Nachdem die Hoffnungen auf eine Waffenruhe im Gaza-Krieg zerschlagen wurden, gab es nach Angaben der Hamas erneut einen Angriff Israels, der Todesopfer forderte, was eine Hilfsstiftung dementiert. Zudem macht Washington dem Iran im Atom-Streit einen Vorschlag. Die Lage im Überblick.
Hoffnungen auf eine Waffenruhe im Gaza-Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas haben sich vorerst zerschlagen. Zwar stimmte die Terrororganisation in ihrer Antwort auf einen Vorschlag des US-Vermittlers Steve Witkoff für eine Feuerpause zu, einige Geiseln freizulassen, stellte aber weitere Bedingungen. Die USA und Israel wiesen die Antwort der Hamas prompt zurück: Sie sei "komplett inakzeptabel", schrieb Witkoff auf X. Nur wenige Stunden später meldete die Hamas einen neuen Angriff Israels, bei dem am frühen Morgen mindestens 22 Palästinenser getötet worden seien.
Mehr als 115 weitere Menschen seien nahe einem von einer US-Sicherheitsfirma betriebenen und von israelischen Truppen bewachten Verteilungszentrum für Hilfsgüter in Rafah im Süden des abgeriegelten Küstenstreifens verletzt worden, teilte das Medienbüro der Terrororganisation mit. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Die israelische Armee äußerte sich zunächst nicht.
Hilfsstiftung dementiert Todesfälle: "Frei erfunden"
Die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) dementierte die Darstellung der Hamas, dass Menschen an humanitären Verteilungszentren getötet worden sein sollen. "Unsere Hilfe wurde heute ohne Zwischenfall verteilt", hieß es in einer Mitteilung. Seit Beginn des Einsatzes vor sechs Tagen seien insgesamt mehr als 4,7 Millionen Mahlzeiten verteilt worden.
"Uns sind Gerüchte bekannt, die aktiv von der Hamas verbreitet werden und angebliche Todesfälle und Verletzungen am heutigen Tag betreffen", hieß es weiter. "Diese sind unwahr und frei erfunden."
Israel ermöglicht der Stiftung die Verteilung von Hilfsgütern im Gazastreifen, um auf diese Weise Hilfsorganisationen der UN und anderer internationaler Initiativen zu umgehen. Die Vereinten Nationen haben dies kritisiert und Israel vorgeworfen, humanitäre Hilfe als Waffe einzusetzen. Israel hatte nach fast drei Monaten Blockade wieder Hilfslieferungen an die hungernde Bevölkerung in begrenztem Umfang erlaubt.
Israel will nach eigenen Angaben mit Hilfe des neuen Systems verhindern, dass die Hamas humanitäre Hilfe für sich abzweigt. Stattdessen will sie die Hilfsgüter direkt an die Menschen in Gaza übergeben. Die UN sagen, Israel habe keine Beweise für eine Kontrolle der Hilfsgüter durch die Hamas vorgelegt. Augenzeugen im Gazastreifen haben jedoch in der Vergangenheit mehrfach bestätigt, Hamas-Kämpfer hätten Hilfslieferungen gekapert.
Hamas fordert Ende des Krieges
Die Hamas müsse den aktuellen Vorschlag für eine zunächst auf 60 Tage begrenzte Waffenruhe akzeptieren, dann seien schon nächste Woche weitere Gespräche hin zu einem dauerhaften Kriegsende in Gaza möglich, schrieb Witkoff auf X. Eine Garantie für die endgültige Einstellung der Kampfhandlungen gibt es in dem Plan aber nicht - das war jedoch bisher eine zentrale Forderung der Hamas. Offenbar halten die Islamisten daran fest. "Garantien gegen die Wiederaufnahme der Aggression" seien als Teil der Antwort an Witkoff übermittelt worden, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus Hamas-Kreisen.
Weitere Bedingungen der Hamas
Der US-Vorschlag sieht eine Freilassung von 10 Geiseln aus dem Gazastreifen sowie die Übergabe der sterblichen Überreste von 18 weiteren Verschleppten vor. Im Gegenzug sollen palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikommen. Diesem Kern des Vorschlags will die Hamas zwar zustimmen. Gleichzeitig stellt die Terrororganisation aber weitere Bedingungen.
