Im Prozess um mutmaßlichen "Postenschacher" hat ÖVP-Klubchef August Wöginger eine Geldbuße von 44.000 Euro akzeptiert. Er räumte ein, die Tragweite seines Handelns im Zusammenhang mit der umstrittenen Personalentscheidung nicht erkannt zu haben.

Der Prozess gegen ÖVP-Klubobmann August Wöginger und zwei Finanzbeamte wegen Missbrauchs der Amtsgewalt im Landesgericht Linz ist am Dienstag - wesentlich schneller als erwartet - nicht rechtskräftig diversionell erledigt worden. Zahlen die drei Angeklagten binnen zwei Wochen mittlere fünfstellige Geldbußen und legt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) keinen Einspruch ein, wird das Verfahren eingestellt und die drei sind nicht vorbestraft.

Sowohl für das Schöffengericht als auch für die WKStA kam die Diversion "gerade noch" infrage. Konkret muss der Erstangeklagte 17.000 Euro zahlen, der Zweitangeklagte 22.000 Euro und Wöginger 44.000 Euro. Zudem soll jeder einen symbolischen Betrag von 500 Euro an eine benachteiligte Bewerberin um den Chefposten im Finanzamt Braunau überweisen. Die Angeklagten nahmen das Angebot des Gerichts an.

"Postenschacher"-Vorwurf

Wöginger wurde von der WKStA "Postenschacher" vorgeworfen. Er soll bei dem ehemaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, für einen Parteifreund interveniert und dafür gesorgt haben, dass dieser Vorstand des Finanzamts für Braunau, Ried und Schärding wurde. Eine besser qualifizierte Mitbewerberin kam nicht zum Zug.

Ebenfalls angeklagt sind zwei Finanzbeamte - der Erstangeklagte war der Leiter der Begutachtungskommission, der Zweitangeklagte Mitglied derselben. Wöginger als Drittangeklagter wird als Bestimmungstäter geführt. Ereignet haben soll sich die mutmaßliche Intervention im Jahr 2017, als Wöginger bereits Abgeordneter im Nationalrat war. Alle drei Angeklagten - für sie gilt die Unschuldsvermutung - hatten die Vorwürfe bisher bestritten.

Wöginger erkannte "Tragweite seines Handelns" nicht

Es sei nicht Wögingers Absicht gewesen, dass eine besser qualifizierte Bewerberin nicht zum Zug kam, erklärte sein Verteidiger Michael Rohregger. Wöginger selbst beteuerte: "Ich sehe die Sache heute mit ganz anderen Augen", auch sei das "Politikverständnis" heute ein anderes. "Mit dem heutigen Wissen würde ich das in dieser Form nicht mehr tun. Es tut mir wirklich leid. Ich habe das in dieser Dimension nicht vorhergesehen, aber ich übernehme die Verantwortung."

Zuvor hatten die Oberstaatsanwälte von der WKStA die Anklage vorgetragen. Im Zentrum der Causa steht ein ÖAAB-Funktionär und ÖVP-Bürgermeister, der sich für die Leitung des Finanzamts Braunau beworben hatte. Er habe Wöginger um Unterstützung gebeten, so die Anklage. Wöginger habe sich dann an Thomas Schmid, Generalsekretär im Finanzministerium, gewandt und dieser an den Zweitangeklagten - einen ebenfalls im ÖVP-Umfeld verankerten Finanzbeamten und auch Mitglied beider Begutachtungskommissionen. "Allen war klar, dass dieser Personalwunsch auch parteipolitisch motiviert war." Der Zweitangeklagte habe zugesagt, den Bürgermeister zu unterstützen. Auch an der Besetzung der Begutachtungskommission sei laut Anklage geschraubt worden, um den Kandidaten durchzubringen. Eine besser qualifizierte, unterlegene Kandidatin wandte sich an die Gleichbehandlungskommission und bekam recht. Das Bundesverwaltungsgericht sprach ihr eine Entschädigung wegen Diskriminierung zu.

"Ein solches System hat keinen Platz in unserer Rechtsordnung"

Die Richterin begründete das Diversionsangebot damit, dass die Angeklagten Verantwortung übernommen, "Einsicht gezeigt" und gesagt hätten, "dass sie so etwas nicht mehr machen werden. Ein spürbarer Betrag zeige der Öffentlichkeit auch eine Reaktion auf das vorgeworfene Verhalten, es sei im Fall der Angeklagten der höchste Tagessatz herangezogen worden.

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Für die Republik sei kein großer Schaden entstanden, da der zum Zug gekommene Kandidat zwar weniger aber nicht unqualifiziert war. Mildernd wirkt sich auch aus, dass die Vorgänge bereits neun Jahre her sind und sich alle Angeklagten bisher nichts zuschulden kommen ließen. Das lange währende Medieninteresse und die Suspendierung des Erstangeklagten hätten zudem "Sanktionscharakter" gehabt. Dennoch: "Ein solches System hat keinen Platz in unserer Rechtsordnung", sollte sich ein solches System etabliert haben, liege es immer noch an jedem Einzelnen, ob mitmacht oder nicht, betonte sie.

Sache für ÖVP "erledigt"

Wöginger selbst betonte nach der Entscheidung noch einmal, dass er Verantwortung übernommen habe und in die Gerichte vertraue, "damit ist die Sache für mich erledigt". Weitere Fragen beantwortete er nicht mehr. Erfreut über die Diversion zeigte sich auch ÖVP-Parteikollege und Bundeskanzler Christian Stocker. "Dass August Wöginger den Gerichtssaal heute als unbescholtener Mann verlässt und das Strafverfahren damit beendet ist, freut mich nicht nur als sein Freund, sondern auch als Bundesparteiobmann der Volkspartei sehr", wird er in einem Statement zitiert. Auch Stocker findet: "Damit ist die Angelegenheit für ihn und für die Volkspartei erledigt." (apa/bearbeitet von nap/ng/skr)