In Portugal wird erneut nach Hinweisen zur vermissten Maddie gesucht – 18 Jahre nach dem Verschwinden des Mädchens. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit.

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Im Fall der vor 18 Jahren verschwundenen Madeleine McCann soll eine weitere Suchaktion in Portugal neue Erkenntnisse bringen. Die am Montag gestartete Suche sei von den deutschen Behörden beantragt worden und werde bis Freitag im Bezirk Lagos im Süden des Landes stattfinden, teilte die portugiesische Kriminalpolizei mit.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig teilte auf Anfrage mit, im Rahmen der Ermittlungen im Fall Maddie fänden "gegenwärtig strafprozessuale Maßnahmen in Portugal" statt.

Maddie McCann
Seit 18 Jahren fehlt von Madeleine McCann jede Spur. (Archivbild) © Luis Forra/LUSA/epa/dpa

Offenbar neue Videos und Bilder

Die Aktion, an der auch deutsche Beamte beteiligt sind, hatte am Montag zunächst mit der Ankunft der Deutschen und der Sichtung des Suchgebiets begonnen, wie die portugiesische Zeitung "Correio da Manha" berichtete. Die Suche im Bezirk Lagos im Süden des Landes, die mit Ermittlungen gegen den deutschen Verdächtigen Christian B. im Zusammenhang stünden, werde bis Freitag andauern. Auslöser seien neu aufgetauchte Videos und Bilder, die den Verdächtigen mit dem Verschwinden des Mädchens in Verbindung brächten, berichtete die Zeitung ohne Nennung weiterer Details.

Die Suche nach möglichen sterblichen Überresten des kleinen Mädchens konzentriert sich auf Praia da Luz, wo Maddie am 3. Mai 2007 verschwunden war, sowie auf Lagos und das Gebiet von Atalaia oberhalb von Rocha Negra. Die Ermittler vermuten, dass Maddie entführt und ermordet wurde. Eine Leiche wurde jedoch nie gefunden.

Bodenradar soll bei Suche helfen

Nach Informationen der Zeitung wollen die deutschen Beamten auch ein Bodenradar einsetzen, mit dem Strukturen im Erdboden sichtbar werden. Christian B. besuchte das Gebiet zur Zeit des Verschwindens des kleinen Mädchens aus einer Ferienanlage. Auch ein Haus, in dem er damals wohnte, solle durchsucht werden, hieß es.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte am Montag mitgeteilt, im Rahmen der Ermittlungen im Fall Maddie fänden "gegenwärtig strafprozessuale Maßnahmen in Portugal" statt. Nähere Informationen zu den Hintergründen würden derzeit nicht herausgegeben.

Fall Maddie McCann
Der Verdächtige Christian B. sitzt derzeit wegen eines anderen Falls eine Haftstrafe in Deutschland ab. (Archivbild) © Moritz Frankenberg/dpa Pool/dpa

Christian B. sitzt zurzeit in Deutschland eine Haftstrafe wegen einer Vergewaltigung in Portugal ab, könnte aber spätestens Anfang 2026 freikommen.

Nach einem Bericht des Fernsehsenders RTL besuchte ein Reporter den 48-Jährigen kürzlich im Gefängnis im niedersächsischen Sehnde. Im Gespräch habe Christian B. sehr gut vorbereitet gewirkt: "Er wusste genau, was er sagen wollte und vor allem, was nicht", sagt der Reporter in dem Beitrag. Zum Fall McCann habe sich der Verdächtige nach Absprache mit seinen Verteidigern nicht äußern wollen.

Warum drängt die Zeit?

Nach derzeitigem Stand ist Christian B. spätestens Anfang 2026 ein freier Mann. Bis September verbüßt er noch die Haftstrafe wegen der Vergewaltigung der US-Amerikanerin. Anschließend muss er laut Staatsanwaltschaft eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zum 6. Januar 2026 absitzen, sollte er nicht 1.446 Euro zahlen.

Im März wurde zudem bekannt, dass B. einen Antrag auf vorzeitige Entlassung aus der Haft gestellt hat. Zuvor war er im Oktober 2024 in einem Prozess um drei Vergewaltigungen und zwei Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch freigesprochen worden. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig.

Was sagt Maddies Familie?

Zum 18. Jahrestag von Maddies Verschwinden betonte ihre Familie Anfang Mai erneut ihre Entschlossenheit, nichts unversucht zu lassen. "Egal, wie nah oder fern sie ist, sie ist weiterhin jeden Tag bei uns, aber ganz besonders an ihrem Ehrentag", zitierte die BBC aus einem Statement der Familie vor Madeleines 22. Geburtstag am 12. Mai.

Eltern von Maddie
Die Eltern von Maddie geben auf der Suche nach ihrer verschwundenen Tochter nicht auf. © picture alliance/empics/John Stillwell

Wann war die letzte Suche am mutmaßlichen Tatort und was hat sie gebracht?

Die letzte Suchaktion im Fall Maddie war vor zwei Jahren ebenfalls auf Bitten der deutschen Behörden erfolgt, denn die portugiesische Justiz hat den Fall schon vor vielen Jahren zu den Akten gelegt. Auf TV-Bildern war damals, im Mai 2023, zu sehen, wie Beamte mit Unterstützung von Spürhunden den Uferbereich des Stausees Arade nahe der Gemeinde Silves durchkämmten. Auch Taucher wurden eingesetzt. Man sammelte Erdbodenproben zur späteren Analyse. Der erhoffte Durchbruch bei den Ermittlungen blieb jedoch aus.

Fall Maddie McCann
Auch 2023 bereiteten sich Suchteams der Polizei auf eine Suche im Süden Portugals vor. (Archivbild) © Joao Matos/AP/dpa

Wie groß sind die Chancen, dass der Fall noch aufgeklärt wird?

Nicht sehr groß – es sei denn, die Ermittler in Deutschland haben neue handfeste Hinweise, über die sie schweigen. Bereits vor der letzten Suche hatten sich die meisten von Medien befragten Experten auf der iberischen Halbinsel sehr skeptisch geäußert. Der portugiesische Kripo-Inspektor André Inácio sagte etwa im Interview von CNN Portugal, es sei nicht sehr wahrscheinlich, dass nach über einem Jahrzehnt etwas Nützliches gefunden werden könne.

Ist den Portugiesen, die auf die Sicherheit ihres Landes stolz sind, eine Aufklärung des Falles noch wichtig?

Fall Maddie McCann
An der Praia da Luz wollen die meisten Menschen nichts mehr vom Fall wissen. (Archivfoto) © Armando Franca/AP/dpa

Schon seit vielen Jahren reagieren die meisten Menschen, die man in Portugal und vor allem an der Algarve auf den Fall Maddie anspricht, achselzuckend bis brüsk. In den ersten Monaten herrschte noch viel Anteilnahme. Einige wenige äußern heute immer noch Mitleid – die meisten wollen aber nichts mehr darüber hören. Der Grund: Man hat sich nicht nur an der Algarve schon bald nach dem Verschwinden des Mädchens von den internationalen Medien ungerecht behandelt, ja stigmatisiert gefühlt.

Die Region lebt vorwiegend vom Tourismus, und negative Geschichten und Ereignisse sind nicht gut fürs Geschäft. Die neue Suche wird in Lagos bei vielen Einheimischen mit Sicherheit keine Freude oder positive Erwartungen auslösen. (dpa/bearbeitet von ms)

Teaserbild: © picture alliance/empics/John Stillwell