Ultraorthodoxe Talmud-Schüler sind in Israel von der Wehrpflicht ausgenommen. Das soll sich jetzt angesichts des Kriegs gegen die Hamas ändern.
In Israel hat die Armee die Einberufung zehntausender ultraorthodoxer Juden zum Wehrdienst angekündigt - und so die Regierung von Ministerpräsident
In Israel ist der Militärdienst für Männer wie Frauen verpflichtend. Für ultraorthodoxe Talmud-Schüler galt jahrzehntelang eine Ausnahmeregelung. Diese sorgt seit Jahren für Zwist und ist nach mehr als anderthalb Jahren Krieg gegen die radikalislamische Hamas im Gazastreifen zunehmend umstritten. Im Juni vergangenen Jahres ordnete das Oberste Gericht schließlich die Einberufung Ultraorthodoxer ein.
Streng religiöse Juden sehen Wehrdienst als Bedrohung
Viele ultraorthodoxe Juden empfinden den Militärdienst als Bedrohung ihres frommen Lebensstils, unter anderem weil Frauen und Männer gemeinsam dienen. In den letzten Monaten ausgestellte Einberufungsbefehle ignorierten sie zumeist. In der israelischen Mehrheitsgesellschaft sorgt das angesichts der Kriege, in die das Land verwickelt ist, für Irritationen.
Die rechts-religiöse Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ringt um ein Gesetz, das die Wehrpflicht der Ultraorthodoxen regelt. Entwürfe, die ernsthafte Sanktionen vorsehen, weisen die ultrareligiösen Partner in der Regierungskoalition zurück. Sollten solche etwa mit den Stimmen der Oppositionsparteien im Parlament gebilligt werden, drohen die Ultrareligiösen mit dem Bruch der Koalition.
Die Armee will nun auf der Grundlage des Entscheids des Obersten Gerichtshofs eine große Zahl von Religionsschülern ins Militär einberufen. In der Mitteilung vom Sonntag betont das Militär, dass es die Durchsetzung von Maßnahmen gegen Wehrdienstverweigerer und Deserteure verschärfen werde.
Strafmaßnahmen praktisch undurchführbar
Es ist aber fraglich, ob das Militär diese Drohung gegenüber den Strenggläubigen wahrzumachen vermag. Schon in den vergangenen zwei Jahren hatte die Armee 23.000 Einberufungsbefehle für sie ausgestellt, nur wenige hundert folgten ihnen. Keiner der Verweigerer wurde festgenommen.
Israelische Medien gehen davon aus, dass es auch im Zuge der neuen Welle von Einberufungsbefehlen nicht zur Festnahme von Verweigerern aus dem Milieu der Religionsschüler kommen wird. Dies würde eine rote Linie für die ultrareligiösen Parteien der Regierungskoalition darstellen. (afp/dpa/bearbeitet von cgo)