Im weltweiten Kampf gegen den Hunger gibt es Erfolge, wenn auch kleine. In Afrika und Westasien hat sich die Lage jedoch verschärft – und die Sorge, dass angesichts der Einschnitte bei der Entwicklungshilfe auf Fortschritte Rückschritte folgen werden, ist groß.

Im vergangenen Jahr haben weltweit rund 673 Millionen Menschen (8,2 Prozent der Weltbevölkerung) an Hunger gelitten – etwa 22 Millionen weniger als im Jahr zuvor. Damit ging die Zahl der von Hunger betroffenen Menschen auf der Welt im dritten Jahr in Folge zurück, wie aus dem aktuellen Welternährungsbericht hervorgeht, den fünf UN-Agenturen in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba vorstellten. Vom Ziel, keinen Hunger mehr auf der Welt zu haben, bleibt die Menschheit jedoch weit entfernt.

Entsprechend der von den Vereinten Nationen genutzten Klassifizierung von Ernährungslagen (IPC – Integrated Food Security Phase Classification) waren 2024 mehr als 35 Millionen Menschen von einem Ernährungsnotstand (Stufe 4 von 5) und fast zwei Millionen von Ernährungsmangel katastrophalen Ausmaßes betroffen (Stufe 5, Hungersnot-ähnliche Zustände).

Hunger bleibt großes Problem in Afrika

Dabei ist der Hunger weltweit sehr ungleich verteilt: Während die Zahl der Hungernden in Lateinamerika, der Karibik und einigen Ländern Asiens deutlich zurückging, war laut dem Bericht jeder fünfte Mensch in afrikanischen Ländern unterernährt. Die Hälfte aller hungernden Menschen lebte auf dem afrikanischen Kontinent, laut Prognosen dürfte der Anteil bis 2030 auf 60 Prozent ansteigen.

Auch in Konfliktregionen außerhalb Afrikas hat sich die Situation verschärft. Beispiel Gaza: Dort drohe eine Massenhungersnot, heißt es in dem Bericht. "Hunger schürt Instabilität und untergräbt den Frieden", warnte UN-Generalsekretär António Guterres am Montag angesichts der katastrophalen Lage im Gazastreifen. "Wir dürfen Hunger niemals als Kriegswaffe akzeptieren".

Neben Kriegen und Konflikten hatten auch die Klimakrise, steigende Lebensmittelpreise und Spekulationen mit Nahrungsmittel große Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit. "Hunger ist nicht unvermeidlich, sondern eine direkte Folge politischer Entscheidungen", erklärte der Geschäftsführer der Hilfsorganisation Aktion gegen den Hunger, Jan Sebastian Friedrich-Rust, mit Blick auf den Welternährungsbericht. Es sei daher unerlässlich, den internationalen Lebensmittelmarkt zu regulieren, um das Recht auf Nahrung zu verwirklichen.

Drittel der Weltbevölkerung kann sich kein gesundes Essen leisten

Etwa 2,3 Milliarden Menschen auf der Welt lebten dem Bericht zufolge 2024 unter mittlerer bis schwerer Nahrungsmittelunsicherheit. Das bedeutet, sie verfügten entweder nicht über ausreichende Nahrungsmittel oder nicht über Nahrungsmittel ausreichender Qualität. Steigende Lebensmittelpreise trugen zudem dazu bei, dass sich viele Menschen manche Lebensmittel nicht leisten konnten – vor allem hochwertige und gesunde. Etwa ein Drittel der Weltbevölkerung habe sich 2024 keine gesunde Ernährung leisten können.

Der Bericht weist auch auf "anhaltende Ungleichheit zwischen Männern und Frauen" hin, wobei sich die Kluft im Vergleich zum Vorjahr vergrößert hatte. Frauen und Kinder litten demnach besonders stark unter Ernährungsunsicherheit. Mehr als 150 Millionen Kinder unter fünf Jahren verzeichneten laut Bericht Wachstumsstörungen infolge von Mangelernährung.

Die einen zu dünn, die anderen zu dick

Nicht nur Hunger gefährdet die Gesundheit der Menschen – auch falsche Ernährung. Dem Bericht zufolge stieg der Anteil der stark übergewichtigen Menschen weltweit von 12,1 Prozent der Erwachsenen im Jahr 2012 auf 15,8 Prozent im Jahr 2022. Der Verbrauch hoch verarbeiteter Lebensmittel – sogenannter Ultra-Processed Foods – habe zugenommen, so der Bericht. Hierzu könnten auch die niedrigeren Preise für diese Lebensmittel beigetragen haben.

Angesichts der drastischen Hilfskürzungen durch die USA und andere Staaten werde zudem befürchtet, dass die Zahl hungernder Menschen 2025 deutlich ansteigt. US-Präsident Donald Trump hatte unmittelbar nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus im Januar per Dekret die US-Auslandshilfen eingefroren und anschließend mehr als 80 Prozent der Programme der Entwicklungshilfebehörde USAID gestrichen.

Empfehlungen der Redaktion

Die US-Kürzungen sind besonders einschneidend, weil die USA international bisher einer der größten Geldgeber für Entwicklungshilfeprojekte waren. Hinzu kommen Kürzungen auch anderer Länder, darunter Deutschland: Der Etat von Entwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan soll in diesem Jahr von 11,2 auf 10,3 Milliarden Euro schrumpfen. Der Sparzwang sei hart, man könne "nicht mehr alles überall machen", sagte sie jüngst im Interview mit unserer Redaktion. Der Kampf gegen Hunger bleibe dennoch ein Schwerpunkt deutscher Entwicklungszusammenarbeit, versicherte sie in einer Stellungnahme zum Welternährungsbericht.

Mathias Mogge, Generalsekretär der Welthungerhilfe sah die Gefahr, dass die rückläufigen Zahlen als Vorwand genutzt werden könnten, um die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit im Bereich Ernährungssicherheit weiter zu kürzen. "Ein riskanter Kurs, denn die erzielten Verbesserungen sind fragil und nicht nachhaltig abgesichert", betonte er. "Gerade jetzt wäre es notwendig, positive Entwicklungen zu konsolidieren und insbesondere in Afrika gegen rückläufige Trends entschieden vorzugehen." (afp/dpa/bearbeitet von mcf)