Berlin - Kaufen, einziehen, abreißen: Es ist wohl das Worst-Case-Szenario eines jeden Eigentümers - wenn sich nach dem Erwerb einer Immobilie das Bauamt meldet und zumindest Teile des Eigenheims für unrechtmäßig errichtet erklärt. Von einem sogenannten Schwarzbau ist dann landläufig die Rede. Im schlimmsten Fall winkt der Abriss.
Wie sich Verbraucherinnen und Verbraucher vor einem solchen Reinfall schützen können und welche Möglichkeiten ihnen bleiben, wenn's doch schiefgegangen ist? Antworten auf wichtige Fragen.
Wann spricht man überhaupt von einem Schwarzbau?
"Ein Schwarzbau liegt vor, wenn ein Gebäude oder ein Gebäudeteil ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet wurde oder wesentlich von der erteilten Genehmigung abweicht", sagt Inka-Marie Storm vom Eigentümerverband Haus & Grund. Welche (An- und Um-)Bauten überhaupt einer Baugenehmigung bedürfen, richtet sich nach der jeweiligen Landesbauordnung. Kommunen können aber auch teils eigene Regeln festlegen. Bundeseinheitliche Regelungen gibt es nicht.
Wurde eine solche Genehmigung nicht eingeholt, obwohl sie benötigt worden wäre oder weicht der Bau von den genehmigten Bauplänen ab, liegt Rechtsanwältin Manuela Reibold-Rolinger zufolge eine Ordnungswidrigkeit vor. Im Einzelfall kann sie auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Vor allem kleine Bauvorhaben sind es Storm zufolge, die mitunter ohne Genehmigung auskommen. Etwa Gartenhäuser, Geräteschuppen, Carports oder Terrassenüberdachungen bis zu einer bestimmten Größe sowie bestimmte Einfriedungen.
Was sind typische Arten von Schwarzbauten?
"Typischerweise handelt es sich bei Schwarzbauten um An- oder Umbauten, die ohne Genehmigung durchgeführt wurden", sagt Manuela Reibold-Rolinger. Dann geht es etwa um zusätzlich geschaffene Räume, Dachgeschossausbauten, Wintergärten oder Wohnräume in Garagen. Dass wirklich ganze Häuser ohne entsprechende Erlaubnis errichtet werden, sei eher selten - aber auch das kommt vor.
Wann und wo kommt so etwas besonders häufig vor?
Insbesondere dort, wo viel gebaut wird - zum Beispiel in schnell wachsenden Gemeinden oder Regionen mit hoher Nachfrage nach Wohnraum, sagt Manuela Reibold-Rolinger. Außerdem kämen Schwarzbauten in Gebieten vor, die außerhalb eines geltenden Bebauungsplans liegen, was etwa bei Wochenend- oder Ferienhäusern der Fall sein kann oder in wenig kontrollierten, ländlichen Regionen, sagt Christian Osthus vom Immobilienverband Deutschland.
Aber auch dort, wo Bestandsbauten nachträglich umgebaut wurden oder wo Bauherren ohne genaue Kenntnis aller Vorschriften Eigenleistungen durchführen, schaut man besser genau hin.
"Früher war es in vielen Regionen durchaus üblich, dass kleinere bauliche Veränderungen ohne formelle Genehmigung errichtet wurden", sagt Osthus. Ganz nach dem Motto "Wo kein Kläger, da kein Richter". Auch Bauämter hätten seinerzeit nicht jeden Verstoß konsequent verfolgt, sondern mit einem gewissen Augenmaß entschieden.
"Heute hingegen beobachten wir, dass die Bauverwaltungen sehr viel genauer hinschauen", so Osthus. Das liegt einerseits an deutlich besseren technischen Möglichkeiten. Und andererseits an deutlich strengeren rechtlichen Rahmenbedingungen - Stichwort Haftung.
Schwarzbauten kämen daher bei Gebäuden älteren Baujahrs deutlich häufiger vor als bei jüngeren Bauten.
Wie kann ich als Kaufinteressent frühzeitig erkennen, ob es sich bei einem Gebäude oder Gebäudeteilen um einen Schwarzbau handelt?
