Nach wie vor begegnet uns die riskante Chemikalie Bisphenol A (BPA) in vielen Alltagsgegenständen und Lebensmitteln. Studien deuten darauf hin, dass die Chemikalie in deutlich kleineren Mengen gefährlich sein könnte als bislang angenommen. Utopia.de erklärt, worauf du achten kannst, um BPA zu meiden.

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Bisphenol A (BPA) gehört zu den Chemikalien, die sich im Alltag sehr schwer vollständig vermeiden lassen: Die hormonell wirksame Substanz steckt zum Beispiel in Brotboxen, Wasserkochern, Trinkflaschen und Küchenschüsseln, aber auch in Konservendosen.

Öko-Test hat in aktuellen Tests von Dosen-Produkten vielfach hohe BPA-Werte gefunden. So zeigte zum Beispiel der Test von Mais-Konserven (Juli 2024) bei allen Dosen BPA-Werte, die Öko-Test als "stark erhöht" einstuft. Auch in Tomaten und Baked Beans aus der Dose fanden die Tester:innen BPA, ebenso in Energy Drinks, Obstbrei, Kinderflaschen, Pizzakartons und Küchenrolle.

Öko-Test findet in jedem Dosenmais den gleichen toxischen Schadstoff

Bisphenol A: Gefährlicher als bislang gedacht

Lange Zeit war von Bisphenol A nicht mehr viel zu hören, nachdem 2011 die Herstellung von Babyflaschen aus Polycarbonat mit BPA verboten wurde und das Verbot 2018 auf Trinkflaschen und -gefäße für Babys und Kinder ausgeweitet wurde. Seit April 2023 gibt es eine neue Einschätzung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).

Für die Neubewertung wurden laut EFSA unter anderem 800 neue Studien berücksichtigt. Aufgrund dieser Studien kam die EFSA zu dem Schluss, dass BPA in viel kleineren Mengen als bisher gedacht gefährlich für den Menschen sein kann. Im April 2023 hat sie eine Neubewertung veröffentlicht – und den in ihrer früheren Bewertung festgelegten Wert für die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (Tolerable Daily Intake – TDI) von BPA gesenkt.

Beim TDI-Wert handelt es sich um die Menge an Bisphenol A, die im Laufe eines Lebens täglich aufgenommen werden kann, ohne dass ein nennenswertes Gesundheitsrisiko besteht.

  • EFSA-Empfehlung von 2015: 4 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag
  • EFSA-Empfehlung von 2023: 0,2 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag

Das bedeutet: Der TDI-Wert ist jetzt etwa 20.000 Mal niedriger als zuvor.

In Deutschland ist das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) für die Bewertung von Schadstoffen aus Lebensmittelverpackungen zuständig. Das BfR schlägt im Gegensatz zur EFSA einen höheren TDI von 0,2 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag vor. Dem BfR zufolge mangele es an aktuellen Daten über die Höhe der BPA-Belastung in der Bevölkerung.

An welchem Wert soll man sich künftig orientieren? Für die Tester:innen von Öko-Test ist die Antwort klar: "Öko-Test orientiert sich am TDI der EFSA. Der Wert gründet ja auch auf konkreten wissenschaftlichen Erkenntnissen zum toxikologischen Risiko-Potential des Stoffes."

Warum ist BPA trotz Verbot noch ein Thema?

Die EU hat inzwischen ein umfassendes Verbot von BPA in Lebensmittelkontaktmaterialien beschlossen. Es gilt seit dem 20. Januar 2025. Doch bis BPA tatsächlich vollständig aus unserem Alltag verschwindet, wird es noch dauern. Der Grund sind unter anderem Übergangsfristen.

Hersteller dürfen Lebensmittelverpackungen mit BPA-Beschichtung zunächst noch bis Juli 2026 verkaufen. Danach ist es weiterhin erlaubt, diese Verpackungen für weitere zwölf Monate zu befüllen – etwa mit Kokosmilch, Suppe oder Fisch. Die fertigen Produkte dürfen dann so lange im Handel bleiben, bis die Lagerbestände aufgebraucht sind.

Für bestimmte Anwendungen, bei denen es bisher keine geeigneten Alternativen zu BPA gibt, gelten sogar längere Fristen. Dazu zählen etwa Konservendosen für besonders säurehaltige Lebensmittel wie Obst, Tomaten oder Fisch. Diese dürfen noch bis Januar 2028 in Verkehr gebracht werden. Ziel ist es, der Industrie ausreichend Zeit zu geben, sichere und technisch machbare Ersatzstoffe zu finden.

Kurz gesagt: Auch wenn BPA künftig verboten ist, wird es wegen der Übergangsregelungen und der langen Haltbarkeit vieler Produkte noch mehrere Jahre in Umlauf sein – und damit auch weiterhin in unseren Körper und die Umwelt gelangen.

Was ist Bisphenol A überhaupt?

Bisphenol A (BPA) ist eine Chemikalie, die bei der Herstellung des Kunststoffs Polycarbonat und von Epoxid-Kunstharzen verwendet wird. Diese Harze werden für die Innenbeschichtung von Getränke- und Konservendosen verwendet. Die Industriechemikalie gehört zu den weltweit am häufigsten verwendeten synthetischen Chemikalien.

Das Problematische an Bisphenol A ist, dass es von Verpackungen an Lebensmittel abgegeben wird und sich beim Erwärmen und Erhitzen aus Kunststoffen löst und so in unsere Nahrung gelangt.

