Um Konflikte zu lösen, gibt es verschiedene vielversprechende Vorgehensweisen. Wir stellen dir vier Modelle vor, die du nutzen kannst, um besser mit Auseinandersetzungen umzugehen.

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Konflikte gehören zum Alltag und kosten uns mehr, als uns vielleicht bewusst ist. Allein in deutschen Unternehmen entfallen laut betriebsrat.de etwa 15 Prozent der täglichen Arbeitszeit auf Konflikte. Führungskräfte verwenden demnach sogar 30 bis 50 Prozent ihrer Arbeitszeit, um Streitigkeiten zu klären oder deren Folgen zu managen.

Diese Zahlen zeigen: Konflikte lösen sich selten von selbst – aber mit den richtigen Strategien kannst du sie konstruktiv und sachlich bewältigen. In diesem Artikel lernst du bewährte Modelle und praktische Tipps kennen, die sich daraus ableiten lassen.

1. Prinzipien der "Principled Negotiation" (Harvard-Konzept)

Das Modell der Principled Negotiation wurde vom Harvard Negotiation Project um Roger Fisher und William Ury entwickelt und erstmals in Getting to Yes (1981) beschrieben. Wie der Name besagt, geht es dabei grundsätzlich um Verhandlung. Doch es lässt sich auch jeder Konflikt als Verhandlung betrachten, da alle Beteiligten im Endeffekt zu einer Lösung kommen möchten.

Das Modell besteht aus folgenden vier Grundsätzen:

  1. Person und Problem trennen: Emotionen und Beziehung bleiben außen vor, um den Fokus auf das Problem zu richten. Trenne also innerlich die Person vom Problem – denke: "Wir gegen das Problem" statt "ich gegen dich".
  2. Interessen statt Positionen fokussieren: Verstehe, warum jemand etwas will, statt nur was er oder sie will. Sprich in Ich-Botschaften ("Ich nehme wahr …") und vermeide Schuldzuweisungen.
  3. Optionen für gemeinsamen Nutzen entwickeln: Das Ziel sind kreative Ideen zum Lösen des Konflikts, die allen Beteiligten helfen. Brainstormt zum Beispiel mehrere Lösungsideen, ohne sie sofort zu bewerten.
  4. Objektive Kriterien anwenden: Das heißt, Vereinbarungen anhand fairer, externer Standards zu treffen – zum Beispiel Gesetzen oder Branchenregelungen.

2. Thomas-Kilmann-Konfliktmodell (TKI)

Dieses Modell zum Lösen von Konfliktenwurde in den frühen 1970er-Jahren von Kenneth Thomas und Ralph Kilmann entwickelt, basierend auf dem Managerial Grid von Blake und Mouton. Es beschreibt fünf Konfliktstile entlang der Achsen Durchsetzungsfähigkeit und Kooperativität:

  1. Wettbewerb (Competing)hohe Durchsetzungsfähigkeit, niedrige Kooperation.
  2. Vermeiden (Avoiding) – niedrig in beiden Punkten.
  3. Entgegenkommen (Accommodating) – niedrige Durchsetzung, hohe Kooperation.
  4. Kompromiss (Compromising) – mittlere Werte in beiden Dimensionen.
  5. Zusammenarbeit (Collaborating) – hohe Durchsetzung und Kooperation.

Die 4 Bindungstypen: Das steckt dahinter

Wir alle haben zwar bestimmte Konfliktstile, auf die wir besonders oft zurückgreifen. Doch du kannst auch bewusst und je nach Situation einen Stil wählen, um einen Konflikt bestmöglich zu lösen.

Dabei gilt:

  • Wettbewerb ist sinnvoll, wenn eine schnelle Entscheidung nötig ist (wie etwa in Notfällen).
  • Vermeiden solltest du eher bei kleinen Themen, die keine oder nur geringe Konsequenzen haben.
  • Entgegenkommen kannst du, wenn dir die Beziehung wichtiger ist als das Thema.
  • Kompromiss funktioniert gut, wenn beide Seiten gleichermaßen nachgeben können.
  • Zusammenarbeit ist eine gute Lösung, wenn eine nachhaltige, faire Lösung gefragt ist.

