Aktuelle Klimastudien zeigen: Das CO2-Budget bis zur 1,5-Grad-Marke schrumpft rasant. Die Idee, Emissionen durch Aufforstung auszugleichen, ist kaum realistisch – und weltweite Ernten könnten in den nächsten Jahren drastisch sinken. Das sind die aktuellen Klimanews.
2024 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen – und die Auswirkungen der Klimakrise werden spürbarer: Extremwetterereignisse nehmen weltweit zu, ein Negativrekord jagt den nächsten.
Die globale Erwärmung zu bremsen und ihre Folgen beherrschbar zu halten, ist eine der zentralen Herausforderungen für die Menschheit. In dieser Serie halten wir Sie über die aktuellen News und Entwicklungen rund ums Klima auf dem Laufenden.
CO2-Budget bald aufgebraucht: Erreichen wir in drei Jahren 1,5-Grad-Marke?
Der globale Ausstoß klimaschädlicher Gase bleibt hoch – und das Zeitfenster, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, schließt sich damit rapide. Laut einem aktuellen Bericht der Initiative "Indicators of Global Climate Change" (IGCC) könnte das verbleibende CO2-Budget bei gleichbleibenden Emissionen bereits in etwas mehr als drei Jahren ausgeschöpft sein. Auch die Spielräume für die 1,6- und 1,7-Grad-Marken könnten demnach in weniger als einem Jahrzehnt überschritten werden.
Das CO2-Budget bezeichnet die Menge an Kohlendioxid, die weltweit noch ausgestoßen werden darf, um eine bestimmte Grenze der Erderwärmung – etwa die in den Pariser Klimazielen definierten 1,5 Grad – nicht zu überschreiten. Über dieser Grenze steigt das Risiko für schwerwiegende Klimafolgen deutlich.
Die Untersuchung zeigten, dass die Anstrengungen zur Begrenzung der Erderwärmung bei Weitem nicht ausreichten, warnte Studienleiter Piers Forster. Die Hauptursache für die rasante Erwärmung sieht der Bericht im anhaltend hohen CO2-Ausstoß durch fossile Energien und der Abholzung von Wäldern. Beides müsse auf null reduziert werden. Ein weiteres Alarmzeichen liefert der Meeresspiegel: Im Zeitraum 2019 bis 2024 allein ist er um 2,6 Zentimeter gestiegen. Insgesamt ist der durchschnittliche Meeresspiegel weltweit seit 1900 um etwa 22,8 Zentimeter gestiegen.
Die IGCC-Studie wurde von über 60 Forschenden erstellt und bei der UN-Klimakonferenz in Bonn vorgestellt. Sie liefert aktuelle Daten zu einem zunehmend instabilen Klimasystem – mit weitreichenden Folgen für Mensch und Natur.
Aufforsten gegen den Klimawandel: Fläche Nordamerikas reicht nicht aus
Die Idee, klimaschädliche Emissionen durch Aufforstung auszugleichen, klingt gut – ist in der Praxis aber kaum umsetzbar. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie im Fachmagazin "Communications Earth & Environment". Um die CO2-Emissionen auszugleichen, die bei der Verbrennung fossiler Energieträger durch die 200 führenden Energieunternehmen entstehen, müsste laut den Berechnungen der Forschenden eine Fläche größer als Nordamerika aufgeforstet werden. "Es ist ein Gedankenexperiment", verdeutlicht Co-Autorin Nina Friggens von der Universität Exeter. "Es dient dazu, die Größe des Problems darzustellen."
Die 200 größten Kohle-, Öl- und Gaskonzerne verfügen nach Angaben der Organisation Fossil Free Funds CU200 derzeit über 182 Gigatonnen Kohlenstoff, was bei der Verbrennung 673 Gigatonnen CO2-Äquivalenten entspräche – und damit deutlich mehr als mit den internationalen Klimazielen vereinbar. Die Weltgemeinschaft hatte sich eigentlich zu einer Abkehr von Kohle, Öl und Gas entschlossen – in der Realität gibt es laut der Studie dafür jedoch kaum Anzeichen.