Wie gefährlich ist BPA?

BPA gilt als eine Art hormoneller Schadstoff, da er eine östrogen-ähnliche Wirkung hat und den Hormonhaushalt verändert. Die Europäische Chemikalienagentur hat Bisphenol wegen seiner hormonähnlichen Wirkungsweise als "besonders besorgniserregende Substanz mit hormonell schädigenden Eigenschaften" identifiziert.

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Gefährlich ist BPA insbesondere in sensiblen Lebensphasen, wie beispielsweise in der Schwangerschaft. Die Wirkung von BPA wird in Zusammenhang mit Störungen der Entwicklung von Mädchen und Jungen gebracht (Frühreife), mit Verhaltensstörungen bei Kindern, aber auch mit einer reduzierten Spermienzahl, Impotenz und Unfruchtbarkeit. Zudem steht BPA im Verdacht, Brustkrebs und Übergewicht zu befördern und das Immunsystem negativ zu beeinflussen.

Aktuelle Studien weisen außerdem auf mögliche Synergieeffekte hin: Die Kombination von BPA mit anderen hormonell aktiven Chemikalien (z. B. BPS, Phthalate, Parabene) könnten das Gesundheitsrisiko zusätzlich erhöhen. Diese sogenannten Cocktail-Effekte sind besonders besorgniserregend.

Wo findet sich BPA – trotz Verbot?

Bisphenol A steckt nach wie vor in vielen Alltagsprodukten, zum Beispiel in:

  • Konserven- und Getränkedosen: Epoxidbeschichtungen in Dosen sind laut EFSA und anderen Behörden weiterhin eine der wichtigsten BPA-Expositionsquellen.
  • Ältere Trinkflaschen, Behälter oder CDs/DVDs bestehen oft aus Polycarbonat, einem Kunststoff mit hohem BPA-Anteil. Die langlebigen Artikel können auch heute noch geringe Mengen BPA freisetzen.
  • Wenn Zahnfüllungen oder Versiegelungen aus Kunststoff hergestellt werden, können sie BPA oder seine Vorstufen freisetzen, vor allem unmittelbar nach dem Eingriff.
  • Recycelte Papier- und Plastikprodukte: Thermopapierreste im Altpapier können in neue Papierprodukte wie zum Beispiel Pizzakartons gelangen. Auch recyceltes Plastik kann Rückstände enthalten.
  • Studien zeigen BPA in Luft, Staub, Oberflächengewässern und Meerwasser, aber auch in Obst aus Treibhäusern und in Trinkwasser aus Kunststofftanks. Bei Menschen findet man BPA in Blut, Urin, Fruchtwasser, Gebärmuttergewebe – die höchsten Belastungen haben alle Studien bei Kindern gefunden.

Auch bei Kassenzetteln ist weiterhin Vorsicht angebracht. Hier wird statt Bisphenol A nun häufig Bisphenol S (BPS) als Ersatzstoff eingesetzt. BPS ist inzwischen ebenfalls als reproduktionstoxisch eingestuft und gehört wie BPA laut der Europäischen Chemikalienverordnung REACH zu den "besonders besorgniserregenden Substanzen" (SVHC).

So kannst du BPA meiden: 10 Tipps

  1. Kaufe Lebensmittel möglichst unverpackt oder in Glas und meide Plastikverpackungen. Hier 14 Tipps, um Verpackung im Supermarkt zu vermeiden.
  2. Verzichte auf Lebensmittel aus Dosen. Als besonders belastet gelten laut einer Studie des CVUA (Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart) Kokosmilch, Fleisch, Wurst, Eintöpfe und Fertiggerichte. Verhältnismäßig hohe BPA-Gehalte konnten Tests auch in Suppen und Eintöpfen nachweisen. Wenn du Dosen kaufst: Fülle Lebensmittel aus offenen Konservendosen in Glas-, Keramik- oder Edelstahlbehältern um.
  3. Lagere Lebensmittel in BPA-freien Alternativen wie Glas, Edelstahl oder Keramik.
  4. Erhitze Speisen nicht in Kunststoffbehältern.
  5. Achte beim Kauf von Plastikprodukten auf "BPA-frei".
  6. Bevorzuge "sicherere" Kunststoffe wie Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP).
  7. Vermeide Produkte mit Recyclingcode 7 ("PC" – enthält häufig BPA). Den Recyclingcode findest du entweder auf dem Produkt selbst oder auf der Verpackung. Er ist in Form eines kleinen Dreiecks mit einer Zahl darin dargestellt.
  8. Frage beim Zahnarzt nach BPA-freien Materialien für Füllungen und Versiegelungen.
  9. Erhitze Babynahrung niemals in Kunststoffflaschen.
  10. Zusätzlich sinnvoll: Achte bei BPA-freien Produkten auch auf Hinweise wie "frei von BPS/BPF" oder wähle zertifizierte Alternativen wie Edelstahlflaschen mit Unbedenklichkeitsnachweis.

Tipp: Mit Glasflaschen bist du auf der sicheren Seite. Glas ist undurchlässig und verhält sich produktneutral. Deshalb wird auch Babynahrung ausschließlich in Gläsern angeboten. Für Getränke gibt es Glasflaschen mit bruchsicheren, schützenden Ummantelungen. Auch unbeschichtete Trinkflaschen und Brotdosen aus Edelstahl sind frei von BPA und anderen Schadstoffen.

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Quellen: Umweltbundesamt/ Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) / BUND / Öko-Test

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