US-Präsident Donald Trump sieht sich mit einer ungewohnten Situation konfrontiert: Seine treuesten Anhänger wenden sich gegen ihn. Zumindest zum Teil. Der Streit um die Veröffentlichung der Epstein-Akten sorgt für tiefe Risse in der MAGA-Bewegung. Trump reagiert mit scharfen Angriffen auf ehemalige Unterstützer – und riskiert damit seine politische Zukunft.
Donald Trump steht im Zentrum eines politischen Feuersturms: Der Skandal um die nicht veröffentlichten Epstein-Akten bringt selbst seine treuesten Unterstützer gegen ihn auf und sorgt für Unruhe innerhalb der MAGA ("Make America Great Again", in etwa "Amerika wieder groß machen", Anm.d.Red.)-Bewegung.
US-Präsident
Die Reaktion fiel prompt und heftig aus: Zahlreiche Trump-nahe Influencer, Podcaster und konservative Kommentatoren warfen der Regierung Vertuschung vor. Der Druck wurde so stark, dass selbst Trump erstmals öffentlich gegen seine eigene Basis austeilte. Auf "Truth Social" schrieb er: "Lasst diese Schwächlinge weitermachen und die Arbeit der Demokraten erledigen. (…) Ich will ihre Unterstützung nicht mehr!" Ein bemerkenswerter Bruch mit Teilen jenes Lagers, das ihn einst bedingungslos unterstützte. Und ein öffentlicher Schlagabtausch, wie man ihn innerhalb der MAGA-Bewegung bisher kaum erlebt hat.
Besonders brisant: Podcast-Influencer und Medienakteure wie Tucker Carlson brachen in den vergangenen Wochen offen mit Trump und säten öffentlich Zweifel. Auch
Der Post wurde zwar später gelöscht – der Schaden blieb jedoch. Laut "Forbes" brodelt es intern gewaltig – nicht zuletzt, weil Trumps FBI-Direktor Kash Patel und dessen Vize Dan Bongino früher selbst für die Veröffentlichung der Epstein-Akten plädierten. Nun rudern beide zurück – aus Angst vor den beruflichen Konsequenzen.
Wer kritisiert Trump – und warum?
Die MAGA-Bewegung war nie völlig homogen, doch die Epstein-Krise macht die internen Risse erstmals für alle sichtbar. Laut "Politico" haben sich mindestens vier größere Fraktionen herausgebildet:
- Die "Nothing-to-see-here"-Fraktion glaubt Trumps Darstellung, der Fall sei abgeschlossen und diene nur den Demokraten als Ablenkungsmanöver des linken Lagers.
- Die "Deep State"-Anhänger wittern eine Verschwörung innerhalb der Regierung, die Trump davon abhält, die Wahrheit zu sagen. Sie sehen auch seine Justizministerin Bondi als Teil des Problems.
- Israel-Skeptiker vermuten derweil geopolitische Interessen hinter dem Epstein-Skandal und verbreiten antisemitisch aufgeladene Narrative rund um angebliche Netzwerke hinter Epstein.
- Podcast-Influencer und rechte Meinungsmacher wie Megyn Kelly oder Steve Bannon kritisieren Trump inzwischen offen und fordern personelle Konsequenzen sowie mehr Transparenz.
Warum attackiert Trump seine eigene Basis?
Der öffentliche Bruch mit Teilen seiner Unterstützer wirkt wie ein kalkulierter Befreiungsschlag. Trumps Strategie erinnert zudem an frühere Konfliktsituationen: Er geht in die Offensive, statt sich zu erklären. Die offenen Angriffe auf "ehemalige Unterstützer" zeigen, dass er sich nicht nur unter Druck fühlt, sondern auch die Deutungshoheit über das Narrativ zurückgewinnen und sich selbst als Opfer einer Kampagne darstellen will. Das könnte sich jedoch langfristig als riskant erweisen, denn viele seiner Unterstützer erwarten von ihm den versprochenen "Kampf gegen das System". Immerhin wurde Trump lange für seine angeblich kompromisslose Haltung gegen "das Establishment" gefeiert.
