In Israel sind erneut tausende Menschen auf die Straße gegangen, um für die Freilassung der Geiseln und gegen die Regierung zu demonstrieren. Netanjahus Regierung könnte hingegen schon früher platzen als ihm lieb ist.
Die umstrittene Gaza Humanitarian Foundation (GHF) öffnet heute wieder eines ihrer Verteilzentren für humanitäre Hilfe im Zentrum Gazas. Das teilte die Stiftung am frühen Morgen auf ihrer arabischen Facebook-Seite mit. Am Vortag blieben die Hilfszentren der GHF nach eigenen Angaben wegen "direkter Drohungen" der islamistischen Hamas weiter geschlossen.
Wegen des "großen Andrangs" hatte die GHF am Freitag die vorläufige Schließung ihrer Verteilzentren in Gaza verkündet. Drohungen der Hamas hätten auch am Tag darauf eine Öffnung unmöglich gemacht, "ohne das Leben Unschuldiger zu gefährden", hieß es. Vor rund zwei Wochen hatte Israel die Blockade sämtlicher Hilfslieferungen in den abgeriegelten Gazastreifen gelockert. Die Verteilung von Hilfsgütern wurde von der GHF übernommen.
Die umstrittene Organisation umgeht dabei Hilfsorganisationen der UN und anderer Initiativen. Ihr wurde vorgeworfen, sie gefährde dabei Zivilisten und verstoße gegen Standards neutraler Hilfe. Israel will dagegen nach eigenen Angaben verhindern, dass die Hamas sich die Hilfslieferungen aneignet.
Stürzt Netanjahus Regierung über Wehrpflicht-Streit?
Streng religiöse Männer waren in Israel lange von der Wehrpflicht befreit. Diese Ausnahmeregelung lief vergangenes Jahr aus. Der Regierung gelang keine neue Regelung. Nach einer gescheiterten Kompromisssuche kündigten Rabbiner der Partei Vereinigtes Tora-Judentum den Austritt aus
Oppositionsparteien wollen kommende Woche einen Vorstoß zur Auflösung des Parlaments unternehmen. Bei vorgezogenen Neuwahlen bekämen laut Umfragen Netanjahus politische Gegner die Mehrheit.
Greta Thunberg weiter auf dem Weg nach Gaza
Das Segelschiff der sogenannten "Freedom Flotilla" mit der schwedischen Klimaaktivistin
Das Schiff "Madleen" war am Sonntag vor einer Woche von der italienischen Insel Sizilien aus in Richtung Gazastreifen aufgebrochen. Die zwölf Menschen an Bord wollen nach eigenen Angaben die israelische Blockade für Hilfslieferungen "durchbrechen" und mit der Aktion den andauernden "Völkermord" im Gazastreifen kritisieren.
Klimaaktivistin Thunberg wollte bereits Anfang Mai mit einem Schiff der "Freedom Flotilla" in den Gazastreifen reisen. Das Schiff war jedoch auf dem Weg beschädigt worden. Aktivisten vermuteten, Israel habe das Schiff mit einer Drohne angegriffen. Thunberg hatte wiederholt an pro-palästinensischen Protesten teilgenommen.
Proteste in Israel – Demonstranten fordern Ende des Kriegs
In Tel Aviv haben erneut tausende Menschen für die Freilassung der in den Gazastreifen verschleppten Geiseln und für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg demonstriert. Die Menge versammelte sich am Samstagabend auf dem sogenannten Platz der Geiseln und sang: "Das Volk wählt die Geiseln!" Das Forum der Geisel-Angehörigen forderte in einer Erklärung "eine umfassende Vereinbarung" für die Freilassung der Verschleppten.
Zuvor hatte die im Gazastreifen herrschende Palästinenserorganisation Hamas ein Bild der israelischen Geisel Matan Zangauker veröffentlicht. Auf einem roten Müllsack klebt ein Foto des jungen Mannes, der halb liegend offenbar eine Infusion am Arm hat. Die Hamas verband das verstörende Bild mit der Drohung, der Israeli werde seine Geiselhaft nicht überleben.
Zangaukers Mutter Einav sagte bei der Demonstration in Tel Avi: "Ich kann diesen Alptraum nicht mehr ertragen. Der Todesengel Netanjahu opfert weiter die Geiseln", fügte sie mit Blick auf den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu hinzu.
Noam Katz, deren in den Gazastreifen verschleppter Vater Lior Rudaeff bereits für tot erklärt wurde, dessen Leichnam sich aber immer noch im Gazastreifen befindet, forderte ein sofortiges Ende der Kämpfe. "Schickt nicht noch mehr Soldaten, damit sie ihr Leben riskieren, um unsere Väter zurückzubringen", sagte sie laut Geisel-Forum vor den Demonstrierenden. "Bringt sie durch eine Vereinbarung zurück. Beendet den Krieg!"
Von den 251 Menschen, die die Hamas und ihre Verbündeten damals aus Israel in den Gazastreifen verschleppt hatten, werden den israelischen Behörden zufolge noch 55 im Gazastreifen festgehalten. Mindestens 31 von ihnen sind demnach tot. Verhandlungen unter Vermittlung von Ägypten, Katar und den USA für eine Waffenruhe und die Übergabe aller verbliebenen Geiseln sind bislang erfolglos geblieben.
Anführer der Mudschahedin-Brigaden offenbar getötet
Der Anführer der Mudschahedin-Brigaden wurde nach Angaben des israelischen Militärs bei einem Spezialeinsatz in der Stadt Gaza im Norden nun getötet, wie die Armee bekanntgab. Asad Abu Scharia sei unter anderem auch an der Entführung der deutschen Staatsbürgerin Schiri Bibas und ihrer beiden kleinen Söhne in das Küstengebiet sowie an deren Ermordung beteiligt gewesen. Videoaufnahmen der verängstigen Mutter und ihrer Kinder, die bei der Entführung entstanden, gingen um die Welt. Sie wurden zu Symbolen für den Terrorüberfall in Israel, bei dem rund 1.200 Menschen getötet wurden. Es war der Auslöser des Krieges.
Israel reagierte darauf mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive in Gaza. Laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden dabei seither Zehntausende Palästinenser getötet. An Israels Vorgehen in dem inzwischen weitgehend zerstörten Küstengebiet gibt es international massive Kritik. In Israel wird Regierungschef Netanjahu vorgeworfen, an der Macht zu hängen. Wegen des Streits um die Wehrpflicht für streng religiöse Männer könnte ihm laut Medienberichten nun eine schicksalhafte Woche bevorstehen. (afp/dpa/bearbeitet von the)