• In Indien infizierten sich Tausende COVID-19-Patienten und Genesene mit dem "Schwarzen Pilz".
  • Auch In Brasilien wurden nun die ersten beiden Fälle gemeldet.
  • Beiträge im Internet behaupten nun, dass der Pilz durch PCR-Tests übertragen wird. Das steckt dahinter.

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In Indien verbreitet sich seit Mai 2021 neben SARS-CoV-2 noch ein weiterer gefährlicher Krankheitserreger: Zu Tausenden infizierten sich COVID-19-Patienten und Genesene mit dem sogenannten "Schwarzen Pilz", die Infektion wird Mukormykose genannt. Der Erreger färbt das Gesichtsgewebe dabei binnen kürzester Zeit dunkel.

Der Pilz dringt beim Einatmen in die Nasennebenhöhlen ein. Er zerstört Gewebe, Knochen sowie Blutbahnen und dringt immer weiter in den Kopf vor. Wird die Krankheit nicht rechtzeitig behandelt, führt sie - laut der US-Seuchenkontrollbehörde CDC - in über 50 Prozent der Fälle zum Tod.

Verlässliche Infektionszahlen für Indien gibt es derzeit noch nicht. Verschiedene Medien berichten allerdings von rund 10.000 Fällen und Hunderten Verstorbenen. Auch in Brasilien wurden nun die ersten beiden Fälle gemeldet. Eine 42-jährige und eine 59-jährige Frau haben sich demnach mit dem Pilz angesteckt. Beide hatten COVID-19, sind aber inzwischen genesen.

Blog-Bilder zeigen keine aktuellen Fotos

In Beiträgen im Internet wird nun behauptet, die Pilz-Sporen würden beim Abstrich für den PCR-Test übertragen, mit dem eine SARS-CoV-2-Infektion ermittelt werden soll. Dazugestellt sind Fotos von Betroffenen.

"Die neue Pilzpandemie ist zu 99%iger Wahrscheinlichkeit eine PCR-Test-Pandemie, denn niemand weiß, wie die Stäbchen präpariert wurden", heißt es zum Beispiel in einem Blog-Beitrag. Schon im Jahr 2015 habe eine Studie ergeben, dass Pilz-Sporen auf den PCR-Tests vorhanden seien. Aber ist dem wirklich so?

Die Blog-Bilder zeigen zwar das Mukormykose-Krankheitsbild, sie dokumentieren allerdings keine aktuellen Fälle in Indien. Die Fotos sind einem chinesischen Fachjournal über Hauterkrankungen entnommen, das im vergangenen August 2020 einen einzelnen Fall von Mukormykose beschrieb: Bei einem jungen Leukämie-Patienten trat die Pilz-Infektion als Begleiterkrankung auf.

Quote in Indien bereits vor Corona-Pandemie vergleichsweise hoch

Mukormykose wird durch verschiedene Schimmelpilze verursacht, die weltweit im Boden verbreitet sind, wo sie totes, organisches Material wie Laub zersetzen. Die Sporen werden vom Wind weitergetragen. "Atmen Menschen die Sporen ein oder gelangen diese in offene Wunden, kann dies zu Infektionen führen", erklärt Oliver Cornely, Leiter des Europäischen Exzellenzzentrums für Invasive Pilzinfektionen an der Universitätsmedizin Köln gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa).

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Die Erkrankung tritt jedoch - global betrachtet - sehr selten auf: In westlichen Ländern trifft sie, statistisch, einen von einer Million Menschen. In Indien aber war die Quote, wie im März 2019 veröffentlichte Daten zeigen, schon vor der Corona-Pandemie mit gut 140 Erkrankten pro einer Million Menschen vergleichsweise hoch.

Ein Hauptgrund dafür ist die Diabetesrate in Indien - eine der höchsten weltweit. Viele Patienten bekommen zudem nicht die richtigen Medikamente - oder werden gar nicht als Diabetiker diagnostiziert. Oliver Cornely erläutert: "Ein dauerhaft hoher Blutzuckerspiegel verändert die Schleimhautzellen in den Atemwegen ungünstig, so dass der Pilz dort andocken und zu wachsen beginnen kann."

Pilz womöglich über Luftbefeuchter oder Sauerstofftanks übertragen

Auch Therapien mit Steroiden wie Kortison, bei COVID-19-Erkrankungen eingesetzt, können die Ausbreitung des Pilzes begünstigen. Denn das Medikament verringert die Immunabwehr. Eine ungünstige Verquickung dieser Faktoren hat wahrscheinlich dazu geführt, dass Indien gerade besonders von der Pilzinfektion betroffen ist.

So weist eine jüngst publizierte Studie nach, dass dort 94 Prozent der COVID-19-Patienten, die sich zusätzlich mit dem "Schwarzen Pilz" infiziert haben, zuvor auch an Diabetes litten, so wie die 59-jährige Patientin aus Brasilien.

Einige indische Ärzte vermuten zudem, dass sich der Pilz in den Krankenhäusern über Luftbefeuchter oder Sauerstofftanks, die verunreinigtes Wasser enthielten, verstärkt übertragen hat. Dass die Pilzsporen - wie im Blog behauptet - über kontaminierte Abstrich-Stäbchen von Corona-Tests verbreitet würden, wird nirgends benannt.

Keine Belege für Übertragung bei PCR-Tests

Auch Oliver Cornely hält dies aus mehreren Gründen für höchst unwahrscheinlich: "Die Sporen werden ja mit jedem Atemzug aufgenommen. Da braucht es kein kontaminiertes Wattestäbchen, um sie zu streuen", so der Experte. "Hinzu kommt: Die Infektionen treten in Indien überwiegend in den Nasennebenhöhlen auf. Da kommt man mit einem geraden Stäbchen nur sehr kompliziert hin. Es müsste schon ein spezialgebogenes, ja, hochintelligentes sein."

Cornely erklärt gegenüber der dpa, er kenne auch keinen Fall, in dem die Übertragung dieses speziellen Pilzes durch Material wie Wattestäbchen nachgewiesen und beschrieben worden sei. Der Aufsatz von 2015, der im Blog zitiert wird, belegt den Zusammenhang ebenso wenig.

Tatsächlich, so ist dort zu lesen, wurden schon Spuren von Pilz-DNA in Test-Kits gefunden (der "schwarze Pilz" wird nicht genannt). Jedoch fanden sich diese in den verschiedenen Reagenzien, den Nähr- und Nachweislösungen der Tests, und nicht auf dem Wattestäbchen, mit dem die Patienten intensiv in Berührung kommen. (ff/dpa)

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