So fordern die Islamisten eine zeitlich länger gestreckte Taktung der Geiselfreilassungen, als sie in Witkoffs Plan vorgesehen ist, wie die dpa aus Kreisen der Terrororganisation erfuhr. Diese Änderung solle verhindern, dass Israels Regierungschef
Islamisten wollen Garantie für Kriegsende
Auch will die Hamas, dass sich Israels Militär nach dem Inkrafttreten der Waffenruhe in umfassenderem Ausmaß aus dem abgeriegelten Gazastreifen zurückzieht, wie die dpa aus Hamas-Kreisen weiter erfuhr. Die Islamisten hätten ferner festhalten wollen, dass, falls innerhalb 60 Tagen keine Einigung über eine dauerhafte Waffenruhe erzielt wird, die befristete Feuerpause automatisch auf unbestimmte Zeit verlängert wird, zitierte die US-Nachrichtenseite "Axios" eine informierte Quelle. Die Hamas habe eine bis zu sieben Jahre dauernde Waffenruhe gefordert, sagte ein israelischer Beamter der "Times of Israel".
Der Hauptstreitpunkt sei jedoch die Forderung der Islamisten nach Garantien der USA für die Beendigung des Krieges, berichtete "Axios". Die israelische Regierung von Ministerpräsident Netanjahu lehnt jedoch eine Waffenruhe, in der der Krieg ein Ende findet, strikt ab. Kritiker werfen ihr vor, den Krieg im Gazastreifen aus innenpolitischen Gründen unbegrenzt weiterführen zu wollen.
Israel: Hamas für Fortsetzung des Krieges verantwortlich
Der ranghohe Hamas-Vertreter Basem Naim betonte in einer Stellungnahme, man habe Witkoffs Vorschlag nicht abgelehnt. Vielmehr sei die Reaktion Israels auf den US-Vorschlag nicht mit dem vereinbar gewesen, dem die Hamas zugestimmt habe. Witkoffs Haltung gegenüber der Palästinenserorganisation sei unfair und zeige eine "komplette Voreingenommenheit" gegenüber Israel.
Israels Außenminister Gideon Saar schrieb auf X, die Hamas habe den Krieg mit dem Massaker vom 7. Oktober 2023 begonnen und sei für dessen Fortsetzung verantwortlich, weil sie sich weigere, die Geiseln freizulassen und ihre Waffen niederzulegen. Israel geht davon aus, dass sich noch 20 bis 23 lebende Geiseln sowie mindestens 35 Leichen von Verschleppten im Gazastreifen befinden.
Berichte: USA machen Iran Vorschlag für Atom-Deal
Seit geraumer Zeit gibt es Spekulationen, Israel bereite sich möglicherweise auch auf einen Angriff auf die Atomanlagen im Iran vor. In Israel wird befürchtet, dass Teheran den Bau einer für den jüdischen Staat existenzgefährdenden Atombombe anstrebt. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) stellte fest, dass die produzierte Menge an beinahe waffentauglichem Uran im Iran binnen kurzer Zeit um fast 50 Prozent zugenommen habe. Netanjahu fordert die internationale Gemeinschaft nach dem Bericht zu raschem Handeln auf.
Der US-Sondergesandte Witkoff habe der Führung in Teheran nun "einen detaillierten und akzeptablen Vorschlag" vorgelegt, zitierten die US-Nachrichtenseite "Axios" und andere Medien die Sprecherin von US-Präsident Donald Trump, Karoline Leavitt. Es liege in Irans bestem Interesse, den US-Vorschlag anzunehmen. Irans Außenminister Abbas Araghtschi teilte mit, sein Amtskollege im Oman habe ihm in Teheran "Elemente eines US-Deals" vorgelegt. Man werde darauf "angemessen" und entsprechend den "nationalen Interessen" des Irans reagieren, schrieb Araghtschi auf der Plattform X.
IAEA: Fast waffentaugliches Uran im Iran stark angestiegen
Die USA hätten unter anderem ein regionales Konsortium vorgeschlagen, das Uran für zivile Zwecke unter Aufsicht der IAEA und der USA anreichert, berichtete "Axios". Eine weitere Idee sei, dass die USA das Recht der Islamischen Republik auf Anreicherung von Uran anerkenne, während Teheran seine Urananreicherung vollständig aussetzt, hieß es weiter.
Dem IAEA-Bericht zufolge verfügt der Iran inzwischen über fast 409 Kilogramm an Uran mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent. Etwa 42 Kilogramm würden für eine Atomwaffe ausreichen, falls dieses Uran nur noch ein wenig höher auf 90 Prozent angereichert würde, heißt es in diplomatischen Kreisen. Der Iran wies den Bericht als politisch motiviert zurück. Laut Irans staatlicher Nachrichtenagentur Irna wirft das Außenministerium Israel vor, der IAEA gefälschte Dokumente geschickt zu haben, die Grundlage des Berichts seien. (dpa/bearbeitet von mak)