Israel setzt im Gazastreifen und im Westjordanland weiter auf Konfrontation. US-Außenminister Rubio ist deshalb nach Tel Aviv gereist, um mit Ministerpräsident Netanjahu zu sprechen. Die USA waren nicht glücklich über den Angriff auf Katar.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat die Tötung der Hamas-Führungsriege als Voraussetzung für eine Beendigung des Kriegs im Gazastreifen bezeichnet. "Sie loszuwerden, würde das Haupthindernis für die Freilassung all unserer Geiseln und die Beendigung des Krieges beseitigen", erklärte Netanjahu am Samstag. Israels hatte kürzlich Luftangriffe auf Hamas-Anführer in Katar geflogen. Dies stieß international auf Kritik, auch US-Präsident Donald Trump äußerte seinen Unmut. Dessen Außenminister Marco Rubio wird am Sonntag zu einem Besuch in Israel erwartet.

Ende des Gaza-Kriegs geht nur einher mit Tod der Hamas-Chefs

"Die in Katar lebenden Hamas-Terroristenchefs kümmern sich nicht um die Menschen in Gaza", erklärte Netanjahu im Onlinedienst X. "Sie haben alle Versuche einer Waffenruhe blockiert, um den Krieg endlos in die Länge zu ziehen." Die israelische Armee hatte am Dienstag Luftangriffe auf Ziele in Katars Hauptstadt Doha geflogen, die sich nach Armeeangaben gegen die Führungsebene der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas richteten.

Das Forum der Geisel-Familien kritisierte das Vorgehen der Regierung am Samstag scharf. Der Angriff in Katar habe "zweifelsfrei bewiesen, dass es ein Hindernis für die Rückkehr der Geiseln und die Beendigung des Krieges gibt: Ministerpräsident Netanjahu", erklärte die Initiative. "Jedes Mal, wenn sich eine Einigung abzeichnet, wird sie von Netanjahu sabotiert."

Auch die USA hatten Kritik an den israelischen Luftangriffen in Katar geäußert. Nach Angaben von US-Außenminister Rubio hat dies aber keine Auswirkungen auf das enge Verhältnis zu Israel. "Das wird die Art unserer Beziehung zu den Israelis nicht ändern", sagte er am Samstag vor seinem Abflug nach Israel. Es müsse aber darüber gesprochen werden, welche Folgen der Angriff auf die diplomatischen Bemühungen um eine Beendigung des Kriegs im Gazastreifen habe.

"Natürlich waren wir darüber nicht glücklich, der Präsident war darüber nicht glücklich", fügte Rubio hinzu. Trump hatte gesagt, er sei "äußerst betrübt über den Ort des Angriffs" und bezeichnete Katar als "starken Verbündeten und Freund der Vereinigten Staaten".

Rubio in Israel gelandet – Treffen mit Netanjahu steht an

Inzwischen ist Rubio in Israel eingetroffen. Seine Maschine landete am Sonntagmorgen auf Tel Avivs Ben-Gurion-Flughafen. Netanjahu will am Sonntag mit Rubio die Klagemauer in Jerusalem besuchen, wie Netanjahus Büro mitteilte. Laut State Department will Rubio Israel trotz dessen Angriffen in Katar die anhaltende Unterstützung der Vereinigten Staaten zusichern, bevor in gut einer Woche mehrere Länder im Rahmen der UN-Generaldebatte in New York einen Palästinenserstaat anerkennen wollen.

Weiteres Thema bei Rubios Gesprächen in Israel dürfte einem Bericht der US-Nachrichtenseite "Axios" zufolge die Möglichkeit einer israelischen Annexion von Teilen des Westjordanlands sein. Dies gilt als Reaktion auf die in diesem Monat geplante Anerkennung eines Staates Palästina.

Netanjahu hatte am Donnerstag eine Vereinbarung unterzeichnet, um die Bebauung eines strategisch wichtigen Gebiets im Westjordanland voranzubringen. Er sagte, es werde keinen palästinensischen Staat geben. Rubio sagte vor seinem Abflug nach Israel, er habe viele Länder weltweit davor gewarnt, dass genau das passieren könnte, falls sie mit ihrem Vorhaben zur Anerkennung eines Staates Palästina fortfahren. Er sei sich sicher, dass das Thema bei seinen Treffen mit dem Verbündeten zur Sprache kommen wird.

