtig sei demnach die Unterstützung von Langzeitarbeitslosen.

Zahl der offenen Stellen ist gesunken

Die Wirtschaftsflaute wirkt sich auch auf die Stellenanzeigen aus. Die Zahl der von den Unternehmen an das AMS gemeldeten sofort verfügbaren offenen Stellen sank im August um 12,9 Prozent auf 80.838.

Ähnlich entwickelten sich die sofort verfügbaren offenen Lehrstellen: Hier ging die Zahl im Jahresabstand um 13,6 Prozent auf 7.462 zurück. Damit gab es im August um 3.743 mehr Lehrstellensuchende als offene Lehrstellen.

Besonders von der Arbeitslosigkeit betroffen waren laut AMS Personen über 50 Jahren (+6,0 Prozent auf 96.891). Die Jugendarbeitslosigkeit (unter 25 Jahre) stieg im August um 3,9 Prozent. Die Zahl der arbeitslosen bzw. in Schulung befindlichen Frauen stieg um 5,8 Prozent auf 175.684, bei Männern und Personen mit alternativem Geschlecht erhöhte sich die Arbeitslosigkeit inklusive Schulungsteilnehmenden um 2,8 Prozent auf 191.436.

Deutliche Anstiege gab es auch bei Personen mit akademischer Ausbildung (+11,7 Prozent auf 40.197) und Personen mit Behinderung (+12,4 Prozent auf 16.856). Die Zahl der Langzeitarbeitslosen stieg um 10,8 Prozent auf rund 93.700.

Tourismus- und Industrie-Bundesländer am stärksten betroffen

Besonders betroffen waren laut AMS die industrie- und tourismusgeprägten Bundesländer Salzburg (+7,3 Prozent), Tirol (+6,4 Prozent), Oberösterreich (+6,3 Prozent) und Steiermark (+5,1 Prozent). In Wien stieg die Zahl der Arbeitslosen und Schulungsteilnehmenden um 3,5 Prozent auf 154.591.

Im Branchenvergleich waren vom Anstieg der Arbeitslosigkeit am stärksten der Handel (+6,9 Prozent) und die Industrie (+6,7 Prozent) betroffen. Dahinter folgten Verkehr und Lagerei (+5,9 Prozent) und Beherbergung und Gastronomie (+4,2 Prozent).

Ein Minus von 1,4 Prozent beim Bau könnte laut AMS ein "erster Silberstreif am Horizont" sein. Auch das Gesundheits- und Sozialwesen (ohne sonstiges Sozialwesen) verzeichnete mit +12,3 Prozent einen deutlichen Anstieg.

Industrie und Arbeiterkammer stellen Forderungen

Vor diesem Hintergrund forderte die Industriellenvereinigung (IV) einen Bürokratieabbau am Arbeitsmarkt: "Immer neue Regelungen" seien kontraproduktiv, sagte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer laut Aussendung am Montag.

Die Arbeiterkammer (AK) setzte einen Schwerpunkt auf die Automobil-Zulieferindustrie: AK-Präsidentin Renate Anderl forderte in einer Aussendung eine "Neuausrichtung der Mobilität in Österreich und der EU" und nannte unter anderem den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und die Umsetzung der ÖBB-Ausbaustrategie.

Die Gewerkschaft (ÖGB) kritisierte die Kurzarbeitslosigkeit, mit der Unternehmen "ihre Beschäftigten in schwachen Zeiten beim AMS parken".

Kritik auch aus der Opposition

Für FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch ist der Anstieg der Arbeitslosigkeit von 4,2 Prozent "schlichtweg eine Zahl des Versagens", sie kritisierte die Regierung aus ÖVP, SPÖ und NEOS scharf.

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Die Grünen bemängelten unter anderem die bisher fehlende Nachfolgeregelung für die abgeschaffte Bildungskarenz und -teilzeit. "Wir brauchen Taten statt Worte", sagte Arbeits- und Sozialsprecher Markus Koza laut Aussendung. (APA/bearbeitet von ank)  © APA