Kerzen, Trauer, Fassungslosigkeit: Güstrow steht nach dem Fund eines toten Kindes, bei dem es sich vermutlich um den achtjährigen Fabian handelt, unter Schock. Was Ermittler und Gemeinde jetzt bewegt.
Es gibt vorerst keine endgültige Gewissheit, dass es sich bei der in einem Waldstück bei Klein Upahl gefundenen Kinderleiche um den verschwundenen Fabian aus Güstrow handelt. Die Angehörigen hätten sich nicht imstande gesehen, die Leiche in Augenschein zu nehmen und zu identifizieren, sagte der Rostocker Staatsanwalt Harald Nowack. Die vorgebrachten Beweggründe seien nachvollziehbar.
Nun solle ein DNA-Test Klarheit über die Identität des toten Kindes bringen. Mit Ergebnissen sei in etwa zwei Tagen zu rechnen. Allerdings waren die Ermittler schon am Dienstag davon ausgegangen, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um den achtjährigen Fabian handelt, der seit Freitag vermisst wurde.
Obduktion soll Hinweise auf Tat liefern
Nach Angaben Nowacks sollte am Mittwoch aber die Obduktion der Leiche erfolgen. Davon werden maßgebliche Hinweise zur Todesursache erwartet. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen nach eigenen Angaben von einem Fremdverschulden aus.
Angaben zu möglichen Tatverdächtigen machten die Behörden nicht. "Wir stehen ganz am Anfang", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Rostock, Harald Nowack. Die Mutter und auch der getrennt lebende Vater von Fabian waren laut Polizei unmittelbar nach der Entdeckung über den Fund der Kinderleiche informiert worden.

Bürgermeister hofft auf schnelle Ermittlungen
Nach dem Fund einer Kinderleiche bei Güstrow hofft der dortige Bürgermeister auf baldige Ermittlungsergebnisse. "Ich wünsche einfach und drücke da die Daumen, dass die Ermittlungsbehörden sehr schnell einen Ermittlungserfolg erzielen", sagte Sascha Zimmermann (FDP) der Deutschen Presse-Agentur. "Das ist meine ganze Hoffnung auch, damit dann eine gewisse Ruhe in die Stadt einkehren kann."
Fabian sei in der Stadt kein Unbekannter, "der nur zu Hause gesessen hat", sagte Zimmermann. Er sei als Spielpartner bekannt, habe beim Verein ETSV Güstrow Fußball gespielt und sei auch regelmäßig im örtlichen Jugendclub gewesen.
Zudem habe er bis zum Sommer den städtischen Hort besucht. "Das nimmt natürlich dann auch gerade die Kinder in der Stadtgesellschaft mit. Und wenn es Kinder mitnimmt, nimmt es auch deren Eltern mit." Aber auch ohne den Jungen direkt oder indirekt zu kennen, sei es "ein schreckliches Gefühl", gerade, wenn man Kinder habe und mit den Eltern mitfühle.
Polizei sucht an Tatort nach Hinweisen
Die Polizei hat derweil ihre Ermittlungen am Fundort der Leiche südwestlich von Güstrow fortgesetzt. Wie ein Polizeisprecher am Vormittag sagte, soll in einem größeren Umkreis nach Hinweisen gesucht werden, die zur Aufklärung des gewaltsamen Todes des Kindes beitragen könnten. Dafür würden mehrere Dutzend Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei das Gebiet systematisch durchkämmen.
Innenminister Christian Pegel dankte den zahlreichen Rettungskräften für ihren Einsatz. "Ich schätze die hohe Professionalität aller Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Hilfsdiensten, die seit dem Verschwinden des Jungen unermüdlich im Einsatz waren. Tag und Nacht, zu Fuß, mit Hubschraubern, Suchhunden und Booten", sagte der SPD-Politiker in einer Mitteilung. "Die Nachricht macht uns alle tief betroffen." Allein am Montag waren laut Polizei rund 200 Kräfte im Einsatz.
Nun gelte es, die Umstände des schrecklichen Geschehens aufzuklären, betonte der Minister. Pegel dankte zudem den vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern, die rund um die Uhr ihre Unterstützung angeboten hätten.
Ministerin besucht Grundschule
Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) besuchte am Mittwoch die Grundschule des vermissten Fabian.
In der Grundschule bietet nach Aussage Oldenburgs ein "Raum der Stille eine Möglichkeit des Gedenkens und des Innehaltens". Nach Angaben des Ministeriums wurde am Mittwoch die Anzahl der unterstützenden Psychologinnen und Psychologen erhöht. Bereits seit Montag steht an der Schule wegen des Vermisstenfalls entsprechende Hilfe bereit. Auch Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte an umliegenden Grundschulen werden laut Ministerium schulpsychologisch betreut.
"Wir stehen eng an der Seite der Familie, der Kinder, der Eltern und der Lehrkräfte", wurde Oldenburg zitiert. "Die Kinder können auch heute in ihrem Klassenverband oder einzeln mit den Psychologinnen und Psychologen sprechen und Angebote der Trauerbewältigung wahrnehmen."
Laut Ministerium wurden die Eltern per Elternbrief über die Unterstützungsangebote informiert. Zudem sei ihnen freigestellt, ihre Kinder für den Mittwoch vom Unterricht abzumelden. Auch für Schulen im Umkreis gebe es einen Ansprechpartner, sofern Unterstützung gebraucht werde
Große Anteilnahme in Bevölkerung
Am Dienstagabend waren in der mecklenburgischen Stadt Schätzungen zufolge etwa 700 Menschen zu einem Trauergottesdienst zusammengekommen. Vor der überfüllten Marienkirche stellten viele als Zeichen der Anteilnahme Kerzen ab und legten Plüschtiere nieder.
Die Zusammenkunft sei ursprünglich als Fürbitte geplant gewesen, dass der seit Tagen vermisste achtjährige Fabian aus Güstrow wohlbehalten zu seiner Familie zurückkehrt. "Nun ging es darum, den Menschen einen Ort zu geben, wo sie mit ihrer Fassungslosigkeit, Verzweiflung und Trauer hinkönnen und Halt in der Gemeinschaft finden", sagte eine Gemeindepädagogin.

Fabian verschwand am Freitag
Der Achtjährige war am Freitag verschwunden und von seiner Mutter am Abend vermisst gemeldet worden. In den Tagen darauf suchten Hunderte Einsatzkräfte nach dem Kind - in Wäldern der Umgebung, in leerstehenden Häusern, in einem Gewerbegebiet. Nachbarn und Mitschüler wurden befragt. Auch Seen wurden abgesucht, die Nachforschungen intensiviert, nachdem Leichenspürhunde angeschlagen hatten. Taucher fanden dort jedoch nichts.
Schließlich meldete sich nach Angaben eines Polizeisprechers am Dienstagvormittag eine Spaziergängerin bei der Polizei, die nahe Klein Upahl in einem Wald eine Kinderleiche gefunden hatte. Der Wohnort des von der Mutter getrennt lebenden Vaters liegt nicht weit davon entfernt. Zunächst war vermutet worden, der Junge habe am Tag seines Verschwindens zu seinem Vater fahren wollen. (dpa/bearbeitet von mbo/ng)