Die Hamas zeigt sich zu einem Abkommen bereit, doch Israels Regierung bleibt skeptisch. Die Mehrheit der Israelis spricht sich währenddessen für einen Geisel-Deal aus und auch der Druck der Angehörigen steigt.

Nach der Zustimmung der islamistischen Hamas zu einem umfassenden Waffenruhe-Abkommen haben Angehörige der israelischen Geiseln eine sofortige Rückkehr zu Verhandlungen gefordert. "Wir rufen Regierungschef (Benjamin) Netanjahu, die US-Regierung und die Vermittler dazu auf, die Verhandlungsteams sofort einzuberufen und sie so lange am Verhandlungstisch sitzen zu lassen, bis ein Abkommen erzielt ist", hieß es in einer Mitteilung des Forums der Angehörigen.

"Ganz Israel sehnt sich nach einer Sache: der Umsetzung des Witkoff-Vorschlags im Rahmen einer umfassenden Vereinbarung, die alle 48 Geiseln nach Hause bringt und diesen Krieg beendet", lautete die Mitteilung weiter.

Der Vorschlag des US-Sondergesandten Steve Witkoff sah eine 60-tägige Waffenruhe vor, während der zunächst zehn lebende Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge freikommen. Netanjahu beharrt jedoch inzwischen auf einem umfassenden Deal, bei dem alle Geiseln auf einen Schlag freigelassen werden, und nicht wie bei früheren Vereinbarungen nur nach und nach in mehreren Gruppen. Zudem pocht er auf eine Kapitulation und Entwaffnung der Hamas – was diese strikt ablehnt.

Ob die Islamisten bereit wären, alle verbliebenen Geiseln auf einmal freizulassen, blieb nach den letzten öffentlichen Äußerungen unklar. Weiterer Streitpunkt: Israel will die Sicherheitskontrolle im Gazastreifen behalten, während die Hamas den kompletten Abzug der israelischen Truppen fordert.

"Dies sind schicksalhafte Tage – für die Geiseln, deren Zeit abläuft, für die Familien und für ganz Israel", mahnten die Geisel-Angehörigen. "Geht auf die Straßen, steht an unserer Seite und ruft nach der Rückkehr aller Geiseln und nach einem Ende des Krieges."

Mehrheit der Israelis laut Umfrage für Geisel-Deal und Kriegsende

Laut einer aktuellen Umfrage des Israel Democracy Institute, über die der "Spiegel" berichtet, sprechen sich währenddessen 64,5 Prozent der Befragten für einen Deal aus. Rahmenbedingungen für die Zustimmungswerte seien, dass der Deal das Ende des Gazakriegs, die Freilassung aller Geiseln und den Abzug des israelischen Militärs aus dem Gazastreifen umfasse.

Für die Erhebung zwischen dem 24. und 28. August seien 600 jüdische und 150 arabische Bewohner Israels befragt worden. Eine Gruppe, die wohl repräsentativ für die israelische Bevölkerung steht. Mehr als die Hälfte der Befragten war zudem davon überzeugt, dass Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und sein Kabinett nicht genügend Anstrengungen unternehmen, um die Geiseln nach Hause zu bringen.

Nicht ganz die Hälfte der Befragten (49 Prozent) lehnt zudem die Pläne des israelischen Kabinetts, die Einsätze in Gaza auszuweiten und das Gebiet zu besetzen, ab. Auffällig: Unter den befragten Menschen jüdischen Glaubens lehnen 42,5 Prozent die Pläne ab. Unter den arabischen Befragten sprachen sich hingegen 81,5 Prozent dagegen aus. Ausgeweitete Einsätze in Gaza befürworten würden der Umfrage zufolge 42 Prozent der Befragten.

Die Hamas hatte am Mittwoch in einer Mitteilung erklärt, sie warte weiterhin auf eine Antwort Israels auf den Vorschlag der internationalen Vermittler für eine Waffenruhe. Man sei bereit zu einem "umfassenden Abkommen" mit Freilassung aller Geiseln im Austausch gegen palästinensische Häftlinge.

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In einer Stellungnahme des Büros von Netanjahu hieß es jedoch, bei der Mitteilung der Hamas handele es sich um nichts weiter als eine "weitere Manipulation" der Terrororganisation. Sie enthalte nichts Neues. Israels Armee bereitet sich auf eine Einnahme der Stadt Gaza vor, in der sich nach Schätzungen rund eine Million Menschen aufhalten.(dpa/ bearbeitet von ras)

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