In einer britischen Frühgeborenenstation tötet ein Vater seinen erst zwei Wochen alten Sohn. Ein Gericht spricht ihn des Mordes schuldig. Anfang Oktober wird nun das Strafmaß verkündet.
Es ist ein Fall, der selbst erfahrene Ermittler fassungslos macht: Daniel Gunter (27) hat seinen eigenen Sohn Brendon, ein Frühgeborenes, in einer Spezialklinik im britischen Somerset ermordet.
Ende Juli war Gunter von einer Jury vor dem Bristol Crown Court des Mordes für schuldig gesprochen worden. Am 3. Oktober wird sein Strafmaß verkündet.
Brendon Staddon war gerade einmal zwei Wochen alt. Geboren nach nur 33 Schwangerschaftswochen, kämpfte er auf der Frühchenstation des Yeovil District Hospital in Somerset um sein Leben – bis sein eigener Vater es ihm auf brutale Weise nahm.
Laut Anklage war Brendons "Kopf zertrümmert"
Die Verletzungen, die der kleine Körper aufwies, schockierten selbst erfahrene Mediziner und Ermittler. Laut Anklage hatte Gunter den Kopf des Babys "zertrümmert". Demnach waren Schädel und Nacken gebrochen. Hinzu kamen ein gebrochener Kiefer, gebrochene Beine, Knöchel und Handgelenke.
Die Verletzungen waren so schwerwiegend, dass Experten sie mit denen verglichen, die bei einem Sturz aus großer Höhe auftreten würden, wie "The Guardian" berichtet. Der Angriff geschah aber offenbar so schnell und leise, dass das Pflegepersonal, das keine fünf Meter entfernt arbeitete, nichts bemerkte.
Gunter zeigte im Verfahren keine Reue
Während des gesamten Verfahrens zeigte Gunter keinerlei Reue und äußerte sich auch nicht zu einem möglichen Motiv. Die leitende Ermittlerin, DCI Nadine Partridge von der Polizei Avon und Somerset, nannte seine Handlungen "böse" und sagte, der Fall sei einer der herausforderndsten in ihrer 22-jährigen Karriere als Ermittlerin.
"Das Ausmaß der Verletzungen ist nichts, was ich je zuvor gesehen habe. Brendons kleiner, kostbarer Körper mit nur zwei Wochen – es gab keinen Teil von ihm, der nicht verletzt war", sagte sie der BBC.
Brendons Großvater Simon Gunter drückte seine tiefe Trauer aus: "Brendon war so winzig, aber so schön. Als Familie waren wir so glücklich und aufgeregt. Wir hatten Kleidung, Spielzeug und Vorräte für seine Ankunft gekauft und wir alle hatten aufregende Pläne für die Zukunft. Aber wir wurden um ein Leben voller Erinnerungen an Brendon beraubt. Wir werden nie seine ersten Schritte sehen, seine ersten Worte hören oder ihn in seinen ersten Urlaub mitnehmen."
Tat in der Klinik – Pfleger versuchten verzweifelt zu helfen
Der Mord war am 5. März 2024 in den frühen Morgenstunden auf der Frühgeborenenstation begangen worden. Die Mutter des Kindes, Sophie Staddon (21), näherte sich gegen 4:00 Uhr morgens den Krankenschwestern und bat sie, nach Brendon zu schauen, da er sich kalt anfühlte.
Als das Personal das Kind untersuchte, entdeckten sie die schwerwiegenden Verletzungen. "The Independant" zitiert eine Aussage von Staatsanwalt Charles Row vor Gericht: "Sie sahen sofort, dass er nicht nur kalt war, sondern dass er katastrophale Verletzungen erlitten hatte." Trotz sofortiger Wiederbelebungsversuche konnte Brendon nicht gerettet werden.
Während die Krankenschwestern verzweifelt um das Leben des Babys kämpften, sollen Gunter und Staddon das Krankenhaus verlassen haben, um eine Zigarette zu rauchen. Sie sollen danach nicht zurückgekehrt sein und hätten sich auch nicht nach dem Zustand ihres Kindes erkundigt.
Vorgeschichte voller Warnzeichen
Schon vor dem Mord gab es laut einem Bericht der BBC zahlreiche Warnzeichen. Das Krankenhauspersonal habe wiederholt Bedenken wegen Gunters Verhalten geäußert. Er soll Brendon ohne Erlaubnis aus dem Inkubator genommen und das Kind übermäßig stimuliert haben. Einmal habe er die Nasensonde des Frühchens entfernt.
Laut Bericht wurde Gunter mehrfach ermahnt, weil er das Baby schüttelte, anstupste und rieb. Zweimal wurden Sicherheitsbeamte in Alarmbereitschaft versetzt, als Gunter wütend wurde. Das Personal beschrieb ihn als einschüchternd und unberechenbar.
Die Krankenschwestern befürchteten zudem, dass Staddon von Gunter kontrolliert würde, da er oft für sie sprach und ihre Mahlzeiten für sie bestellte.
Finanzielle Probleme und behördliche Bedenken
Das Paar lebte zu diesem Zeitpunkt in prekären Verhältnissen. Die beiden waren obdachlos und wohnten in einer temporären Unterkunft in einem ehemaligen Pub in Yeovil, wie "The Guardian" berichtet. Über ihre aktuelle Wohnsituation ist nichts bekannt.
Gunter kontrollierte Berichten zufolge, wie viel Staddon aß, rauchte und mit wem sie Umgang hatte. Er war bereits wegen Körperverletzung einer früheren Partnerin verwarnt worden und verhielt sich offenbar manchmal auch gegenüber Staddon gewalttätig.
Sozialbehörden waren in Sorge über die Fähigkeit des Paares, ein Kind großzuziehen, und teilten Gunter und Staddon im Januar 2024 mit, dass sie erwägen würden, das Baby nach der Geburt in Obhut zu nehmen. Beamte merkten schon damals an, Gunter scheine über die Wohnsituation besorgter zu sein als über den möglichen Verlust seines Kindes.
Hilfsangebote
- Wenn Sie selbst von häuslicher oder sexualisierter Gewalt betroffen sind, wenden Sie sich bitte an das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" (116 016 oder online), das Hilfetelefon "Gewalt an Männern" (0800/1239900 oder online), das Hilfetelefon "Sexueller Missbrauch" (0800/225 5530), in Österreich an die Beratungsstelle für misshandelte und sexuell missbrauchte Frauen, Mädchen und Kinder (Tamar, 01/3340 437) und in der Schweiz an die Opferhilfe bei sexueller Gewalt (Lantana, 031/3131 400)
- Wenn Sie einen Verdacht oder gar Kenntnis von sexueller Gewalt gegen Dritte haben, wenden Sie sich bitte direkt an jede Polizeidienststelle.
- Falls Sie bei sich oder anderen pädophile Neigungen festgestellt haben, wenden Sie sich bitte an das Präventionsnetzwerk "Kein Täter werden".
- Anlaufstellen für verschiedene Krisensituationen im Überblick finden Sie hier.