Die meisten scheitern beim ersten Versuch, mit dem Rauchen aufzuhören – doch das sollte niemanden entmutigen. Warum der Körper schon nach 20 Minuten von der Rauchfreiheit profitiert, welche Strategien den Ausstieg wirklich erleichtern und was Ex-Raucherinnen und -Rauchern tatsächlich geholfen hat.

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Zu Beginn der harte Realitäts-Check: Die meisten Leute, die sich – etwa zum Jahreswechsel – den Vorsatz "Jetzt höre ich mit dem Rauchen auf" fassen, werden scheitern. Von 100 Leuten, die sich die sogenannte "Silvester-Methode" vornehmen, rauchen 95 Prozent nach einem Jahr wieder, sagt der Suchtmediziner Tobias Rüther vom LMU Klinikum München.

Ploppt in Ihrem Kopf nun der Gedanke "Dann brauche ich es ja gar nicht zu versuchen" auf? Lassen Sie sich nicht entmutigen. "Der durchschnittliche Raucher braucht sechs Aufhörversuche im Leben bis zur vollständigen Rauchfreiheit. Jeder Versuch zählt also", sagt Tobias Rüther.

Und der Rauchverzicht lohnt sich: Laut der Deutschen Atemwegsliga beginnt der Körper schon nach 20 Minuten mit der Erholung – Blutdruck und Puls normalisieren sich. Nach 24 Stunden sinkt das Herzinfarktrisiko, nach wenigen Tagen verbessern sich Geruchs- und Geschmackssinn. Nach ein bis zwei Monaten lassen Husten und Atemnot nach, nach einem Jahr halbiert sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Langfristig nähert sich das Risiko für schwere Krankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Lungenkrebs schließlich dem eines Nichtrauchers an.

Damit der Rauchverzicht beim nächsten Mal klappt, helfen diese Strategien:

1. Definieren Sie Ihren Stopp-Tag – und erzählen Sie allen davon

Das kann der erste Tag des Jahres oder des neuen Monats sein, aber auch jeder andere Tag im Jahr. "Alle Studien sagen: Der Tag, den der Patient sich aussucht, ist der richtige Tag", sagt Tobias Rüther. Wichtig ist nur, dass man ihn festlegt - und dass man Zigaretten und alles, was einen ans Rauchen erinnert, pünktlich wegschafft. An Tag X soll es ja nicht daran scheitern, dass noch eine halbvolle Schachtel verführerisch auf dem Küchentisch liegt.

Noch ein Trick: "Möglichst vielen Menschen erzählen, dass man dann aufhören will. Damit es einem auch richtig peinlich ist, wenn man es nicht durchzieht", sagt Tobias Rüther.

2. Tage und Woche als Ziel, nicht "für immer"

Nie wieder werde ich rauchen! Wer sein Ziel so groß formuliert, baut umso größeren Druck auf – unter dem man den Plan schneller hinwirft. Suchtmediziner Rüther rät, in kleinen Schritten zu denken, in Wochen und Tagen. "So kann man sich erstmal sagen: Ich will erst einmal einen Tag rauchfrei sein und wenn das geschafft ist, belohne ich mich."

3. Belohnungen auf anderem Weg erzielen

Sich zu belohnen, ist übrigens essenziell. Schließlich ist auch die Zigarette für das Gehirn von Raucherinnen und Rauchen am Ende nichts anderes als genau das - eine Belohnung. Das Nikotin, das dabei ins Gehirn flutet, löst angenehme Gefühle wie Entspannung aus. Wer nicht mehr raucht, muss sich dieses Wohlgefühl auf anderem Wege verschaffen – eben durch andere Belohnungen, wie Tobias Rüther erklärt.

Wie die aussehen können, ist ganz individuell. Vielleicht gönnt man sich nach der ersten rauchfreien Woche einen Sauna-Besuch oder ein Dinner im Restaurant. Und nach einem halben Jahr einen besonderen Urlaub, in einem Hotel, das man sich sonst nicht gegönnt hätte. "Weil man durch den Rauchstopp Geld spart, hat man es auf einmal dafür", so Rüther.

Ohnehin lohnt es sich, den Fokus auf das zu richten, was man durch den Rauchstopp gewinnt - nicht auf das, was man vermeintlich verliert. "Man gewinnt zum Beispiel, dass man sich morgens nicht frei husten muss", sagt Ursula Sellerberg von der Bundesapothekerkammer.

Und auch Zeit: Wer sich sonst 20-mal am Tag eine Kippe angesteckt hat, hat locker eine Stunde mehr am Tag zur Verfügung. Am besten macht man sich auch direkt Gedanken, wie man sich die richtig schön machen kann.

4. Alternativen für frühere Gewohnheiten finden

Zum Kaffee, beim Warten, wenn alles gerade stressig und viel ist: Raucherinnen und Raucher verbinden ganz bestimmte Situationen mit einer Zigarette. "Wenn Sie zur Bushaltestelle gehen und dort zehn Minuten warten müssen, dann will das Gehirn rauchen. Auch dann, wenn sie gerade eben erst eine Zigarette hatten", sagt Tobias Rüther.

Wer erfolgreich Schluss mit der Zigarette machen will, muss sich mit genau diesen Schlüsselreizen beschäftigen - und sich vorab Alternativen zum Rauchen überlegen. "Diese Vorbereitung ist extrem wichtig", sagt der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.

