Seit Freitag herrscht Krieg zwischen Israel und dem Iran, wo die Behörden das Internet fast vollständig abgeschaltet haben. Eine Frau kann trotzdem eine Folge ihres Kriegstagebuchs veröffentlichen.
"Seit gestern habe ich das Gefühl, dass ich langsam aus dem Schock herauskomme", erzählt eine junge Frau aus Teheran in ihrem Podcast, der seit Kriegsbeginn täglich erscheint. "Jetzt habe ich seltsame und widersprüchliche Gefühle. Als ich gestern auf dem Sofa lag und eine Serie geschaut habe, habe ich für ein paar Minuten wirklich vergessen, dass Krieg ist. Unsere Wohnung ist im obersten Stockwerk und als der Lärm der Bomben und Kampfjets begann, dachte ich zuerst, jemand ist aufs Dach gegangen."
Seit sieben Tagen herrscht Krieg zwischen den Erzfeinden Israel und dem Iran. Unschuldige auf beiden Seiten sind in der Eskalation gefangen und suchen dennoch ein Stück Normalität. Irans Sicherheitsbehörden haben das Internet weitgehend abgeschaltet, Nachrichten dringen kaum nach draußen. Doch der jungen Frau gelingt es, ihr Kriegstagebuch hochzuladen.
Große Unruhe
"Ich glaube, ich lerne langsam, wie man unter Bomben schläft", erzählt die Frau. Anders als in Israel gibt es in Teheran weder Warnsysteme für Luftangriffe noch Schutzbunker für die Zivilbevölkerung. Die Regierung hat dies nie in Auftrag gegeben. "Letzte Nacht bin ich nur zweimal aufgewacht und konnte gleich wieder einschlafen. Tagsüber bin ich viel unruhiger und kann kaum etwas erledigen", sagt die 35-Jährige.
"Wenn ich sage, dass ich nichts schaffe, heißt das, dass ich stundenlang sitze und in die Ferne starre und beginne zu grübeln."
Der Krieg löst eine große Unruhe in ihr aus, erzählt sie weiter. "Ich bin bereit, wegen jeder Kleinigkeit auszurasten. Wenn ich sage, dass ich nichts schaffe, heißt das, dass ich stundenlang sitze und in die Ferne starre und beginne zu grübeln". Dann versuche sie, sich mit ihrer Freundin an etwas Lustiges, die Jugend, die ungewisse Zukunft oder die Vergangenheit zu erinnern. "Wir erzählen uns das gegenseitig und lachen laut."
Krieg löst große Wirtschaftssorgen aus
In dem Podcast lässt sie auch eine Freundin sprechen. Sie berichtet von leeren Tankstellen, Störungen im Banksystem und staatlichen Stellen, die Renten vorzeitig auszahlen.
Auch Arbeitgeber können ihren Beschäftigten oft nur einen Teil des Gehalts überweisen. Schon vor dem Krieg befand sich der Iran in der schwersten Wirtschaftskrise seiner jüngeren Geschichte. "Vor allem jetzt, wo viele Teheran verlassen haben, verängstigt und aufgewühlt sind, denkt man als Erstes an Geld: Was tun, wenn es alle ist?" (dpa/bearbeitet von sbi)