Rabattpreis oder Mogelpackung? Vier große Lebensmittelhändler in Österreich stehen im Visier des Sozialministeriums. Der Vorwurf: Intransparente Aktionen, die Kunden täuschen könnten.
Das Sozialministerium vermutet Intransparenz bei der Ausschilderung von Rabattpreisen im Lebensmittelhandel und bringt über den Verein für Konsumenteninformation (VKI) Klagen gegen Billa, Spar, Hofer und Lidl ein. Der Vorwurf: Die Konzerne würden ihrer Verpflichtung, bei Ermäßigungen den Niedrigstpreis der letzten 30 Tage auszuweisen, nicht nachkommen. Die genaue Ersparnis sei daher oft unklar. Die Handelsketten gaben sich dazu "mangels Kenntnis" der Klage zunächst bedeckt.
Das Ministerium beruft sich auf das sogenannte Preisauszeichnungsgesetz, das gewährleisten soll, dass Rabattaktionen nicht künstlich aufgebläht und Konsumentinnen und Konsumenten nicht in die Irre geführt werden. Ein Beispiel sind Mehrfachaktionen für ein Produkt innerhalb eines kurzen Zeitfensters: Laut Gesetz muss bei der späteren Aktion der Preis mit jenem des ersten Nachlasses verglichen werden, sofern es sich um den 30-Tage-Tiefstpreis handelt.
Geschieht das nicht und wird in einem solchen Fall ein früherer "Normalpreis" bzw. ein kurzfristig (nach der ersten Rabattaktion) erhöhter Preis als Vergleich herangezogen, könne so - fälschlicherweise - der Eindruck einer deutlichen Einsparung entstehen. Außerdem dürfte in anderen Fällen im Ergebnis überhaupt nicht mit Rabatten geworben werden, da diese ohne Angabe des richtigen 30-Tage-Tiefstpreises nicht "echt" seien, kritisiert das Sozialministerium. Genau solche Vorgänge seien aber bei einigen Lebensmittelketten durchaus gängige Praxis.
Schumann pocht auf "klare und faire Spielregeln"
Mit den Klagen, die auf Unterlassung zielen, will Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) "klare und faire Spielregeln" schaffen: Preisaktionen müssten "für alle nachvollziehbar und fair" sein, betont sie in einer Mitteilung, zumal "die Menschen seit Jahren stark durch hohe Preise belastet" seien und beim Lebensmitteleinkauf daher jeder Euro zähle. Sie stößt damit in dasselbe Horn wie ihr Parteikollege, Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ), der unlängst eine Debatte über hohe Lebensmittelpreise bzw. mögliche Eingriffe in die Preise in Österreich angestoßen hat. Für SPÖ-Chef und Vizekanzler Andreas Babler sind Markteingriffe denkbar, wie er am Mittwoch im APA-Gespräch sagte.
Tatsächlich dürfte es sich für viele Österreicher um eine sensible Angelegenheit handeln, sehen sich diese doch nach wie vor mit einer relativ starken Teuerung im Lebensmittelbereich konfrontiert und gilt der Aktionsanteil im Lebensmittelhandel hierzulande im EU-Vergleich doch als besonders hoch. In Österreich wird der Lebensmittelmarkt zu nahezu 90 Prozent von großen Ketten - darunter jene, gegen die der VKI bzw. das Sozialministerium nun vorgeht - dominiert.
Lebensmittelketten: Kennen Inhalt der Klage nicht
Von Spar, der Billa-Mutter Rewe, Lidl und Hofer hieß es zu den Vorwürfen auf APA-Anfrage unisono, dass man den Inhalt der Klage noch nicht kenne und daher keinen Kommentar abgeben könne. Ähnlich Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will im Ö1-"Morgenjournal": "Die Regularien und Gesetze zur Preisauszeichnung sind in kaum einem Land so streng wie in Österreich, und unsere Lebensmittelhändler halten sich daran. Wir können die Klage noch nicht kommentieren, weil sie den vier betroffenen Händlern leider noch gar nicht zugestellt wurde."
Die Grünen begrüßten die Klage in einer Aussendung. Damit werde aber nur ein Teilproblem gelöst, die Regierung müsse nun insgesamt etwas gegen hohe Preise tun - auch im Energiebereich. Unterstützung für das Vorgehen des Sozialministeriums kam zudem vom Gewerkschaftsbund (ÖGB).
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Handelsexpertin rät zu genauen Preisvergleichen
WU-Handelsexpertin Cordula Cerha riet Konsumentinnen und Konsumenten im ORF-Radio grundsätzlich dazu, bei Rabattaktionen "genau hinzuschauen". Empfehlenswert sei, Kilopreise zu vergleichen und sich von "besonders stark gekennzeichneter und auffälliger Werbung" nicht ablenken zu lassen. Grundsätzlich sei das Ziel von Rabatten, Umsätze positiv zu beeinflussen, indem Konsumenten "in die Filiale gebracht werden", so Cerha im "Mittagsjournal". "Dann geht es darum, dass sie nicht nur den rabattierten Artikel kaufen, sondern ihren gesamten Einkaufswagen füllen." Der Handel würde den Nachlass mit der Preisgestaltung anderer Artikel in der Regel wieder ausgleichen, erklärte die Expertin. Für die Handelsketten gehe es aber auch darum, sich im Wettbewerb zu behaupten. (APA/bearbeitet von skr)