Die Sonne scheint, die Temperaturen steigen – der Sommer ist da! Doch so sehr man sich über das schöne Wetter auch freut: Studien zufolge können hohe Temperaturen ganz schön aufs Gemüt schlagen und sogar aggressives Verhalten begünstigen.

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Sonne, Badewetter, Eis am Stiel – eigentlich beste Voraussetzungen für gute Laune. Doch Hitze im Sommer kann auch den gegenteiligen Effekt haben: Mehrere Studien haben gezeigt, dass hohe Temperaturen negative Auswirkungen auf unsere Psyche haben können und in manchen Fällen sogar aggressives Verhalten begünstigen. Psychologinnen und Psychologen sprechen in diesem Zusammenhang vom sogenannten "Long Hot Summer"-Effekt.

Bereits in den 1970er-Jahren forschten die US-Wissenschaftler Paul A. Bell und Robert A. Baron dazu. In einem Experiment versammelten sie 64 Männer in einem Raum und teilten sie in zwei Gruppen auf. Die eine sollte die andere kritisieren, während letztere mit Elektroschocks "zurückschlagen" durfte. Dabei erhöhten die Forscher schrittweise die Raumtemperatur. Das Ergebnis war eindeutig: Je wärmer es wurde, desto häufiger griffen die Testpersonen zur Stromtaste.

In den 1980er-Jahren untersuchten Forschende dann das Verhalten von Autofahrern an heißen Tagen. Ihre Methode: Testpersonen sollten an grünen Ampeln absichtlich stehen bleiben. Zwar sorgt das grundsätzlich für Verärgerung - doch an besonders heißen Tagen reagierten die Autofahrer deutlich aggressiver. Es kam häufiger zu Hupkonzerten, vor allem in Autos ohne Klimaanlage.

Der US-Psychologe Craig A. Anderson legte vor rund 20 Jahren eine Langzeitstudie vor, der zufolge es besonders während Hitzewellen häufiger zu Gewalt- und Sexualverbrechen kommt. Und eine weitere Studie aus dem Jahr 2021 zeigte, dass in Gefängnissen bei hohen Temperaturen signifikant mehr Gewalttaten unter Insassen registriert werden.

Wie Hitze aggressives Verhalten provoziert

Doch was genau passiert in unserem Körper, wenn das Thermometer in die Höhe klettert? Der Klima- und Verhaltensforscher Gerhard Reese erklärt im "Spiegel", dass Hitze wie ein emotionaler Verstärker wirke – sie mache nicht automatisch aggressiv, könne aber vorhandene Emotionen intensivieren. Nicht die Hitze allein mache aggressiv, dennoch ist Reese überzeugt: Den "Long Hot Summer"-Effekt gibt es.

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Einen weiteren Erklärungsansatz liefert Hanns-Christian Gunga von der Berliner Charité gegenüber Deutschlandfunk Nova. Er verweist auf das antidiuretische Hormon (ADH), das bei Hitze vermehrt ausgeschüttet wird, um den Wasserhaushalt im Körper zu regulieren. Je mehr wir schwitzen, desto höher steigt der ADH-Spiegel. Ein erhöhter Hormonwert wiederum könne – wie verschiedene tierexperimentelle Studien zeigen – mit einem Anstieg aggressiven Verhaltens einhergehen. Erste Warnsignale seien dunkler Urin oder ein seltener Toilettengang.

Zu hohe Temperaturen können Unbehagen auslösen

Doch ADH ist nicht der einzige begünstigende Faktor. So schlafen in heißen Nächten viele Menschen schlechter - die Folgen können Müdigkeit, Reizbarkeit und eine geringere Toleranzschwelle im Alltag sein. Hinzu kommen mögliche körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, übermäßiges Schwitzen oder Dehydrierung. All das schlägt aufs Gemüt. Gleichzeitig betonen Experten wie Gunga: Hitze mag Stress auslösen, aber "nur weil jemand durch Hitze und Hormone gestresst ist, geht er nicht gleich auf andere los".

Es lohnt sich also, dem eigenen Wohlbefinden bei hohen Temperaturen besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Dazu gehört vor allem: ausreichend trinken, körperliche Anstrengung möglichst auf die kühleren Morgen - und Abendstunden verlegen und Konfliktsituationen meiden.

Verwendete Quellen