Verliert Trump also seine Kernwählerschaft? Hier gehen die Meinungen auseinander. Zwar gilt Trumps Basis als extrem stabil, doch der Epstein-Fall trifft einen wunden Punkt: das Misstrauen gegenüber den Eliten. Wenn ausgerechnet Trump nun als jemand wahrgenommen wird, der "mitspielt" statt "aufklärt", könnte das seine Glaubwürdigkeit dauerhaft beschädigen.
"Axios" formulierte es so: "Niemand – nicht einmal Trump – ist immun gegen die Epstein-Wut." In Umfragen zeigt sich bislang noch kein dramatischer Einbruch – doch das Unbehagen wächst, vor allem in den sozialen Medien. Dort kursieren täglich neue Mutmaßungen, Memes und Forderungen nach Enthüllung der Epstein-Namensliste.
Eine temporäre Krise – oder der Anfang vom Ende für Trump?
Sollte sich die Wut innerhalb der MAGA-Bewegung weiter aufstauen, könnte Trump spürbar an Rückhalt verlieren – nicht nur in den sozialen Medien, sondern auch an den Wahlurnen. Zwar gibt es Anzeichen, dass viele Hardcore-Anhänger trotz aller Kritik zu Trump halten, doch die Dynamik hat sich verändert. Die Bewegung, die einst wie ein monolithischer Block wirkte, ist in Bewegung geraten – und Trump scheint erstmals nicht mehr ganz sicher, ob er sie noch vollständig kontrollieren kann.
Dennoch gibt es Hoffnung für den US-Präsidenten– und sie kommt ausgerechnet aus der Ecke, die ihn zuvor am schärfsten kritisiert hat. Wie "ABC News" berichtet, hat sich die Stimmung unter vielen MAGA-Influencern überraschend gedreht.
Anlass war ein Bericht des "Wall Street Journal", der ein angebliches Geburtstags-Schreiben Trumps an Epstein aus dem Jahr 2003 enthüllte. Trump wehrte sich prompt gegen den Bericht und reichte sofort eine Verleumdungsklage über zehn Milliarden Dollar gegen die Zeitung ein. Zeitgleich kündigte Trump an, Justizministerin Bondi solle alle verfügbaren Akten der Grand Jury zum Epstein-Fall veröffentlichen – vorbehaltlich gerichtlicher Freigabe.
Für viele enttäuschte Anhänger war das ein Befreiungsschlag. MAGA-Podcaster Jack Posobiec kommentierte euphorisch: "Wir sind zurück. (…) Die MAGA-Bewegung steht komplett geschlossen hinter diesem Kampf."
Ob die Euphorie von Dauer ist, bleibt abzuwarten. Denn die Grand-Jury-Akten machen nur einen Bruchteil der Epstein-Dokumente aus und eine Veröffentlichung könnte sich über Monate hinziehen.
Der Fall Epstein könnte über Trumps politische Zukunft entscheiden
Trump steht also vor einer doppelten Herausforderung: Er muss verlorenes Vertrauen zurückgewinnen und zugleich verhindern, dass ihm die Kontrolle über seine politische Basis entgleitet. Ob ihm das gelingt, wird nicht nur über seinen Einfluss entscheiden, sondern möglicherweise auch über seine politische Zukunft. Denn eines ist klar: Die Bewegung ist nicht mehr das, was sie einmal war.
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Der Fall Epstein hat sich vom juristischen Skandal zum politischen Sprengsatz entwickelt. Und je länger Trump versucht, ihn als "langweilig" abzutun, desto mehr verliert er die Kontrolle über seine eigene Erzählung. Was als Versprechen begann, könnte für Donald Trump also zum größten Loyalitätstest seiner Karriere werden. Ob er ihn bestehen wird, ist offen. Doch klar ist: Die Bewegung, die ihn einst trug, ist so gespalten wie nie zuvor.
Verwendete Quellen
- politico.com: The MAGA factions fighting about Epstein
- abcnews.go.com: 'We are so back': MAGA supporters rally around Trump following WSJ article
- axios.com: Trump faces MAGA trust crisis over Epstein debacle
- forbes.com: Trump Says He Doesn’t Understand Interest In ‘Boring’ Epstein Files: Here’s A Timeline Of Events