Tränengas, Polizeiblockaden und ein umstrittener Verwalter: Die Proteste vor der Istanbuler Zentrale der größten Oppositionspartei CHP in der Türkei eskalieren. Was steckt dahinter?

Vor der Istanbuler Zentrale der größten Oppositionspartei CHP ist es zu chaotischen Zuständen gekommen. Die Polizei verschaffte einem umstrittenen Verwalter unter dem Einsatz von Tränengas Zugang zu dem Gebäude, wie auf Aufnahmen zu sehen war. Bei einem Gerangel flogen Plastikstühle durch die Luft.

Seit Sonntagabend blockieren die Behörden den Zugang zum CHP-Parteigebäude in Istanbul. Zahlreiche Abgeordnete und Parteimitglieder hatten sich zuvor in dem Gebäude verschanzt. Die CHP wollte verhindern, dass der Verwalter und sein Team heute die Geschäfte in der Istanbuler Provinzzentrale übernehmen.

Hintergrund ist die Absetzung des Istanbuler CHP-Vorstands in der vergangenen Woche. Ein Gericht hatte den Provinzvorsitzenden Özgür Celik und weitere Politiker wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten beim Istanbuler Parteikongress 2023 abgesetzt. Eingesetzt wurde der ehemalige CHP-Abgeordnete Gürsel Tekin, der mit Parteichef Özgür Özel und dessen Parteiführung über Kreuz liegt. Tekin verteidigte das Vorgehen des Gerichts und sagte, er sei unparteiisch und nicht Teil des Problems. Er übernahm am Nachmittag offiziell die Parteigeschäfte in Istanbul.

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Erdogan-Rivale im Gefängnis

Es ist nicht das erste Mal, dass Präsident Recep Tayyip Erdogan die Behörden gegen seine politischen Gegner einsetzt. Die CHP steht seit Monaten unter Druck und sieht sich als Opfer einer politisch motivierten Kampagne der Regierung unter Erdogan. Özel hatte den langjährigen und erfolglosen ehemaligen CHP-Parteichef Kemal Kilicdaroglu vor zwei Jahren an der Spitze abgelöst.

Bei der Kommunalwahl im März vergangenen Jahres fuhr die CHP einen überraschenden Erfolg ein und gewann die meisten Bürgermeisterämter im Land für sich. Seitdem wurden zahlreiche oppositionelle Bürgermeister im Zuge von Korruptionsermittlungen verhaftet, darunter der Istanbuler Bürgermeister und Erdogan-Rivale Ekrem Imamoglu. In einem Verfahren am 15. September droht auch Parteichef Özel die Absetzung. Die Regierung weist Einflussnahme auf die Justiz zurück. (dpa/bearbeitet von fah)

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