Erstmals werden konkrete Vorwürfe gegen René Benko öffentlich: Laut Anklageschrift soll er kurz vor seiner Pleite Vermögen an seine Mutter und eine Stiftung verschoben haben, um Gläubiger zu umgehen. Die Ermittler sehen darin ein systematisches Vorgehen.
Nach einer ersten Anklage gegen den ehemaligen Immobilien-Tycoon René Benko wegen betrügerischer Krida rund um seine frühere Firma Signa gibt es nun Details aus dieser Anklage. Vor seiner Pleite als Einzelunternehmer soll Benko - es gilt die Unschuldsvermutung und er kann auch die Anklage noch beeinspruchen - Vermögen vor dem Zugriff von Gläubigern entzogen haben. So zitierte am Mittwoch das Magazin "profil" aus der Anklageschrift.
"Unter dem Eindruck zunehmender Zahlungsschwierigkeiten und einer für ihn spätestens ab Herbst absehbaren Konkurseröffnung fasste der Angeklagte den Entschluss, Vermögenswerte dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen, indem er sie unter anderem in die Verfügungsgewalt seiner Mutter, Ingeborg Benko, oder in die Verfügungsgewalt von Gesellschaften und Privatstiftungen (ua Laura Privatstiftung) verschob, von denen er selbst unmittelbar oder mittelbar profitierte und deren offiziell Begünstigte Ingeborg Benko und seine ehelichen Kinder sind", zitiert das "profil" aus der Anklageschrift.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft Benko, der sich in U-Haft befindet, wie berichtet vor, im Zuge der Insolvenz seines Firmen-Netzes Vermögenswerte verschwiegen und damit die Gläubiger geschädigt zu haben. Zum einen geht es um eine Miet- und Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von rund 360.000 Euro für die Anmietung eines Hauses auf der Innsbrucker Hungerburg, wobei die Summe laut WKStA "wirtschaftlich und sachlich unvertretbar war", zum anderen um eine Schenkung an Angehörige von 300.000 Euro. Inkriminiert ist damit ein Gesamtschaden von 660.000 Euro. Benko droht im Fall einer Verurteilung eine Haftstrafe von einem bis zu maximal zehn Jahren.
Geldkarussell
Die betreffende Immobilie gehört aber nicht Benko selbst. Eigentümerin ist laut "profil" die RB Immobilienverwaltungs GmbH & Co KG. Die gehört wiederum der RB Immobilienverwaltungs GmbH, die mehrheitlich der Laura Privatstiftung zugerechnet wird. Das ist jene Familienstiftung, in der noch ein beachtliches Vermögen liegen soll und deren Begünstigte René Benkos Mutter ist. Das Magazin beschreibt dann für Herbst 2023 eine Art Geldkarussell rund um die genannte Vorauszahlung.
Darob vermuteten die Ermittler, dass hier Geld im Kreis geschickt wurde und wieder in der Sphäre der Laura-Stiftung landete, wodurch Benkos Gläubiger um diese Summe geschädigt worden sein sollen. Denn einen Zugriff auf das Geld der Familienstiftung hat der Masseverwalter bisher nicht. Das Haus sei zum damaligen Zeitpunkt gar nicht bewohnbar sondern sanierungsbedürftig gewesen. Eine Sanierung nach Hangrutschung und beachtlichem Wasserschaden hätte aber bis Anfang 2024 gedauert, zeigen laut Magazinbericht Auswertungen interner E-Mails und Aussagen ehemaliger Manager der Signa und der Eigentümergesellschaft RB Immobilienverwaltungs GmbH & Co KG.
Tatsächlich eingezogen sei die Familie Benko rund um den Jahreswechsel 2024/25. Daraus ergebe sich die Frage, warum René Benko vier Jahresmieten im Voraus für ein Haus bezahlt habe, in das die Familie zunächst gar nicht einziehen habe können.
Die WKStA halte den Vorgang weder für juristisch plausibel, noch für wirtschaftlich sinnvoll und hege den Verdacht, dass hier doch Geld in den Einflussbereich der Stiftungen gewandert ist, schreibt das "profil". René Benko sehe das in seiner Einvernahme anders. Er erscheine bemüht, "sich als juristischen Laien darzustellen und sich auf mangelndes juristisches Verständnis" zurückzuziehen, schreiben die Ermittler in der Anklage. Angesichts seines Werdegangs als international tätiger Immobilieninvestor erscheine diese Strategie den Ermittlern aber eher unglaubwürdig.
Geldrückzahlung an Mutter könnte Gläubigerschädigung darstellen
Eng könnte es für Benko auch mit einer 300.000 Euro schweren Überweisung an seine Mutter Ingeborg werden - tituliert als Rückzahlung eines Darlehens am 29. November 2023 - dem Tag, an dem die Dachgesellschaft von Signa, die Signa Holding, pleiteging. Kurze Zeit davor hatte René Benko von seiner Mutter 1,5 Millionen Euro überwiesen bekommen. Die Ermittler gehen hierbei von einer Schenkung der Mutter an den Sohn aus. Und genau das legt eine Schenkungsvereinbarung nahe, die zwei Monate später abgeschlossen wurde.
Wieso nun aber Benko einen Teil des mutmaßlichen Geldgeschenks an seine Mutter zurückzahlt, wo solche Geldflüsse an Benko laut "profil" üblich waren, werde in der Anklage auch hinterfragt. Denn zurückgezahlt habe Benko, als er im Zuge der Signa-Schieflage schon einen massiven Geldbedarf hatte. Ende 2023 hatte er zugesichert, eigenes Geld für die Sanierung der in Schieflage geratenen Signa zuzuschießen. "Wieso gibt er also ganz ohne Not 300.000 Euro zurück, anstatt das Geld zu behalten und für die Tilgung von anderen, absehbaren Forderungen zu verwenden?", fragen sich Ermittler laut "profil".
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Benko selbst sagte den Ermittelnden, er habe eben nicht die gesamten 1,5 Millionen Euro gebraucht und einen Teil zurückgegeben. Doch die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dadurch seine Gläubiger geschädigt zu haben. Denn der Masseverwalter kann zwar im Insolvenzverfahren auf Benkos Vermögen zugreifen. Eine Vermögens-Sippenhaftung gibt es im heimischen Insolvenzrecht aber nicht. (APA/bearbeitet von skr)