Im Iran herrscht Wassermangel, so massiv, dass weite Teile des öffentlichen Lebens still stehen. Mit am stärksten betroffen sind die Menschen in Teheran. Für die Hauptstadt erwägt der Präsident eine radikale Notlösung.
Angesichts der Wasserknappheit in der iranischen Hauptstadt Teheran schließt Präsident Massud Peseschkian eine Verlegung der 15-Millionen-Metropole nicht aus. "Die Lage ist ernst und Teheran hat wirklich kein Wasser mehr", sagte Peseschkian laut dem Nachrichtenportal Asr-Iran. Die Verlegung der Hauptstadt wäre dann als Notlösung nicht auszuschließen.
Die Wasserkrise hat in vielen Landesteilen starke Auswirkungen und ist beherrschendes Thema für viele Iranerinnen und Iraner. In mehr als 20 von 31 Provinzen spitzt sich die Lage zu.
Entspannung erst im Herbst zu erwarten
Einer der größten Stauseen könnte bereits innerhalb der nächsten vier Wochen austrocknen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna. An sieben Staudämmen im ganzen Land sei der Füllstand auf unter zehn Prozent gerutscht, in den Provinzen Hormusgan und Fars trockneten zwei Talsperren komplett aus. Klimaexperten sagten, 80 Prozent der Stauseen seien fast leer. Eine normale Wasserversorgung sei mindestens in den kommenden zwei Monaten nicht mehr möglich – nämlich bis Regenfälle im Herbst die Lage entspannen.
Der regionale Wasservorsorger forderte die Menschen in der Region Teheran auf, ihren Wasserverbrauch um "mindestens 20 Prozent" zu senken. Zudem riet er, sich mit einem Wassertank und einer Pumpe für Ausfälle der Wasserversorgung zu rüsten. Die Befüllung der Wasserspeicher sei auf dem niedrigsten Stand "seit einem Jahrhundert".
Wegen Wasserkrise im Iran: Schulen, Behörden, Fabriken dicht
Die österreichische Nachrichtenagentur apa berichtet von Menschen aus dem Osten Teherans, denen teils stundenlang das Wasser abgestellt wurde. Unter Berufung auf das in den USA ansässig Menschenrechtsnetzwerk HRANA schreibt sie, in Sabsewar im Nordosten des Iran habe es Proteste aufgrund der Wasserkrise gegeben.
Die Regierung hält wegen der Krise bis mindestens Samstag alle Behörden und Schulen geschlossen. Die Energie- und Wasserkrise hat auch zur Schließung vieler Fabriken geführt und die Produktionskapazitäten im Land erheblich geschwächt. Im Zuge dessen wird mit einer großen Entlassungswelle gerechnet.
Regierungssprecherin Fatemeh Mohadscherani sprach von einer "Naturkatastrophe". Viele Einwohner Teherans haben die Hauptstadt bereits in Richtung Norden des Landes verlassen. In den Provinzen am Kaspischen Meer gibt es derzeit keine Probleme mit der Wasserversorgung.
Kritiker werfen Regierung Misswirtschaft vor
Peseschkian nannte jahrelange Dürre im Land als einen Grund für die aktuelle Krise, kritisierte aber auch die Umweltpolitik der Vorgängerregierungen, die dieses Thema weitgehend ignoriert hatten. Der Klimawandel verschärft die Wasserknappheit seit Jahren. Kritiker werfen dem islamischen Regime und den Provinzverwaltungen jedoch auch Misswirtschaft vor.
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Der iranische Umweltexperte Mansour Sohrabi, der seit 2015 in Deutschland lebt, sagte der "Deutschen Welle" im vergangenen Jahr: "Aufgrund des nicht nachhaltigen Wasserverbrauchs in der weiterhin wachsenden Landwirtschaft zur Steigerung der Lebensmittelproduktion, wegen Missmanagement und überhöhtem Wasserverbrauch in der Industrie und den Haushalten, sehen wir in vielen Teilen des Landes eine irreversible Erschöpfung und Schädigung der Grundwasserreservoirs." In der Folge sacke in vielen Landesteilen der Boden ab, was wiederum die Infrastruktur wie Pipelines, Stromtrassen und Schienen gefährdet.
Pläne für eine neue Hauptstadt in der Region Makran an der Küste des Persischen Golfs hegt das Regime schon länger, bislang jedoch ohne konkrete Schritte zu gehen. Die Idee ist umstritten. Der Wassermangel befeuert die Diskussion neu. (mcf)
Verwendete Quellen:
- dpa
- afp
- apa
- "Deutsche Welle" vom 24.07.2024: "Wasserknappheit im Iran: Absinkende Böden bedrohen Millionen"