Während Netanjahu auf eine Einnahme von Gaza-Stadt setzt, plädiert Armeechef Zamir für Verhandlungen. Seine Warnung: Die Geiseln könnten bei einer Bodenoffensive sterben.

Der israelische Generalstabschef Ejal Zamir hat laut einem Medienbericht eindringlich vor den Gefahren einer Einnahme der Stadt Gaza gewarnt. Der israelische TV-Sender Channel 13 berichtete, er habe dazu gedrängt, einen Vermittlungsvorschlag über eine Gaza-Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge anzunehmen.

Gefahr für das Leben der Geiseln

Laut dem Bericht sagte der Militärchef: "Es liegt ein Deal auf dem Tisch, es ist der verbesserte Witkoff-Deal, wir müssen ihn annehmen. Die Armee hat die Bedingungen für einen Geisel-Deal geschaffen, jetzt liegt es in den Händen (des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin) Netanjahu." Er habe gewarnt, eine Einnahme der Stadt Gaza würde das Leben der Geiseln gefährden.

Channel 13 berichtete, Zamir habe die Äußerungen beim Besuch eines Marine-Stützpunktes in Haifa gegenüber Kommandeuren gemacht. Hamas-Terroristen könnten die Geiseln ermorden oder "mit ihnen Selbstmord begehen", habe er gewarnt. Insgesamt werden noch 50 Geiseln im Gazastreifen festgehalten, nur noch 20 davon am Leben.

In ihrer offiziellen Mitteilung zu dem Besuch zitierte die Armee Zamir lediglich mit der Aussage, die Armee habe durch militärischen Druck die Bedingungen für die Befreiung der Geiseln geschaffen.

Rund 60.000 Reservisten für Gaza-Einnahme einberufen

Zamir hatte die Einsatzpläne für eine Einnahme der Stadt Gaza wie gefordert ausgearbeitet, die politische Führungsspitze hat diese bereits gebilligt. Für September sind rund 60.000 weitere Reservisten einberufen worden. Es hatte aber bereits zuvor Berichte über eine kritische Haltung Zamirs gegenüber den Plänen der Netanjahu-Regierung gegeben.

Die islamistische Hamas hatte vor einer Woche erklärt, sie habe einem neuen Vermittler-Vorschlag für eine Waffenruhe zugestimmt. Dabei handelt es sich Medienberichten zufolge um eine angepasste Fassung eines zuvor bereits verhandelten Vorschlags des US-Sondergesandten Steve Witkoff. Dieser sieht eine 60-tägige Waffenruhe vor, während der zunächst zehn Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge freikommen.

Auch Kritik von Wadephul

Außenminister Johann Wadephul hat die israelische Regierung wegen ihrer Pläne zum Vorrücken in die Stadt Gaza kritisiert. Die deutsche Glaubwürdigkeit als globaler europäischer Akteur hänge von der Konsistenz der deutschen Politik ab - bei der Verteidigung des Völkerrechts, der Ablehnung des Terrors und beim Schutz des zivilen Lebens, sagte er bei der kroatischen Botschafterkonferenz in der Hauptstadt Zagreb.

Empfehlungen der Redaktion

"Unserer Ansicht nach fördert die Entscheidung des israelischen Kabinetts, Gaza-Stadt zu übernehmen und die Bodenoperationen zu intensivieren, keines dieser Ziele", kritisierte er. (dpa/bearbeitet von skr)