Hitze wirkt sich negativ auf die Psyche aus. So führen hohe Temperaturen etwa zu schlechteren kognitiven Leistungen, begünstigen jedoch auch unterschiedliche psychische Erkrankungen.
Hast du auch an besonders heißen Tagen häufig das Gefühl, dass du dich schwerer konzentrieren kannst und dir generell alles etwas schwerer fällt? Damit bist du nicht allein!
Unterschiedliche Studien belegen, dass Hitze unsere Psyche stark beeinflussen kann. Bei Hitzewellen sinkt etwa unsere geistige Leistungsfähigkeit. Zudem kann die Stressbelastung, die als Folge der hohen Temperaturen auftritt, Depressionen und Angststörungen verursachen beziehungsweise bereits bestehende Symptome verschlimmern.
Hitze und Psyche: Sinkende kognitive Fähigkeiten
Mittlerweile gibt es vielfältige wissenschaftliche Belege für den Zusammenhang zwischen Hitze und Psyche. Laut Psychology Today kommen sie alle zu demselben Ergebnis: Hohe Temperaturen wirken sich negativ auf kognitive Fähigkeiten aus.
Eine Studie aus China aus dem Jahr 2024 untersuchte etwa, wie sich Hitze auf die Fähigkeit von Proband:innen auswirkte, mathematische Aufgaben zu lösen. Die Forschenden fanden heraus, dass die Testergebnisse bei Temperaturen über 32 Grad Celsius deutlich schlechter ausfielen als bei Temperaturen von 22 bis 24 Grad.
Zudem traten die stärksten Effekte bei Personen auf, die nicht an die Hitze gewöhnt waren. Bei Menschen, die bereits in wärmeren Gebieten lebten, wirkte sich die Hitze hingegen weniger stark auf die Testergebnisse aus. Sie waren bereits besser an die hohen Temperaturen angepasst.
Konzentration bei Hitze: So bleibst du fit und leistungsfähig
Eine Review aus 2019 kommt zu dem Schluss, dass Soldat:innen bei Hitzestress vor allem komplexe kognitive Aufgaben schlechter bewältigen konnten. Dieser Effekt verschärfte sich, wenn sich die Teilnehmenden bei Hitze körperlich betätigen mussten.
Dass wir bei Hitze kognitiv weniger leistungsfähig sind, liegt laut der AOK vermutlich daran, dass der Körper bei hohen Temperaturen grundsätzlich mehr Energie verbraucht. Dementsprechend bleibt weniger Energie für das Gehirn übrig. Dies tritt besonders dann auf, wenn wir auch während der Nacht Hitze ausgesetzt sind und uns auch im Schlaf nicht richtig abkühlen können.
Hitze und Psyche: Depressionen und Angststörungen
Extreme Hitze belastet nicht nur den Körper, sondern stellt auch ein ernstzunehmendes Risiko für die psychische Gesundheit dar. "Sie verstärkt Stress, Schlafstörungen und psychische Vorerkrankungen", erklärt Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK).
Laut der Medizinischen Universität Wien können anhaltende Hitzeperioden Depressionen, Angststörungen, sowie Alkohol- und Substanzkonsum begünstigen. Besonders betroffen sind Menschen, die bereits an einer psychischen Erkrankung leiden – sie erleben bei Hitze häufig eine deutliche Verschlimmerung ihrer Symptome. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) geht zudem mit steigenden Durchschnittstemperaturen auch eine höhere Suizidrate einher.
"Menschen mit psychischen Erkrankungen sind besonders anfällig für gesundheitliche Hitzefolgen", betont Prof. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Präsidentin der DGPPN. "Gerade für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen ist es häufig schwierig, sich selbstständig und effektiv vor Hitze zu schützen. Psychische Erkrankungen gehören zu den wichtigsten Risikofaktoren für hitzebedingte Todesfälle."
Der Umweltmedizinier Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien mahnt daher, die psychischen Folgen der Klimakrise stärker in den Blick zu nehmen. Mit einer zunehmenden Zahl an Hitzetagen im Jahr sei auch ein Anstieg psychischer Erkrankungen und Suizide zu befürchten.
Darüber hinaus wirkt sich Hitze auch auf das Sozialverhalten aus: Bei hohen Temperaturen steigt das Aggressionspotenzial, was sich etwa in einer Zunahme von Gewaltverbrechen während Hitzewellen zeigt. Gleichzeitig kann Hitze auch dämpfend auf die Psyche wirken – in Form von gedrückter Stimmung oder Teilnahmslosigkeit.
