Mit einem offenen Brief wollen österreichische und internationale NGOs die "Gefährder-Überwachung" verhindern. Es sei ein "historischer Rückschritt für die allgemeine Sicherheit". In anderen Ländern habe es bereits zur Folge gehabt, dass Krankenhäuser, Züge und Mobilfunknetze lahmgelegt wurden.
Mit einem offenen Brief an alle Nationalratsabgeordneten wollen einige österreichische und internationale NGOs die "Gefährder-Überwachung" verhindern. Das Gesetz soll beim Nationalratskehraus von Mittwoch bis Freitag beschlossen werden. Die über 40 Unterzeichner - neben Datenschutz-Organisationen wie epicenter.works auch Greenpeace und die Katholische Aktion - appellieren, gegen das Gesetz zu stimmen. Es sei ein "historischer Rückschritt für die allgemeine Sicherheit".
Kritisiert wird in dem Schreiben insbesondere die fehlende unabhängige Kontrolle, da sich nach dem aktuellen Entwurf das Innenministerium "selbst kontrollieren" würde. Zudem sei eine gezielte Überwachung von Messenger-Diensten technisch nicht möglich, ohne das gesamte Gerät anzugreifen. Dadurch "wird der Staat selbst zum Hacker, Sicherheitslücken blieben absichtlich offen - mit Folgen für alle Nutzer:innen, von kritischen Infrastrukturen bis hin zu Privathaushalten." In anderen Ländern habe das bereits zur Folge gehabt, dass Krankenhäuser, Züge und Mobilfunknetze lahmgelegt wurden.
Besonders bedroht seien zudem Journalisten, Aktivistinnen, Wissenschafterinnen und oppositionelle Kräfte. In Spanien überwachte der Geheimdienst etwa mithilfe der Spionagesoftware "Pegasus" die Mobiltelefone von katalanischen Unabhängigkeitsbefürwortern, Journalistinnen, Aktivisten und sogar Regierungsmitgliedern. In Griechenland wurden im sogenannten "Predatorgate"-Skandal Politiker und Journalisten systematisch überwacht. In Polen kam "Pegasus" gegen fast 600 Personen zum Einsatz, darunter Oppositionelle und Juristen. "Diese Vorfälle stehen exemplarisch dafür, wie schnell der Einsatz solcher Überwachungstechnologien demokratische Strukturen untergräbt", heißt es in dem Brief.
Abstimmungsverhalten unklar
Die Messenger-Überwachung schaffte es als Forderung der ÖVP ins Regierungsprogramm. Nach koalitionären Unstimmigkeiten ob der Verfassungstauglichkeit - insbesondere die NEOS hegten Zweifel - einigte man sich letztlich doch auf einen Gesetzesentwurf. Noch offen ist, ob die Regierungsparteien diesen im Nationalrat geschlossen abnicken - kündigten doch die NEOS-Mandatare Stephanie Krisper und Nikolaus Scherak an, dagegen votieren zu wollen. Mit dem Brief, unterzeichnet von Organisationen u. a. aus der Türkei, den USA und der Ukraine, erhoffen sich die NGOs, weitere der 183 Abgeordneten für ihre Sache zu gewinnen. (apa/bearbeitet von nap)