Russland nutzt gezielt Minderjährige für Sabotageakte in der Ukraine. Recherchen zeigen, wie über soziale Medien mit Geldversprechen junge Menschen für Brandstiftungen angeworben werden.
Russland setzt im Krieg gegen die Ukraine auf eine besonders perfide Taktik: Gezielt werden ukrainische Jugendliche für Sabotageakte angeworben. Das ging bereits im März dieses Jahres aus einem Bericht des UN-Menschenrechtsbüros hervor.
Die Rekrutierung folgt einem klaren Muster, wie aus einer Recherche der "Tagesschau" nun hervorgeht: Über soziale Medien und Messengerdienste wie Telegram werden junge Ukrainer kontaktiert und mit hohen Geldbeträgen gelockt. "Mindestens 1.000 Dollar, hieß es, könne man für 15 bis 20 Minuten Arbeit verdienen", zitiert die Tagesschau einen Betroffenen.
Die russischen Agenten geben sich dabei oft als Ukrainer aus und behaupten, einer Widerstandsbewegung anzugehören. Nach Angaben der ukrainischen Polizei häufen sich solche Fälle. Allein im ersten Halbjahr wurden 128 Fälle von Brandstiftungen an Autos von Armeeangehörigen registriert. Die Sabotageakte richten sich gezielt gegen militärische Einrichtungen, Fahrzeuge von Armeeangehörigen und Bahnanlagen. Die Minderjährigen werden angewiesen, ihre Taten zu filmen und die Videos als Beweis zu schicken.
Propaganda und gesellschaftliche Spaltung als Ziel
Die direkten Auswirkungen der Sabotageakte mögen begrenzt sein, doch die russischen Geheimdienste verfolgen damit weiterreichende Ziele. Das Bildmaterial der brennenden Autos und Einrichtungen wird für Propagandazwecke genutzt. "Es geht darum, die ukrainische Gesellschaft noch mehr zu spalten", erklärt die Investigativjournalistin Walerija Jehoschyna gegenüber der "Tagesschau".
Besonders besorgniserregend: Der jüngste bekannte Jugendliche, der von russischen Geheimdiensten angeworben wurde, war erst zehn Jahre alt, wie es unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft in Charkiw heißt.
Dramatische Kriegsfolgen für Kinder
Der UN-Bericht dokumentiert auch weitere schwerwiegende Folgen des Krieges für Minderjährige. Zwischen Februar 2022 und Dezember 2024 wurden mindestens 669 Kinder getötet und 1.833 verletzt. Die tatsächlichen Zahlen dürften deutlich höher liegen.
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Zudem hat das UN-Menschenrechtsbüro nachgewiesen, dass im ersten Jahr nach Kriegsbeginn mindestens 200 Minderjährige nach Russland verschleppt wurden. In den besetzten Gebieten sind ukrainische Kinder russischer Kriegspropaganda ausgesetzt und werden in Schulen und Jugendgruppen militärisch-patriotisch indoktriniert.
Experten fordern nun verstärkte Aufklärung in ukrainischen Schulen über russische Desinformation, um junge Menschen vor Manipulation zu schützen. "Psychologisch geschickte russische Agenten können mit kleinem Aufwand großen Schaden anrichten", warnt Investigativjournalistin Jehoschyna gegenüber der "Tagesschau". (bearbeitet von lla)