Ein dreijähriger Bub ist wegen massiver Unterernährung gestorben. Nun wurde die U-Haft für die Eltern beantragt. Gegen sie wird wegen des Verdachts des Mordes ermittelt.

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Im Fall eines aufgrund von massiver Unterernährung im Tiroler Bezirk Kufstein verstorbenen dreijährigen Buben hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck am Freitag die Verhängung der Untersuchungshaft über die Eltern im Alter von 25 und 26 Jahren beantragt. Diese muss innerhalb von 48 Stunden erfolgen, dürfte aber laut APA-Informationen noch am Freitag ergehen. Die Eltern sollen das Kind "zumindest mehrere Wochen" lang nicht entsprechend mit Nahrung und Flüssigkeit versorgt haben.

Dies hätten bisherige Ermittlungen ergeben, teilte die Anklagebehörde mit. Ob dem Kind über den entsprechenden Zeitraum Nahrung und Flüssigkeit komplett vorenthalten wurde oder in einem nicht ausreichendem Ausmaß, blieb unklar. Dazu könne man zunächst keine Angaben machen, sagte ein Staatsanwaltschaftssprecher zur APA.

Zudem bestand der Verdacht, dass die Eltern, gegen die wegen des Verdachts des Mordes ermittelt wird, es "trotz offensichtlicher Verschlechterung seines Gesundheitszustandes und seines augenscheinlichen Gewichtsverlustes" unterlassen haben, einen Arzt zu kontaktieren, sodass der Bub letztlich verstarb.

Familie zuvor nicht auffällig gewesen

Der Vater machte bisher von seinem Recht Gebrauch, nicht auszusagen, hieß es. Die Mutter habe hingegen angegeben, dass das Kind in den letzten Wochen krank gewesen sei und keinen Appetit gehabt habe. Ein Arztbesuch sei demnächst geplant gewesen.

Die Anklagebehörde ließ zudem wissen, dass weiter abgeklärt werde, inwiefern der Tod des Kindes "andere, medizinische Ursachen" gehabt haben könnte. Bisher habe es aber dahingehend keine Hinweise gegeben.

Der Bub war am Montag tot in seinem Bett liegend aufgefunden worden, woraufhin der Vater die Polizei verständigte. Eine Obduktion ergab schließlich, dass der Dreijährige verhungert war. Nachdem die Eltern wegen eines psychischen Ausnahmezustandes in einem Spital gewesen waren, wurden sie festgenommen. Drei weitere Geschwister wurden in die Obhut der Kinder- und Jugendhilfe übergeben. Die Mädchen im Alter von einem, drei und sechs Jahren wiesen indes keine Mangelerscheinungen auf. Auch war die Familie zuvor behördlich nicht auffällig gewesen.

Kinderklinik-Direktor nennt Fall "außergewöhnlich"

In der "Tiroler Tageszeitung" kam indes der Direktor der Innsbrucker Kinderklinik, Thomas Müller, zu Wort. Für ihn sei der Fall "in unserer westlichen Industriewelt auch außergewöhnlich. Ich kenne keinen ähnlichen." Müller wies unter anderem darauf hin, dass "ein gesundes Kind nicht so einfach verhungert. Es wehrt sich, fordert Nahrung, will seine Grundbedürfnisse gestillt haben. Das gehört zum Überlebenstrieb."

Dass Menschen an Unterernährung sterben, passiere nicht von heute auf morgen: "Das sind Prozesse, die sich über Wochen oder gar Monate ziehen." Vorausgesetzt, der Betroffene leide nicht an Vorerkrankungen. In letzterem Fall könne es nämlich schneller gehen, "das kann Mangelzustände fördern". Darüber hinaus stelle sich auch die Frage, wann der Bub das letzte Mal bei einem Arzt war: "Das Eltern-Kind-Pass-Programm sieht ja regelmäßige Untersuchungen vor. Dort wäre aufgefallen, dass das Gewicht nicht nur stagniert, sondern abnimmt." (APA/tas)

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