Ein 28-Jähriger soll in Wien seinen Gönner heimtückisch getötet und die Leiche in einem Koffer zurückgelassen haben. Vor Gericht räumte er die Tat nun unerwartet ein.

Am Freitag ist am Landesgericht jener 28-Jährige wegen Mordes zu 20 Jahren Haft verurteilt worden, der seinen Wohltäter am 26. Februar 2025 in eine Falle gelockt, erdrosselt und die Leiche "in einer Nacht- und Nebelaktion in einen Koffer gestopft" und auf der Straße abgestellt hatte, wie der Staatsanwalt eingangs der Verhandlung ausführte. Der Angeklagte hatte überraschenderweise ein umfassendes Geständnis abgelegt. Bis zur Hauptverhandlung hatte er die Tat bestritten.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Während der 28-Jährige auf Rechtsmittel verzichtete, gab der Staatsanwalt vorerst keine Erklärung ab.

Mit Geständnis entging Angeklagter Höchststrafe

Bei der Strafbemessung fielen die "heimtückische Begehungsweise" und die "niedrigen Beweggründe" erschwerend ins Gewicht. Der Angeklagte habe "aus reiner Habgier" gehandelt und die Tat "ganz genau geplant", sagte der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. Dennoch entging der 28-Jährige einer lebenslangen Freiheitsstrafe. "Nur aufgrund des Geständnisses konnte gerade noch mit einer 20-jährigen Freiheitsstrafe das Auslangen gefunden werden", betonte der Richter.

"Jedes Wort, das der Staatsanwalt in seiner Anklage sagt, ist richtig", hatte Verteidiger Philipp Wolm eingangs der Verhandlung die nunmehr geständige Verantwortung des Angeklagten avisiert. Das mache seinen Mandanten "nicht sympathischer", aber er habe "den Mut und den Anstand", ein Geständnis abzulegen. "Die Tat ist leider so passiert", stellte Wolm klar.

Die Leiche des zum Tatzeitpunkt 59-jährigen Opfers war zwei Tage nach der Tat von einem Arbeiter in einem Koffer auf der Quellenstraße in Wien-Favoriten gefunden worden. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, den Mann an den Tatort gelockt und dort vorsätzlich getötet zu haben. Der Staatsanwalt sprach von einem "absolut qualvollen Tod". Der Angeklagte - ein österreichischer Staatsbürger mit ägyptischen Wurzeln - habe "heimtückisch" und "perfide" gehandelt.

Opfer war "sehr einsam"

Schulden in Höhe von insgesamt 15.000 Euro sollen das ausschlaggebende Motiv gewesen sein. Der Angeklagte und das Opfer hatten sich im Februar 2023 in einem Hotel in Döbling kennengelernt, wo der 28-Jährige als Rezeptionist arbeitete und der 59-Jährige als Dauergast eingemietet war. "Er war sehr einsam", schilderte ein Bekannter des Opfers als Zeuge. Daher sei der Mann ins Hotel gezogen und habe dort ein, zwei Jahre "nur auf seinem Zimmer verbracht". Später sei er tagelang in der Lobby gesessen und habe dort teilweise auch geschlafen: "Er hat versucht, Kontakte aufzubauen."

Das dürfte der Angeklagte ausgenützt haben, der in dem Hotel zu arbeiten begonnen hatte, nachdem er sein Medizin-Studium geschmissen hatte. Der Rezeptionist und der Dauergast freundeten sich nach außen hin an, jedenfalls dürfte der 59-Jährige diesen Eindruck gehabt haben. Er borgte dem Angeklagten Geld, der den 59-Jährigen vor Gericht nun als "eigenartig" bezeichnete. Auf Frage des vorsitzenden Richters, was darunter zu verstehen sei, erwiderte der 28-Jährige: "Er hat sich die Augenbrauen ausgerissen. Er hatte seine Ticks."

Zunächst wechselten im Juli 2024 10.000 Euro den Besitzer. Eine Rückzahlung war bis Jahresende vereinbart. In weiterer Folge kam es zu zwei weiteren Geldübergaben, wobei der Rezeptionist dem 59-Jährigen vormachte, er benötige das Geld zum Bezahlen eines Detektivs bzw. zur Abwendung eines Exekutionsverfahrens.

