Ein starkes Erdbeben hat den Westen Neapels erschüttert – wieder traf es die gefährlichen Phlegräischen Felder. Menschen rannten in Panik auf die Straßen, Schulen und Bahnverkehr wurden unterbrochen. Die Angst vor dem Supervulkan wächst, doch Experten mahnen zur Ruhe.
Die dicht besiedelte Region der süditalienischen Millionenmetropole Neapel ist erneut von einer Reihe Erdbeben erschüttert worden. Das Nationale Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV) berichtete von etwa 20 teils heftigen Erdstößen - bis hin zu einer Stärke von 4,4. Das Epizentrum des Bebens verortete die Messwarte in einer Tiefe von drei Kilometern in den Phlegräischen Feldern, einem sogenannten Supervulkan unterhalb der Stadt.
Besonders betroffen war der Westen von Neapel. In der 77.000-Einwohner-Stadt Pozzuoli rannten Menschen in Angst und Panik auf die Straßen. Abgesehen vom Einsturz einer leerstehenden Ruine gab es nach Angaben von Feuerwehr und Polizei jedoch keine größeren Schäden. Auch Verletzte wurden keine gemeldet. In der Region halten sich derzeit schon viele Urlauber auf, insbesondere auf vorgelagerten Inseln in der Bucht von Neapel wie Capri.
"Die starken Erschütterungen haben die Bevölkerung unweigerlich in Angst und Schrecken versetzt."
Der stärkste Erdstoß wurde nach Angaben des Instituts um 12.07 Uhr registriert. Die Experten sprachen jedoch von einem ganzen Schwarm an Beben davor und danach. Sicherheitshalber wurde der Bahnverkehr für mehrere Stunden eingestellt. Der Unterricht an Schulen und auch in der Universität von Neapel wurde unterbrochen. Der Bürgermeister von Pozzuoli, Gigi Manzoni, empfahl, Ruhe zu bewahren. "Die starken Erschütterungen haben die Bevölkerung unweigerlich in Angst und Schrecken versetzt", sagte er. Die Polizei war mit Patrouillen unterwegs, um die Leute zu beruhigen.
Die vielen Hunderttausend Anwohner sind Erdbeben durchaus gewohnt. Die Campi Flegrei - wörtlich: Brennende Felder - sind ein Gebiet mit hoher vulkanischer Aktivität im Westen der Millionenstadt Neapel. Sie gelten als deutlich gefährlicher als der deutlich bekanntere Vulkan Vesuv, der das Panorama der Großstadt seit Jahrtausenden beherrscht. Insgesamt umfassen sie eine Fläche von etwa 150 Quadratkilometern auf dem Land und auch in der Bucht von Neapel. Befürchtet wird, dass die jetzigen Beben Vorstufe für einen Ausbruch sein könnte.
Mehrere Beben in vergangenen Monaten
In den vergangenen Monaten gab es in der Region schon mehrfach Erdstöße - meist kaum spürbare Erschütterungen, aber auch heftigere Beben als jetzt. Seit elf Jahren gilt für das Gebiet die Alarmstufe Gelb. Allerdings nehmen nicht alle Anwohner die Gefahr wirklich ernst: An Katastrophenschutzübungen beteiligten sich zuletzt nur wenige.
Supervulkane zeichnen sich durch eine besonders große Magmakammer und enorme Gewalt aus. Anders als normale Vulkane explodieren sie regelrecht. Niemand kann jedoch sagen, wann der nächste Ausbruch stattfinden wird.
In der Nähe von Neapel liegt auch der Vulkan Vesuv, dessen Ausbruch vor fast 2000 Jahren die antike Stadt Pompeji unter sich begrub. Heute ist dort eine archäologische Ausgrabungsstätte, die vergangenes Jahr von mehr als vier Millionen Menschen besucht wurde. (dpa/bearbeitet von skr/nap)