50 Geiseln sollen sich noch im Gazastreifen befinden. Ihr Angehörigen verschafften sich jetzt bei einer Demonstration in Tel Aviv Luft. Der Zustand der noch lebenden Geiseln soll desolat sein.
Angehörige israelischer Geiseln im Gazastreifen haben sich hinter einer Stacheldrahtinstallation in Tel Aviv versammelt, um an das Schicksal ihrer Liebsten zu erinnern. "Unsere Kinder erleben einen Holocaust. Sie werden nicht mehr lange überleben", sagte Einav Zangauker, die Mutter eines entführten Mannes mit amerikanischer und israelischer Staatsangehörigkeit. Es sei an der Zeit, "das Einzige zu tun, was alle Geiseln zurückbringen kann – ein umfassendes Abkommen auf den Tisch zu legen, das den Krieg beendet."
Video von zwei Geiseln aufgetaucht
In den vergangenen Tagen hatten die Hamas und andere islamistische Organisationen im Gazastreifen Videos von zwei Geiseln veröffentlicht. Die Angehörigen hatten nicht die Genehmigung zur Verbreitung der Videos gegeben, allerdings in einem Fall Standbilder erlaubt. Die Aufnahmen abgemagerter Geiseln in einem Tunnel hatten viele Israelis schockiert und an die Bilder befreiter Häftlinge der deutschen Konzentrationslager im Zweiten Weltkrieg erinnert.
Mit der Stacheldraht-Aktion in Tel Aviv mahnten die Angehörigen: "Nie wieder ist jetzt." "Ich habe das Wort Holocaust bisher vermieden, weil ich die Tochter eines Holocaust-Überlebenden bin", sagte Anat Angrest, Mutter eines verschleppten Soldaten, einer Mitteilung des Forums der Geiselfamilien zufolge. Nun aber stehe sie zwischen Stacheldrahtzäunen, weil ihr Sohn Matan einen zweiten Holocaust erlebe.
Das Video seines Cousins sei in seinen Alpträumen, sagte der Cousin von Rom Braslavski, dessen Video die Hamas und die Terrorgruppe Palästinensischer Islamischer Dschihad vor wenigen Tagen veröffentlicht hatte. "Wo ist die humanitäre Hilfe für die Geiseln seit fast zwei Jahren?"
"Holt die lebenden Geiseln raus, bevor sie in meine Lage kommen", forderte Jael Adar, die Mutter einer toten Geisel. "Als ich die Videos sah, stockte mir der Atem. Nur Haut und Knochen, und mein Sohn bekommt nicht einmal das Recht auf eine Beerdigung."
US-Gesandter Witkoff trifft auf Geiselfamilien in Tel Aviv
Während der Demonstration in Tel Aviv traf der US-Sondergesandte Steve Witkoff mit Angehörigen der festgehaltenen Geiseln zusammen. Dabei machte er Hoffnungen auf ein baldiges Ende des Wartens. "Wir stehen kurz vor dem Ende dieses Krieges", sagte er einer Mitteilung des Forums der Geiselfamilien zufolge. "Wir haben einen Plan, den Krieg zu beenden und alle nach Hause zu bringen." Das Treffen dauerte den Angaben zufolge drei Stunden.
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"Wir werden Ihre Kinder nach Hause bringen und die Hamas für alle ihre Missetaten zur Verantwortung ziehen. Wir werden das Richtige für die Bevölkerung von Gaza tun", sagte Witkoff der Mitteilung zufolge. "Wir wissen, wer noch lebt, und jemand wird die Schuld tragen, wenn er nicht lebend freikommt." Für US-Präsident Donald Trump sei die Freilassung aller Geiseln eine "heilige Mission".
Nach offiziellen israelischen Angaben befinden sich noch 50 Geiseln im Gazastreifen, von denen mindestens 20 am Leben sein sollen. Die Hamas und andere Islamisten hatten am 7. Oktober 2023 mehr als 250 Menschen aus Israel verschleppt und rund 1.200 Menschen getötet. Während der bald 22 Kriegsmonate sind nach palästinensischen Angaben mehr als 60.000 Menschen im Gazastreifen getötet worden. (dpa/bearbeitet von the)