Ging der frühere Nationaltorwart Jens Lehmann mit einer Kettensäge in der Hand in die Garage seines Nachbarn, um einen Balken zu zersägen? Davon geht die Staatsanwaltschaft aus. Der WM-Held von 2006 sieht das aber ganz anders.

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Rund anderthalb Jahre nach einem mutmaßlichen Angriff mit einer Kettensäge auf eine Garage am Starnberger See steht der frühere Fußball-Nationaltorwart Jens Lehmann vor Gericht. Der Prozess gegen ihn unter anderem wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung startet am Freitag (10:00 Uhr) am Amtsgericht Starnberg.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 54-Jährigen vor, im Juli vergangenen Jahres mit einer Kettensäge in der Hand in die Garage seines Nachbarn eingedrungen zu sein, um dort einen Dachbalken zu zersägen. Außerdem soll er eine junge Birke auf dem Grundstück seines Nachbarn gefällt haben. Bevor er mit der Säge auf die Garage und den Baum losging, soll er laut Staatsanwaltschaft noch das Kabel einer Überwachungskamera abgetrennt haben – um bei den mutmaßlichen Taten nicht gefilmt zu werden.

Als möglichen Grund für die Tat gab die Polizei damals an, dass die Garage ihm den Blick auf den See versperrte.

Lehmann bestreitet die Vorwürfe

Lehmann sieht sich unterdessen als Opfer von falschen Verdächtigungen und spricht von Rufmord. "Ich bin einfach mal reingegangen, um zu schauen, was er da eigentlich macht", sagte der 54-Jährige am Freitag vor dem Amtsgericht Starnberg über die damals im Bau befindliche Garage. "Was ist schlimmer? Mord oder Rufmord?", fragte er in seinen langen Ausführungen.

Eine Kettensäge habe er nur dabei gehabt, weil er zuvor die Hecke seines Nachbarn geschnitten habe - auf dessen Wunsch. Der Vorwurf des Hausfriedensbruchs, den die Staatsanwaltschaft ihm macht, treffe darum nicht zu, sagte der WM-Held von 2006, der als aktuellen Beruf "arbeitsloser Fußballtrainer" angab. Um was für eine Hecke es sich dabei handle, fragte daraufhin Staatsanwalt Stefan Kreutzer. Denn: "Ich habe noch nie eine Person gesehen, die mit einer Motor-Kettensäge eine Hecke stutzt."

Jahrelanger Nachbarschaftsstreit

Laut Anklagebehörde war der mutmaßlichen Tat ein jahrelanger Nachbarschaftsstreit vorausgegangen - auch darum, dass die Garage Lehmann von seinem Anwesen aus den Blick auf den Starnberger See versperrte. Eine Überwachungskamera filmte Lehmann mit der laufenden Kettensäge in der Hand. Warum er die Kettensäge denn an den Holzbalken angelegt habe, fragte der Staatsanwalt Lehmann am Freitag. Dessen Antwort: "Das weiß ich nicht mehr."

Lehmanns Anwalt Christoph Rückel verlas vor der Aussage seines Mandanten eine Verteidigererklärung, in der er vor allem betonte, dass der Nachbarschaftsstreit und auch zivilrechtliche Auseinandersetzungen beigelegt seien: "Es war eine Aktion, bei der Frustration auf beiden Seiten eine große Rolle spielte, aber die Eskalation ist beendet."

Lehmann ist in dem Verfahren außerdem wegen Beleidigung von Polizisten angeklagt und wegen Betrugs, weil er die Gebühren in einem Parkhaus nicht habe zahlen wollen. Er berief sich auf Missverständnisse. Er habe auf eine Rechnung gewartet, die nicht gekommen sei. Und er habe die Polizistin, die ihm seinen Führerschein abnehmen wollte, nicht als Lügnerin bezeichnet - sondern gesagt, sie habe gelogen.

Lehman sieht sich ungerecht behandelt

Lehmann erhob immer wieder Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft und sah "zweierlei Maß". Wenn er jemanden anzeigen wolle, werde das Verfahren immer eingestellt, Anzeigen gegen ihn würden aber nie eingestellt. Staatsanwalt Kreutzer wies die Vorwürfe zurück und sagte an den Ex-Nationalspieler gerichtet, "dass es sich bei Ihnen, Herr Lehmann, um eine Person handelt, die sich am unteren Rand der Strafbarkeit nicht an das Gesetz hält, sondern sich darüber hinwegsetzen möchte".

Lehmann war 2006 zum gefeierten Torwart der Heim-WM, des "Sommermärchens", geworden - vor allem durch seine Glanzleistung beim Elfmeterschießen gegen Argentinien im Viertelfinale. In seiner aktiven Zeit spielte er unter anderem beim FC Schalke 04, bei Borussia Dortmund und beim FC Arsenal in London. (dpa/tas/ank)

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