Kaufinteressenten einer Immobilie können bei der zuständigen Baugenehmigungsbehörde Einsicht in die Baugenehmigungsakte verlangen. Darauf weist Bernd Düsterdiek vom Deutschen Städte- und Gemeindebund hin. "Dort sind sämtliche Genehmigungen und Änderungsanträge sowie etwaige Beseitigungs- oder Legalisierungsanordnungen dokumentiert." Sind An- oder Umbauten eines Gebäudes nicht darin zu finden, sollten Käuferinnen und Käufer nachfragen.
Außerdem empfiehlt es sich Manuela Reibold-Rolinger zufolge, schon bei den Besichtigungen einer Immobilie auf sichtbare Hinweise zu achten - etwa untypische Bauweisen, Umnutzungen von Keller- und Dachgeschossflächen oder unvollständige Bauunterlagen. Auch eine professionelle Bauwerksprüfung durch einen Sachverständigen kann Aufschluss geben. "Rechtlich ist es ratsam, im Kaufvertrag eine entsprechende Gewährleistung zu vereinbaren, die den Zustand des Gebäudes absichert", so die Rechtsanwältin.
Welche Möglichkeiten bleiben Käufern, wenn sie den Schwarzbau erst nach Unterschrift erkennen?
"Falls nach dem Kauf herauskommt, dass ein Schwarzbau vorliegt, kann man versuchen, eine nachträgliche Genehmigung zu erhalten", sagt Christian Osthus. Proaktiv vorzugehen, sei in jedem Fall besser als später möglicherweise vom Bauamt auf den Umstand hingewiesen zu werden, dass mit dem Bau etwas nicht stimmt.
"Hierfür ist es ratsam einen Architekten ins Boot zu holen, der den Fall erst einmal prüft, bevor man bei der Baubehörde nachfragt." Beim Versuch, eine nachträgliche Genehmigung zu erwirken, komme es immer auch auf die richtige Strategie und Fingerspitzengefühl an.
Hat ein Verkäufer falsche Angaben gemacht und Käuferinnen und Käufer getäuscht, können diese Osthus zufolge auch Gewährleistungsansprüche geltend machen und vom Kaufvertrag zurücktreten.
Wie stehen die Chancen auf eine nachträgliche Genehmigung?
Das hängt vom Einzelfall ab. Eine nachträgliche Genehmigung habe aber gute Aussichten auf Erfolg, wenn die baulichen Maßnahmen den baurechtlichen Vorgaben entsprechen und dem keine öffentlichen Belange, wie Denkmalschutz oder Sicherheitsvorschriften, entgegenstehen. "Es ist jedoch keine Garantie gegeben, und die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden sein", sagt Manuela Reibold-Rolinger.
Problematisch werde es mit nachträglichen Genehmigungen immer dann, wenn etwa "Abstandsflächen unterschritten oder Nachbarrechte betroffen" seien, so Inka-Marie Storm. Auch bei Verstößen gegen Brandschutzvorgaben oder für Bauten außerhalb eines geltenden Bebauungsplans kann es Christian Osthus zufolge düster aussehen. Das letzte Wort hat immer die zuständige Bauaufsichtsbehörde.
Was kann im schlimmsten Fall passieren, wenn ein Schwarzbau keine nachträgliche Genehmigung erhält?
Im schlimmsten Fall kann es sein, dass die Behörden eine Nutzungsuntersagung aussprechen und den Abriss des Gebäudes oder Gebäudeteils verlangen - und zwar auf eigene Kosten. Zudem könne ein Zwangs- oder Bußgeld ausgesprochen und Eigentümer rechtlich belangt werden, sagt Manuela Reibold-Rolinger.
Ein Schwarzbau kann sich auch auf den Versicherungsschutz eines Gebäudes auswirken. Ist beispielsweise ein Einfamilienhaus versichert, in dem aber tatsächlich eine weitere Wohneinheit geschaffen wurde, erhöht sich das Risiko. Versicherer müssten darüber in Kenntnis gesetzt werden, so Christian Osthus. © Deutsche Presse-Agentur