Der Goldpreis erreicht nie gekannte Höhen. Geopolitische Spannungen, massive Zentralbankkäufe und die politische Unsicherheit in den USA treiben die Nachfrage. Welche Rolle spielt Donald Trump? Was plant China? Und lohnt sich der Einstieg noch?

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Sven Weiss sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Es ist eine nie dagewesene Rekordjagd. Der Goldpreis scheint nur einen Weg zu kennen – nach oben. Anfang Oktober fiel gar die magische Marke von 4.000 Dollar (entspricht über 3.400 Euro) pro Feinunze. Wie der "World Gold Council" berichtet, stieg der Goldwert allein in der ersten Hälfte des Jahres 2025 um 26 Prozent, was Renditen im zweistelligen Bereich einbrachte. In den vergangenen zwei Monaten ging es noch steiler aufwärts. Allein in dieser Zeit legte der Preis um weitere 20 Prozent zu.

Das Phänomen ist in Zeiten globaler Unsicherheit keineswegs ungewöhnlich. Die derzeitigen Krisen – der Krieg in der Ukraine und der Nahostkonflikt, die Inflation oder auch die wachsende politische Unberechenbarkeit der USA – führen dazu, dass Anleger und Banken verstärkt auf Gold setzen. Schließlich gilt das Edelmetall seit jeher als sicherer Hafen, wenn das Vertrauen in Währungen und Märkte ins Wanken gerät.

Wie Donald Trump den Goldpreis in die Höhe treibt

Die aktuelle Rallye übertrifft jedoch alles, was wir in den vergangenen Jahrzehnten gesehen haben. Dafür sei eine ganze Verkettung an Faktoren verantwortlich, betont Marco Schwarzbach von der DekaBank.

"Zum einen kaufen Notenbanken, insbesondere in Schwellenländern, Gold zur Diversifikation ihrer Währungsreserven", so Schwarzbach. Zum anderen sorgen geopolitische Unsicherheiten, wie etwa Russlands Krieg gegen die Ukraine und der Nahost-Konflikt, für eine anhaltende Nachfrage nach "sicheren" Geldanlagen. In den vergangenen Monaten seien zudem die großen institutionellen Investoren vermehrt auf den Goldzug aufgesprungen, sagt Schwarzbach.

Und dann ist da noch Donald Trump. Die "erratische Politik des US-Präsidenten Donald Trump und der zunehmende Protektionismus" hätten dem Goldpreis Unterstützung geliefert, erläutert Schwarzbach. "Trumps Zollpolitik in Verbindung mit der öffentlichen Kritik an der Fed (Anm der Red: Federal Reserve System, Zentralbank-System der USA) haben sicherlich zu erhöhter Unsicherheit an den Finanzmärkten geführt, was dem Goldpreis Unterstützung geliefert haben dürfte."

Goldpreis auf Rekordjagd – China kauft strategisch

Es gibt noch einen weiteren wichtigen Akteur: China. "Der seit 2023 zu beobachtende Trend, insbesondere bei den Schwellenländernotenbanken, Gold zur Diversifikation ihrer Währungsreserven zu kaufen, dauert weiterhin an und ist einer der Faktoren für die starke Preisdynamik bei Gold", sagt Schwarzbach. "Insbesondere die chinesische Notenbank möchte sich von ihrem großen Anteil an US-Staatsanleihen in ihren Währungsreserven unabhängiger machen und gilt als starker Nachfrager für Gold."

Die Zentralbanken kauften in den letzten drei Jahren jeweils über 1.000 Tonnen Gold auf. Dabei war insbesondere China sehr aktiv. Inzwischen werden die Goldbestände des Landes auf über 2.300 Tonnen geschätzt, wie das Magazin "Focus" berichtet. Die Strategie ist unter anderem als Reaktion auf die Konfiszierung russischer Währungsreserven im Zuge des Ukraine-Kriegs zu deuten.

Alles nur eine Blase? Wie lange hält der Goldrausch?

Doch ist der aktuelle Anstieg überhaupt noch gerechtfertigt oder beobachten wir eine Art Blase, die womöglich bald platzen könnte? Marco Schwarzbach hält einen Einbruch des Goldpreises derzeit für wenig wahrscheinlich. Viele Faktoren, wie etwa die Zentralbankkäufe, die geopolitischen Unsicherheiten oder sinkende Leitzinsen in den USA wirkten weiterhin unterstützend. "Allerdings wäre es vermessen, die starke Performance der vergangenen Monate einfach fortzuschreiben: Eine Korrektur oder Konsolidierung innerhalb des Aufwärtstrends kann jederzeit eintreten."

Und ein Ende der Entwicklung ist noch nicht in Sicht. "Wir trauen der Goldnotierung einiges zu", so Schwarzbach. "Einerseits profitiert Gold weiterhin von seiner Eigenschaft als sicherer Hafen, andererseits wird Gold aber inzwischen vermehrt von Anlegerinnen und Anlegern eingesetzt, um ihre Geldanlagen noch breiter zu streuen und damit das Gesamtrisiko im Portfolio zu verringern."

EZB warnt vor Lieferschwierigkeiten

Der aktuelle Goldrausch führte sogar dazu, dass die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrem "Financial Stability Review" vor Schwierigkeiten warnt, die Nachfrage zu befriedigen.

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Ist jetzt also der perfekte Moment, um Gewinne abzuschöpfen? "Perfektes Timing gibt es in der Praxis nur sehr selten", sagt Marco Schwarzbach. "Bei einer langfristig ausgerichteten und breit gestreuten Geldanlage kann eine Goldbeimischung je nach Risikoneigung des Anlegers bis zu einem Anteil von fünf Prozent bis zehn Prozent sinnvoll sein. Gold hat sich im Portfoliokontext durchaus bewährt."

Über den Gesprächspartner

  • Marco Schwarzbach ist Volkswirt bei der DekaBank.

Verwendete Quellen