Möglichkeiten gibt es viele: kurz ein spannendes Hörbuch weiterhören oder den Lieblingssong laut aufdrehen. Für den anderen funktioniert Bewegung, einmal die Treppe auf- und ablaufen oder kurz an die frische Luft, "die einem dann wirklich frisch vorkommt, wenn man nicht mehr raucht", so Tobias Rüther.

Atem- und Entspannungsübungen können ebenfalls helfen. "Oder wenn man sich, anstatt der Zigarette, etwas in den Mund stecken möchte, kann man sich Gemüsesticks vorbereiten", sagt Rüther. "Oder man nimmt sich ein Stück Ingwer und beißt darauf, das ist auch ein Reiz."

So oder so lohnt es sich, brenzlige Situationen vorab zu entschärfen. Wenn beim Treffen mit Freunden stets geraucht wird, etwa darum zu bitten: "Bitte bietet mir künftig keine Zigaretten mehr an."

5. Lassen Sie sich helfen – etwa von Nikotinersatzprodukten

Gerade starke Raucherinnen und Raucher, die schon Aufhörversuche gestartet haben, wissen: Herausfordernd ist nicht nur der Kopf, der die Zigarette und die Rituale drumherum vermisst. Es ist auch der Körper, dem das Nikotin fehlt.

Wie stark die körperliche Abhängigkeit ist, das kann man mit dem sogenannten Fagerström-Test herausfinden. Abgefragt wird darin unter anderem, wann man morgens die erste Zigarette raucht, wie viel man überhaupt raucht, ob man das auch tut, wenn man krank im Bett liegt.

Gerade Menschen mit starker Abhängigkeit kann eine medikamentöse Unterstützung helfen – in Form von Nikotinersatzprodukten oder auch Medikamenten. Die Helfer aus der Apotheke regeln die Sache mit dem Rauchausstieg allerdings nicht von allein: "Man muss es wirklich wollen mit dem Aufhören", sagt Ursula Sellerberg.

  • Medikamente

Es gibt drei Medikamente, die gemäß den medizinischen Leitlinien einen Rauchstopp unterstützen können. Sie alle sind verschreibungspflichtig, man muss also vorher mit Arzt oder Ärztin besprechen, ob sie sinnvoll sein können.

  • Nikotinersatzprodukte

Nikotinersatzprodukte ersetzen das Nikotin der nicht gerauchten Zigaretten und federn damit körperliche Entzugssymptome ab. Und zwar ohne den Körper mit den vielen Schadstoffen, die bei der Verbrennung des Tabaks entstehen, zu belasten, wie Ursula Sellerberg erklärt.

Es gibt sie als Kaugummis, Pflaster oder Mundsprays rezeptfrei in der Apotheke. Pflaster schaffen einen kontinuierlichen Nikotinspiegel, während Kaugummis und Sprays sich dazu eignen, akute Hieper abzufedern. Am besten fährt man also mit einer Kombination, so Tobias Rüther.

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Der Suchtmediziner beobachtet allerdings, dass viele Menschen in Sachen Nikotinersatzprodukte einen Fehler machen. "Sie sagen: "Ich bin stolz, ich habe eine Woche nicht geraucht - jetzt setze ich das Nikotin ab." Dann bekommen sie aber wieder Cravings." Ihm zufolge sollte man die Produkte so hoch dosieren, dass man keine Entzugserscheinungen mehr erlebt. Und man sollte sie zwei Monate einnehmen - das ist die Zeitspanne, die es braucht, bis sich Verhaltensänderungen tatsächlich etabliert haben.

6. Motivation halten: So kann es gelingen

Wie bei jeder Verhaltensänderung gibt es sie auch beim Rauchstopp – die Momente, in denen es schwerfällt, motiviert zu bleiben. So kann man ihnen entgegenwirken:

  • Fortschritt sichtbar machen: "Einige unserer Patienten holen sich die 7 Euro, die eine Schachtel Zigaretten kostet, als Bargeld und füllen damit jeden Tag ein Glas damit", sagt Tobias Rüther. Das macht den Erfolg sichtbar.
  • Sich mit anderen zusammenschließen: Zum Beispiel in Entwöhnungskursen, wo man sich mit anderen austauschen und gegenseitig aufbauen kann. Ist das Kursangebot durch die Zentrale Prüfstelle Prävention zertifiziert, beteiligen sich die gesetzlichen Krankenkassen an den Kosten dafür.

Das hilft laut Rauchern und Ex-Rauchern wirklich dabei, mit dem Rauchen aufzuhören

Statistisch gesehen sei eine Kombination aus Nikotinersatztherapie und Unterstützung – in speziellen Gruppen oder auf andere Weise - das erfolgversprechendste, sagt Marina Hinßen von der Berliner Charité.

Das Frankfurter Institut für Suchtforschung hatte 2022 knapp 6.200 Raucher und Ex-Raucher befragt. Auf die Frage, was ihnen beim Abgewöhnen half, nannten über 2.000 Teilnehmer ihre Willenskraft. Auf Platz zwei lag die Unterstützung des sozialen Umfelds. Eine Nikotinersatztherapie war nur für gut 1.000 Befragte der Gamechanger.

Verwendete Quellen