Andererseits kann es dir auch helfen, den Konfliktstil deines Gegenübers zu erkennen, um bestmöglich darauf eingehen zu können und den Konflikt zu lösen – je nachdem, was dein Ziel ist.

3. Mediation nach Christopher Moore

Christopher Moore beschreibt in seinem Ansatz, wie Mediatorinnen und Mediatoren Konflikte strukturiert und effektiv begleiten können. Zuerst verschafft sich der/die Mediator:in durch Beobachtungen, Interviews und Hintergrundrecherchen einen Überblick. Danach wird über ein Erstgespräch über die Exploration bis hin zur Konfliktlösung genau geplant – professionell eben.

Ohne Profi-Mediator:in kannst du das Modell folgendermaßen umsetzen, um Konflikte zu lösen:

  1. Rahmen schaffen: Vereinbare ein neutrales Setting und Regeln (wie ausreden lassen, keine Beleidigungen).
  2. Themen sammeln: Jede Seite nennt ihre Sichtweise, ohne unterbrochen zu werden.
  3. Interessen herausarbeiten: Kläre, was wirklich hinter Positionen steckt ("Warum ist dir das wichtig?").
  4. Optionen erarbeiten: Gemeinsam Lösungen suchen, die beide Seiten berücksichtigen.
  5. Vereinbarung festhalten: Am besten schriftlich, sodass beide sich verbindlich fühlen.

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4. "Circle of Conflict" (Moore)

Ein anderes Modell von Christopher Moore hilft, Konfliktquellen transparent zu benennen und gezielt zu bearbeiten. Es identifiziert fünf Konfliktdimensionen:

  1. Beziehungskonflikte: Missverständnisse, mangelndes Vertrauen, Emotionen. In diesem Fall sollten beide Seiten möglichst verständnisvoll und aktiv zuhören, um Vertrauen aufzubauen und den zugrundeliegenden Konflikt zu lösen.
  2. Datenkonflikte: Informationsdefizite oder unterschiedliche Interpretationen. Hier reicht es mitunter, die relevanten Fakten zusammenzutragen und Missverständnisse zu klären.
  3. Interessenkonflikte: Widersprüchliche Ziele oder Bedürfnisse. Hier ist es wichtig, die beidseitigen Bedürfnisse offenzulegen und im besten Fall auf einen Kompromiss hinzuarbeiten, der für beide Parteien fair ist und so den Konflikt lösen kann.
  4. Wertekonflikte: Unterschiedliche Überzeugungen oder Prinzipien. Versucht in diesem Fall, eine gemeinsame Basis zu finden, auf die ihr euch einigen könnt. Bleibende Unterschiede könnt ihr nach dem Prinzip von "agree to disagree" respektvoll anerkennen.
  5. Strukturkonflikte: Machtungleichgewichte, Ressourcenkontrolle oder organisatorische Hindernisse. Hier müssen Verantwortlichkeiten und Ressourcen neu und fairer verteilt werden.

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Gemeinsame Grundlage aller Modelle und Fazit

Alle vorgestellten Strategien beruhen auf einem zentralen Prinzip: Sie strukturieren den Konfliktprozess klar und fördern respektvolle, lösungsorientierte Kommunikation. Sie entkoppeln Menschen von Problemen, fördern Verständnis auf Sach- und Beziehungsebene und ermöglichen, dass die Konfliktparteien sich aktiv, überlegt und kooperativ verhalten können.

Natürlich kannst du auch mehrere Strategien kombinieren, um den Konflikt zu lösen. Beispielsweise stellt ihr zuerst fest, dass es sich um einen Interessenkonflikt handelt – und wendet dann die Mediation nach Christopher Moore an, um den besten Kompromiss zu finden.   © UTOPIA