Bilder aus dem Leben teilt man vor allem dann gerne mit anderen, wenn es schön ist. Die Intimität von Bildern kann dann ein Problem sein, wenn die abgebildeten Menschen sich in der Öffentlichkeit bewegen. Bilder von Sterben und Tod bleiben aber auch in der Öffentlichkeit intim, weil der Vorgang und der Zustand es sind.

Rolf Schwartmann
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht des Autors dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Bilder vom Fußball zwischen Leben und Tod

Beim Europameisterschaftsspiel zwischen Dänemark und Finnland ging es von jetzt auf gleich unerwartet um Leben und Tod des Fußballers Christian Eriksen. Geschieht so etwas vor den Augen der Welt, dann ist der Umgang mit Bildern vom Überleben eine Frage der Ethik und des Rechts. Die Intimität solcher Ereignisse ist nicht für die Weltbühne bestimmt, und doch finden sie dort statt. Die Medien müssen dem ebenso gerecht werden wie die Anwesenden an Ort und Stelle.

Fotos von hilflosen Menschen können strafbar sein

Das Recht stellt sich vor allem dann schützend vor die Fotografierten, wenn Bildaufnahmen den höchstpersönlichen Lebensbereich betreffen. Wer etwa die Hilflosigkeit eines anderen zur Schau stellt, macht sich strafbar. Das ist richtig, denn Leid stellt man nicht zur Schau.

Dennoch mutet Strafe, jedenfalls solange die Kameraleute und Regisseure in einem Fußballstadion vom plötzlichen Überlebenskampf eines Fußballers in der Öffentlichkeit förmlich überrumpelt werden, seltsam an. Die Grenzen zwischen Pflicht zur Berichterstattung und Sensationslust einerseits und Pietät und Beistand andererseits verschwimmen zumindest im Augenblick.

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Wer weint, gehört ohne seinen Willen nicht auf Fotos

Der Vorgang und die Aufregung um die Berichterstattung von Christian Eriksens Herzattacke auf dem Spielfeld zeigen, wie sensibel unser Empfinden und unser Recht ausschlagen, wenn es um Fotos von hilflosen Personen geht. Auch das Gesicht der weinenden Partnerin des Spielers ging um die Welt. Angst, Schrecken und Verzweiflung sind auch intim und Ausdruck von Hilflosigkeit.

Journalisten tun gut daran, solche Bilder so gut es geht zu vermeiden, und sie dürfen sie nicht zur Schau stellen. So ist es selbst dann, wenn Kummer und Leid die Weltöffentlichkeit am Ende mehr interessieren als ein Fußballspiel. Dass Ansprüche von Ethik und Recht auf der einen Seite und die Wirklichkeit auf der anderen Seite auseinanderfallen, ändert daran nichts.

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Flitzer sind nackt, aber nicht hilflos

Dass die Kameras nicht bei allem, was intim ist, wegschauen müssen, sieht man an Fotos von Flitzern in Stadien. Wer mit voller Absicht nackt über ein Fußballfeld flitzt, ist nicht hilflos und man darf ihn - im Rahmen der Vorgaben des Jugendschutzes - der Welt zeigen, weil er es will und nicht schutzbedürftig ist.

Die Grenze zwischen Anteilnahme und Sensationslust

Das war bei Eriksens Herzattacke anders. Die Spieler auf dem Platz haben ihren Mitspieler durch einen Menschenkreis vor Blicken abgeschirmt. Hier hat man den Unterschied zwischen Anteilnahme und Sensationslust authentisch erleben können. Das Bild des menschlichen Schutzwalles hat gereicht, um respektvoll über den Vorgang zu berichten, als sein glücklicher Ausgang noch offen war.

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