Depression im Sommer: Cortisol und Melatonin
Ein möglicher Grund für den Zusammenhang zwischen Hitze und Psyche könnte ein Gefühl von Klimaangst sein. Mit zunehmender Hitze könnten Personen etwa ein Gefühl von Hilflosigkeit bekommen, was laut Hutter wiederum dazu führt, dass der Körper höhere Mengen des Stresshormons Cortisol ausschüttet. Dieses Stresshormon begünstigt über einen längeren Zeitraum unterschiedliche körperliche und psychische Beschwerden, wie etwa Depressionen.
Laut der AOK könnte es sich jedoch auch um eine sogenannte Sommerdepression handeln. Diese hängt nicht direkt mit der Hitze zusammen, sondern mit dem Schlafhormon Melatonin. Melatonin ist für den Schlaf-Wach-Rhythmus verantwortlich und wird vor allem bei Dunkelheit ausgeschüttet. Im Sommer produziert der Körper entsprechend weniger Melatonin. Dies könnte die saisonal abhängige Depression begünstigen. Allerdings sind in diesem Bereich noch weitere wissenschaftliche Untersuchungen notwendig, um die Zusammenhänge besser verstehen zu können.
Was tun bei Hitze? 5 Tipps von unseren Nachbar:innen aus Südeuropa
Hitze und Psyche: So kannst du dich schützen
Um sich vor psychischen Belastungen während einer Hitzewelle zu schützen, gibt die Bundespsychotherapeutenkammer spezifische Empfehlungen zum Hitzeschutz:
- Achte darauf, ausreichend zu trinken. Greife dafür am besten auf Wasser zurück.
- Vermeide es, dich zu lange in der prallen Sonne aufzuhalten. Verbringe die Mittagshitze also am besten in einem kühleren Raum oder mindestens im Schatten.
- Achte auf dein körperliches Wohlbefinden und vermeide anstrengende körperliche Tätigkeiten.
- Da Alkohol- oder Drogenkonsum und intensiver Sport das Risiko zu dehydrieren und zu überhitzen erhöhen, sollte man beides an heißen Tagen möglichst meiden, so die BPtK. Wer auf intensiven Sport nicht verzichten möchte, sollte dies an kühleren und sonnengeschützten Orten tun und reichlich Wasser zu sich nehmen.
- Trage weite, atmungsaktive und leichte Kleidung.
- Nimm eine lauwarme Dusche oder ein lauwarmes Bad, um dich zu erfrischen. Warum eine kalte Dusche kontraproduktiv ist, erfährst du hier: 7 Fehler bei Hitze, die du nicht machen solltest
- Verwende Ofen und Herd möglichst sparsam, um die Temperatur in der Wohnung nicht unnötig zu erhöhen.
- Wer Medikamente einnimmt, sollte ärztlichen Rat einholen, um zu klären, was bei Hitze zu beachten ist und ob eine Anpassung der Dosierung erforderlich ist.
Auch für die Psyche ist es bei Hitze also in erster Linie wichtig, Überhitzung zu meiden. Trotzdem sind diese Tipps natürlich kein Allheilmittel bei psychischen Erkrankungen. Scheue dich deshalb nicht, professionelle Hilfe, wie zum Beispiel eine Psychotherapie aufzusuchen, wenn du verstärkt mit psychischen Problemen zu tun hast.
Diese Punkte können auch für das Umfeld wichtig sein. "Es ist dringend erforderlich, psychisch Erkrankte vor den Folgen großer Hitze zu schützen, da sie dazu selbst aufgrund ihrer Erkrankung oft nicht ausreichend in der Lage sind", so die Psychotherapeutenkammer Berlin.
Kinder sind besonders empfindlich
Die Kammer weist darauf hin, dass Kinder und Jugendliche besonders empfindlich auf hohe Temperaturen reagieren, da ihr Körper noch nicht vollständig in der Lage ist, Hitze zu regulieren: Sie schwitzen weniger effektiv und dehydrieren schneller. Dadurch steige das Risiko für Hitzschläge und Kreislaufprobleme. Bestehende Erkrankungen können sich durch Hitze verschlechtern.
Das gelte auch für die Regulation psychischer Zustände: "Unter Hitze verstärken sich psychische Belastungen bei Kindern. Reizbarkeit und Unruhe, Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen, Aggressivität nehmen zu. Auch bei Jugendlichen werden Probleme wie depressive Verstimmung, sozialer Rückzug, emotionale Verletzlichkeit oder impulsives Verhalten durch Hitze verstärkt."

Ab wann ist Hitze gefährlich?
Wenn die gefühlte Temperatur tagsüber über 30 °C steigt und nachts nicht unter 20 °C fällt, kann Hitze zur Gefahr werden. Übermäßige Hitze kann zu ernsten körperlichen Reaktionen und einem psychischen Notfall führen, einem sogenannten "Hitzenotfall". Dann ist sofortige Hilfe erforderlich.
Mit Material der dpa.
Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen. © UTOPIA