Opfer soll auf Schuldschein bestanden haben

Die Rückzahlung war dem 28-Jährigen laut Anklage jedoch nicht möglich, da er auch anderweitig offene Verbindlichkeiten hatte. Ende November bestand der 59-Jährige dann auf der Ausstellung eines Schuldscheins, nachdem er vom 28-Jährigen immer wieder vertröstet wurde, als er das Geld zur Sprache brachte.

Weil ihm das nicht möglich war, war der 28-Jährige laut Anklage "gezwungen, das Problem anderweitig zu lösen". Er mietete kurzzeitig über eine Buchungsplattform eine Wohnung in der Humboldtgasse an, besorgte sich in einem Baumarkt Abfallsäcke der Größe XXL, Kabelbinder und graues Gewebeband und lockte den 59-Jährigen am 26. Februar unter der Vorgabe eines amikalen Treffens in die Wohnung. Dort angelangt, soll er den Mann überwältigt, ihm eine Schlafmaske über die Augen gezogen, mit einem Geschirrtuch und einem Panzertape geknebelt und mit einem Kabelbinder erdrosselt haben.

Angeklagter: "Das hat sich so entwickelt"

"Ich hatte nicht die Absicht, ihn umzubringen. Das hat sich so entwickelt. Das war nicht geplant. Es ist dazu gekommen", erklärte der Angeklagte in seiner Einvernahme. Er habe im Sinn gehabt, dem 59-Jährigen "klaren Wein einzuschenken und falls er mich abweist, ihn zu töten". Im Gespräch in der Wohnung sei man sich "nicht einig" geworden: "Da hab' ich den Kabelbinder genommen."

Recht detailliert schilderte der Angeklagte die Tötungshandlungen. Er habe das Gesicht des Opfers mit einem Geschirrtuch bedeckt: "Ich hab's nicht ausgehalten, ihm ins Gesicht zu schauen." Er habe die Leiche dann wegbringen wollen, "aber der Koffer war zu schwer".

Der Tote war zwei Tage in der Wohnung verblieben, weil der 28-Jährige laut Anklage unschlüssig war, wie er ihn loswerden sollte. Am 28. Februar endete das Mietverhältnis für das Appartement, so dass sich der 28-Jährige schließlich einen Hartschalenkoffer besorgte. Laut Anklage "packte er die Leiche mit gebeugten Hüft- und Kniegelenken kopfüber in den Hartschalenkoffer, nachdem er den Körper zuvor teilweise mit schwarzen Müllsäcken bedeckt hatte".

Auf die Frage des Richters, weshalb er den Toten gefesselt hätte, meinte der Angeklagte: "Damit er kompakt in den Koffer passt. Damit die Hände nicht rausschauen."

Arbeiter sah menschlichen Fuß in nicht ganz verschlossenem Koffer

Den Koffer platzierte der 28-Jährige bei Müllcontainern in der Quellenstraße, nachdem er aus der Wohnung ausgecheckt war. Kurz vor 15.00 Uhr fiel einem mit Entrümpelungsarbeiten beschäftigten Mann das Behältnis auf. Der Koffer war nicht ganz verschlossen, der Arbeiter bemerkte einen menschlichen Fuß und schlug Alarm. Im Zuge umfangreicher Erhebungen des Landeskriminalamts konnte der 28-Jährige als dringend Tatverdächtiger ausgeforscht und am 7. März festgenommen werden.

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Wie sich herausstellte, hatte der Mann mit der Bankomatkarte des Getöteten nicht nur dessen Konto "leer geräumt", wie sich der Staatsanwalt ausdrückte, indem er täglich das maximal mögliche Limit von 3.000 Euro behob. Bis zu seiner Festnahme hatte er sich dadurch um 24.000 Euro bereichert. Zudem hatte er nach dem Verbrechen Verschleierungshandlungen gesetzt, indem er ans Handy des Toten WhatsApp-Nachrichten schickte, mit denen er den Eindruck erweckte, der 59-Jährige sei zu dem Treffen in der Wohnung nicht erschienen. (APA/bearbeitet von skr)