Großer Jubel in Israel: Mehr als zwei Jahre nach dem Massaker sind auch die letzten 20 Verschleppten frei, die noch am Leben sind. Derweil kehren hunderttausende Palästinenser in zerstörte Gebiete zurück. Wie es nun weitergehen soll.

Alle überlebenden Geiseln sind frei, die Waffenruhe hält, ein Friedensplan steht: Nach mehr als zwei Jahren Krieg mit Zehntausenden Toten und weitgehender Zerstörung im Gazastreifen hofft die Welt auf einen dauerhaften Frieden. Währenddessen kehren in Gaza nach der Waffenruhe hunderttausende Palästinenser in zerstörte Gebiete zurück. Viele von ihnen reagieren schockiert auf das Ausmaß der Zerstörungen, wie die Tagesschau berichtet. Wie es nun im Nahen Osten laut dem Friedensplan von US-Präsident Donald Trump weitergehen soll:

Ungewisser Zeitpunkt für die Übergabe toter Geiseln

Über den Zeitpunkt der Übergabe der 28 toten Geiseln aus dem Gazastreifen an Israel herrscht weiter Ungewissheit. Laut der israelischen Regierung wurde ein internationales Gremium eingerichtet, um die sterblichen Überreste der Geiseln im Gazastreifen ausfindig zu machen, die am Montag nicht übergeben werden sollten.

Insgesamt waren bis Sonntag nach israelischen Informationen noch 48 Geiseln in der Gewalt der Hamas gewesen, 20 lebende Geiseln kamen nun frei. Nach Angaben von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sind 27 Geiseln tot, die beim Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 verschleppt worden waren. Eine weitere Geisel, die bereits Jahre zuvor verschleppt wurde, ist ebenfalls tot.

Trump plant Entwaffnung der Hamas

Ein zentraler Punkt in Trumps Friedensplan betrifft die Entwaffnung und Entmachtung der Hamas. Er sieht vor, dass die Hamas ihre Waffen abgibt, um erneute Massaker wie das vom 7. Oktober auszuschließen.

Die Hamas lehnt jedoch ihre Entwaffnung strikt ab. Ein namentlich nicht genannter Hamas-Vertreter sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass eine Entwaffnung der Hamas "ausgeschlossen" sei. Am Sonntag erklärte der hochrangige Vertreter Hossam Badran gegenüber AFP, die zweite Phase des US-Plans sei "mit vielen Komplexitäten und Schwierigkeiten verbunden".

Die Entwaffnung der Hamas ist gemäß Trumps 20-Punkte-Plan auch eine wichtige Voraussetzung für eine Übergangsregierung für den Gazastreifen. Demzufolge soll die militärische Infrastruktur der Hamas "zerstört und nicht wieder aufgebaut" werden.

Hamas will sich an Übergangsphase nicht beteiligen

Die Hamas will nach Angaben aus Verhandlerkreisen auf eine führende Rolle bei der künftigen Verwaltung des Gazastreifens verzichten. Das "Regieren im Gazastreifen" stehe für die islamistische Palästinenserorganisation "nicht mehr zur Debatte", hieß es gegenüber der Nachrichtenagentur AFP am Sonntag aus Hamas-Verhandlerkreisen. Die Hamas werde sich "gar nicht an der Übergangsphase beteiligen", sagte ein namentlich nicht genannter Hamas-Vertreter.

Dies bedeutet nach seinen Worten, dass die Hamas "die Kontrolle über den Gazastreifen abgegeben hat". "Aber sie bleibt ein grundlegender Bestandteil der palästinensischen Struktur", fügte er hinzu.

Gemäß Trumps Plan würde ein technokratisches und unpolitisches palästinensisches Übergangskomitee mit der täglichen Verwaltung beauftragt werden. Aus dem Umfeld der Verhandlungsführer hieß es zuletzt dazu, diese hätten den Vermittler Ägypten um die Einberufung eines Treffens gebeten, um sich über die Zusammensetzung dieses Komitees zu einigen.

Demnach sind die "Namen fast fertig". Die Hamas habe "zusammen mit den anderen Fraktionen 40 Namen vorgelegt". Es gebe "absolut kein Veto gegen diese Namen, und keiner von ihnen gehört zur Hamas".

Friedensrat soll zur Überwachung der Region gegründet werden

Ein "Friedensrat" unter Trumps Leitung und mit Beteiligung des früheren britischen Premierministers Tony Blair sowie weiterer Staats- und Regierungschefs soll die Expertenregierung für den Gazastreifen demnach überwachen und beaufsichtigen – diesen Vorschlag lehnte der hochrangige Hamas-Vertreter Osama Hamdan im katarischen Fernsehen ab.

Schrittweiser Abzug der israelischen Armee

Die Einigung sieht nach Angaben der Hamas auch einen schrittweisen israelischen Truppenrückzug vor. Erst wenn die Entmilitarisierung des Gazastreifens abgeschlossen ist, soll sich die israelische Armee dem Trump-Plan zufolge vollständig aus dem Palästinensergebiet zurückziehen.

Die israelische Armee, die drei Viertel des Gazastreifens kontrolliert, zog sich nach der Einigung auf die Waffenruhe wie vereinbart aus mehreren Bereichen bis zu einer vereinbarten "gelben Linie" zurück - was die Voraussetzung für die Freilassung der Geiseln war.

Hilfslieferungen laufen direkt nach Waffenruhe-Einigung an

Die in der Übereinkunft vereinbarten Hilfslieferungen in den Gazastreifen liefen unmittelbar nach der Waffenruhe-Einigung an: Bereits am Donnerstag hatten sich nach Angaben der Hilfsorganisation Ägyptischer Roter Halbmond mehr als 150 Lastwagen auf den Weg gemacht. Hamas-Angaben zufolge war die Ankunft von täglich mindestens 400 Lastwagen mit Hilfsgütern in den ersten fünf Tagen nach Waffenstillstand vereinbart worden.

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In den folgenden Tagen solle diese Zahl noch erhöht werden. Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA hat nach eigenen Angaben ausreichend Vorräte, um die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens "in den nächsten drei Monaten mit Nahrungsmitteln zu versorgen". Nach Angaben der Hamas war auch die "sofortige" Rückkehr von Vertriebenen aus dem Süden des Gazastreifens in die Stadt Gaza und in den Norden vorgesehen.

Palästinenser freuen sich auf Rückkehr nach Gaza-Stadt

Aus dem Flüchtlingslager Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens beobachten zahlreiche Palästinenser die Lage in Gaza-Stadt, das weiter im Norden liegt. Sie sehnen sich nach einer Rückkehr in ihre Heimat – selbst wenn diese in Trümmern liegt.

Wiederaufbau-Konferenz und humanitäre Hilfe

Die Bundesregierung will gemeinsam mit Ägypten zu einer internationalen Wiederaufbaukonferenz für den Gazastreifen einladen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kündigte an, die Bundesregierung werde für humanitäre Soforthilfe zunächst 29 Millionen Euro bereitstellen. In Bezug auf die humanitäre Versorgung der Zivilbevölkerung und den Wiederaufbau des Palästinensergebiets stünden er und Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) in engem Austausch mit den Partnern. (afp/dpa/ bearbeitet durch ras)