Syrien kommt selbst nach dem Sturz des Assad-Regimes nicht zur Ruhe. Bei Konflikten in und um Suwaida sind mehr als 100 Menschen getötet worden. Nun marschierten Regierungstruppen in die Stadt ein.

In Syrien rücken Regierungssoldaten in den mehrheitlich von Drusen bewohnten Ort Suwaida vor. Sie versuchen, die Gewalt in der Region zu stoppen. Anwohner und die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte bestätigten der Deutschen Presse-Agentur heute, dass die Truppen in den Ort im Süden des Landes eingerückt seien.

Regierungstruppen in Syrien marschieren in Suwaida ein – über 100 Tote

Die Truppen würden Zivilisten beschützen und Sicherheit wiederherstellen, teilte Ahmed al-Dalati, Kommandeur für innere Sicherheit in der Provinz, mit. Er verkündete eine Ausgangssperre in dem Ort ab 8 Uhr früh. Anwohner sollten in ihren Häusern bleiben. Kurz nach dem Einrücken der Truppen kam es nach dem Bericht eines AFP-Korrespondenten zu gewaltsamen Zusammenstößen in der Stadt.

Ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP sah, wie Regierungstruppen am Dienstagmorgen umgeben von schwerer Artillerie in Richtung der Stadt unterwegs waren. Kräfte der islamistischen Regierung in Damaskus hatten zuvor bereits mindestens ein Dorf der Drusen in der Region eingenommen.

Syrien: Viele Tote bei Kämpfen zwischen Drusen und Beduinen

Wegen Kämpfen zwischen Beduinen und Drusen im Süden Syriens mit mindestens 50 Toten hat die Übergangsregierung Sicherheitskräfte eingesetzt. Zwischen sunnitischen Beduinen und den aus dem schiitischen Islam hervorgegangenen Drusen in Suweida gibt es seit längerem Auseinandersetzungen.

Bei der Gewalt zwischen Angehörigen der drusischen Minderheit und sunnitischen Beduinen wurden der Beobachtungsstelle zufolge seit Sonntag mehr als 100 Menschen getötet und rund 200 weitere verletzt, darunter auch Kinder. Unter den Opfern seien 60 Drusen, mehrheitlich Kämpfer, aber auch vier Zivilisten sowie 18 beduinische Kämpfer, 14 Sicherheitskräfte und sieben Menschen in Militäruniform, deren Identität nicht habe festgestellt werden können. Dem Verteidigungsministerium zufolge wurden 18 Armeeangehörige getötet. Begonnen hatte die Gewalt in der südlichen Provinz nach einem Raubüberfall auf einen drusischen Jugendlichen auf der Schnellstraße zwischen Damaskus und Suwaida. Zwischen Drusen und sunnitischen Beduinen kam es daraufhin zu weiteren Entführungen und schließlich zu Gewalt.

Die syrische Übergangsregierung schickte daraufhin ihre Truppen in das Gebiet. Auch Israel griff in den Konflikt ein und griff Panzer der Regierungstruppen an.

Angst vor weiteren Opfern und Kämpfen

Mit dem Versuch der Regierungstruppen, in der Region die Kontrolle zu übernehmen, wächst die Sorge vor weiteren Kämpfen und Opfern. Laut der Beobachtungsstelle, die das Konfliktgeschehen in Syrien von London aus mit einem Netzwerk aus Aktivisten verfolgt, griffen die Truppen das Gebiet mit Raketen und Mörsern an. Einige davon seien in Wohngegenden niedergegangen.

Die Beobachtungsstelle warnte vor einer "Wiederholung des Szenarios an der syrischen Küste" – ein Verweis auf die Gewalt im März, als bei Kämpfen verschiedener Gruppen laut Beobachtungsstelle rund 1.500 Menschen getötet wurden, darunter viele Zivilisten.

Während religiöse Anführer der Drusen am Dienstag erklärten, sie hätten dem Einmarsch der Truppen nach Suweida zugestimmt und die Kämpfer aufriefen, die Waffen niederzulegen, stellte sich ein drusischer Anführer in Suweida gegen den Regierungsvorstoß. Scheich Hikmat al-Hidschri, erklärte, er sei gegen das Einrücken der Regierungstruppen und forderte "internationalen Schutz". Würdenträger aus der Gegend bemühten sich derweil, eine Waffenruhe durchzusetzen.

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In Syrien wurde vor einem halben Jahr der langjährige Machthaber Baschar al-Assad gestürzt, der das Land 2011 in einen mehr als zehn Jahre langen Bürgerkrieg geführt hatte. Die neue Regierung von Präsident Ahmed al-Scharaa hat die Kontrolle in Damaskus übernommen und ist bemüht, im Land Stabilität herzustellen. Trotzdem kam es in vergangenen Monaten zu Kämpfen zwischen Volksgruppen und Milizen und auch zu Terroranschlägen. (afp/dpa/bearbeitet von the)

Teaserbild: © AFP/SAM HARIRI