Die israelische Regierung lehnt eine Zweistaatenlösung mit der Begründung ab, sie gefährde die Existenz Israels. Die Anerkennung eines Staates Palästina käme aus Sicht Israels zudem einer "Belohnung für die Hamas" nach dem Massaker vom 7. Oktober 2023 in Israel gleich. Die Terrororganisation hat sich die Zerstörung Israels und die Einrichtung eines islamischen Staates auf dem gesamten Gebiet des historischen Palästinas auf die Fahne geschrieben.

Arabische Länder ringen um richtigen Umgang mit Israel

Netanjahus rechtsreligiöse Regierung treibt den Siedlungsausbau im Westjordanland und in Ost-Jerusalem stetig voran. Die Gebiete, in denen mehr als 700.000 Siedler neben rund drei Millionen Palästinensern leben, wurden von Israel im Sechstagekrieg 1967 erobert. Die Palästinenser beanspruchen sie ebenso wie den Gazastreifen für einen eigenen Staat. Durch die fortschreitende Besiedlung bliebe davon jedoch schon heute nur ein "Flickenteppich" übrig.

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) warnten Israel kürzlich eindringlich vor einer möglichen Annexion großer Teile des Westjordanlands. Solche Schritte würden die Chancen auf Frieden in der Region zunichtemachen und den Geist der mit Israel geschlossenen Abraham-Abkommen verraten, hieß es. Die Emirate waren 2020 der erste Golfstaat, der mit Israel diplomatische Beziehungen aufnahm. Grundlage dafür waren die von den USA vermittelten sogenannten Abraham-Abkommen, die auch Bahrain unterzeichnete.

Israels Regierungschef Netanjahu habe noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob er eine Annexion anstrebe, berichtete "Axios". Er wolle beim Treffen mit Rubio erfahren, ob US-Präsident Trump einen solchen Schritt unterstützen würde, zitierte die Nachrichtenseite einen israelischen Beamten.

Zudem soll es bei einem von Katar geplanten Sondergipfel mit fast 60 arabischen und islamischen Staaten am heutigen Sonntag und Montag um die Suche nach einer gemeinsamen Haltung gegenüber Israel gehen. Vor dem Treffen der Monarchen, Staats- und Regierungschefs soll es heute in Doha zunächst ein vorbereitendes Gipfeltreffen auf der Ebene der Außenminister geben.

32 Tote nach Angriffen im Gazastreifen

Israel setzte derweil seinen Militäreinsatz im Gazastreifen fort. Nach Angaben des Hamas-Zivilschutzes wurden bei israelischen Angriffen am Samstag 32 Menschen getötet. Aufgrund der massiven Einschränkungen für Medien in dem Palästinensergebiet lassen sich die Angaben nicht unabhängig überprüfen.

Israel hatte in den vergangenen Tagen seine Offensive zur Einnahme der Stadt Gaza ausgeweitet. Nach Armeeangaben flohen seitdem mehr als 250.000 Menschen in andere Teile des Gazastreifens. Der von der Hamas kontrollierte Zivilschutz erklärte hingegen, nur rund 68.000 Einwohnern sei es gelungen, die Stadt zu verlassen. Nach UN-Schätzungen hatten sich in der Stadt Gaza und Umgebung zuletzt noch rund eine Million Menschen aufgehalten. Die Stadt ist nach Angaben Israels eine der letzten Hochburgen der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen.

Am Samstag warf die israelische Armee Flugblätter ab, in denen die Bewohner der westlichen Stadtteile Gazas zum Verlassen der Gebiete aufgefordert wurden. Die israelische Armee gehe mit "sehr großer Härte" in dem Gebiet vor und sei entschlossen, "die Hamas zu zerschlagen und zu besiegen", hieß es in der Botschaft an die palästinensischen Bewohner. Die Menschen wurden darin aufgefordert, sich über die Al-Raschid-Straße an der Küste in Gebiete südlich der Stadt Gaza in Sicherheit zu bringen.

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International wird die Ausweitung der israelischen Offensive in Gaza scharf kritisiert. Die UNO, die in Teilen des Gazastreifens eine Hungersnot festgestellt hat, befürchtet eine Verschlimmerung der katastrophalen humanitären Lage. (afp/dpa/bearbeitet von the)