Ein Niederösterreicher wird verurteilt, weil er seine ehemalige Partnerin betäubt und vergewaltigt haben soll. Inspiration für seine Tat holte er sich bei einem Deutschen. Er legt ein Teilgeständnis ab.
Ein 42-Jähriger, der im Jahr 2014 im Bezirk Bruck an der Leitha heimlich seine damalige Partnerin mit Schlafmitteln betäubt und dann vergewaltigt haben soll, ist am Montag am Landesgericht Korneuburg zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Von den Vergewaltigungen berichtete er laut Anklage eingehend einem Deutschen in Wort und Bild. Die Schöffenverhandlung fand großteils unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Der Anklageschrift zufolge trat der 42-Jährige zunächst über E-Mail mit einem Deutschen, der in Niedersachsen über 15 Jahre hinweg seine Ehefrau immer wieder sediert und vergewaltigt hatte, "in Austausch". Dieser habe ihm "Erfahrungsberichte und Videos und Fotos der Taten übermittelt" und ihn "zur Nachahmung angeregt". "Der Beschuldigte habe sich entschlossen, selbst auch seine Partnerin zu betäuben und sexuell zu missbrauchen", hieß es.
42-Jähriger verschickte Bilder der Tat
Ende März 2014 soll der Niederösterreicher seine Lebensgefährtin sediert haben. Nachdem die Frau weggedämmert war, kam es zu einer Reihe von Missbrauchshandlungen, die der Angeklagte auch bildlich dokumentierte. Das Material übermittelte er am nächsten Tag samt einem eingehenden Bericht dem Deutschen. In weiterer Folge informierte er den Mann laut Anklage über eine einschlägige Kommunikationsapplikation "noch ausführlicher über den erfolgten fortgesetzten und wiederholten Missbrauch".
Die Anschuldigungen stützen sich laut Staatsanwalt insbesondere auf Online-Kommunikation, in der der Niederösterreicher die Tat dokumentiert und Bilder verschickt habe. Von der Anklage umfasst waren auch drei Versuche von Oktober bis Dezember 2014, bei denen das Betäubungsmittel nicht die vom 42-Jährigen gewünschte Wirkung entfaltete oder sich nicht rückstandslos in einem Getränk auflösen ließ.
Angeklagter legt Teilgeständnis ab
"Die Vorwürfe stimmen zum Teil", sagte der 42-Jährige zu Prozessbeginn. Er habe in den Chats mit dem Deutschen "mehr beschrieben als tatsächlich stattgefunden hat", weil er sich "profilieren wollte". Nach einer schwierigen Phase, in der er auch viel im Internet gewesen sei, habe er von 2015 bis zu seiner Festnahme heuer am 19. Februar "die schönste Zeit seines Lebens" verbracht, berichtete der Angeklagte von einem harmonischen Familienleben mit zwei Kindern.
Die Öffentlichkeit wurde mit Hinweis auf den höchstpersönlichen Lebensbereich von der Schöffenverhandlung ausgeschlossen. Die nunmehrige Ex-Partnerin des Niederösterreichers sagte als Zeugin aus.
Opfervertreterin erinnerte an Fall Pelicot in Frankreich
Der Staatsanwalt ortete im Schlussvortrag eine besonders schwere Schuld, weil das Opfer komplett das Bewusstsein verloren habe und massiver Gewalt ausgesetzt worden sei. Der Angeklagte sei "offensichtlich fasziniert" von der Idee, Frauen zu betäuben und zu vergewaltigen, und habe auch versucht, weitere Pillen zu bestellen und auch selbst herzustellen.
Die Opfervertreterin sagte, die Tat habe der Frau "den Boden unter den Füßen weggezogen", sie leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer Angststörung. An die Tat könne sich ihre Mandantin nicht erinnern. Chemische Unterwerfung passiere nicht nur durch K.o.-Tropfen, sondern auch durch Medikamente im eigenen Zuhause.
Die Opfervertreterin erinnerte auch an den Fall Pelicot in Frankreich. Gisèle Pelicot war von ihrem Mann Dominique Pelicot über Jahre hinweg immer wieder mit Medikamenten betäubt und in Internetforen zur Vergewaltigung angeboten worden. Der Hauptangeklagte erhielt die Höchststrafe von 20 Jahren, auch alle 50 Mitbeschuldigten wurden verurteilt.
"Es gibt hier nichts zu beschönigen", sagte der Verteidiger des 42-Jährigen. "Die Taten liegen über zehn Jahre zurück, seit damals ist nichts Derartiges mehr passiert", hielt er fest. Sein Mandant sei unbescholten und nehme Psychotherapie in Anspruch, erklärte der Jurist und bat um ein mildes Urteil.
Der Angeklagte sagte in seinen Schlussworten, dass es ihm "unheimlich leid" tue und dass er es bereue: "Ich beschäftige mich jeden Tag intensiv mit den Taten."
Richter: Strafe muss "klares Signal" sein
Die Urteilsberatung dauerte nur wenige Minuten. Schuldig gesprochen wurde der Angeklagte schließlich wegen einer vollendeten Tat und eines Versuchs. Bei der Bemessung der Haftdauer seien auch generalpräventive Gründe zu berücksichtigen gewesen, sagte der vorsitzende Richter.
Die Strafe "muss ein klares Signal sein, dass so etwas massive Konsequenzen hat". Erschwerend waren laut dem Richter das Zusammentreffen von zwei Verbrechen, dass der Angeklagte das Vertrauensverhältnis zu seiner damaligen Partnerin "massiv ausgenützt" habe und die Wirkung der Mittel nicht abschätzen konnte. Mildernd wirkten sich – bei einem Strafrahmen von fünf bis 15 Jahren – die Unbescholtenheit und das Geständnis aus.
Empfehlungen der Redaktion
Der 42-Jährige wurde auch dazu verurteilt, seiner früheren Lebensgefährtin 10.120 Euro zu zahlen. Mit den restlichen Ansprüchen wurde das Opfer auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Die Staatsanwaltschaft, der Verteidiger und die Privatbeteiligtenvertreterin gaben keine Erklärung ab. Damit ist das Urteil nicht rechtskräftig. (APA/bearbeitet von ank)