Selbst eine vollständige Aufforstung Nordamerikas würde laut der Studie nur rund 590 der 673 Gigatonnen CO2 binden. Die Forschenden warnen zudem, dass Aufforstung keine verlässliche Lösung sei: Waldbrände, Wetterextreme oder Wassermangel könnten den Speichereffekt von Wäldern zunichtemachen. Eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) warnte bereits im März, dass die CO2-Speicherfähigkeit der Wälder weltweit durch den Klimawandel stark gefährdet sei.
Auch wirtschaftlich sei der CO2-Ausgleich problematisch: Würden die Kosten dafür in die Bilanzen der Unternehmen einfließen, wären viele fossil wirtschaftende Konzerne nicht mehr profitabel. Das Fazit der Studie ist klar: Es sei "ökonomisch billiger, die Förderung fossiler Brennstoffe zu beenden, als sie zu verbrennen und später zu kompensieren".
Grundwasser unter Stress: Kritische Lage in jedem zweiten deutschen Landkreis
In rund jedem zweiten Landkreis Deutschlands wird mehr Grundwasser entnommen, als langfristig durch Regen neu gebildet werden kann. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE) im Auftrag des Umweltverbands BUND. Demnach sind 201 von 401 Landkreisen betroffen – darunter nicht nur trockene Regionen im Osten, sondern auch dicht besiedelte Gebiete wie die Rheinschiene oder Teile Niedersachsens.
Schuld daran seien nicht nur vergangene Dürrejahre. Die Ursachen für die zunehmende Knappheit seien vielfältig, erklärt der BUND. Neben dem Trinkwasserbedarf, der rund die Hälfte des Grundwasserverbrauchs ausmacht, tragen auch Industrie, Landwirtschaft und Bergbau zur Übernutzung der Reserven bei. In Regionen wie dem Heidekreis wird Grundwasser verstärkt zur Bewässerung eingesetzt, insbesondere in trockenen Jahren.
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Die Studie unterscheidet zwischen "strukturellem" und "akutem" Grundwasserstress. Für strukturellen Stress wurde ermittelt, ob die Entnahme langfristig 20 Prozent über der Neubildung liegt – ein Wert, auf den auch das Umweltbundesamt verweist.
Der BUND fordert deshalb eine Priorisierung der Wassernutzung, faire Preise sowie Maßnahmen zur Stärkung der Ökosysteme: Humusreiche Böden, Wälder oder Moore könnten helfen, Wasser länger im Boden zu halten.
Klimaerwärmung könnte Ernte in den nächsten Jahren deutlich senken
Die globale Erwärmung bedroht die weltweite Ernährungssicherheit stärker, als bislang angenommen. Einer neuen Studie zufolge, die im Fachmagazin "Nature" veröffentlicht wurde, sinkt die weltweite Lebensmittelproduktion mit jedem zusätzlichen Grad Celsius um rund 120 Kilokalorien pro Person und Tag – das entspricht etwa 4,4 Prozent des empfohlenen Tagesbedarfs.
"Wenn sich das Klima um 3 Grad erwärmt, ist das so, als würde jeder Mensch auf der Welt das Frühstück auslassen", erklärt Studienautor Solomon Hsiang von der Stanford University laut "Die Zeit". Besonders dramatisch sei das angesichts der Tatsache, dass bereits heute über 800 Millionen Menschen zeitweise hungern.
Für ihre Analyse untersuchten die Forschenden den Ertrag von sechs zentralen Nahrungspflanzen – darunter Mais, Reis und Weizen – in über 12.000 Regionen weltweit. Ihr Fazit: Selbst wenn sich die Landwirtschaft teilweise anpasst, könnten die Ernten bis 2050 um acht Prozent zurückgehen. Bis zum Ende des Jahrhunderts drohen im schlimmsten Fall sogar Rückgänge von bis zu 24 Prozent.
Besonders betroffen wären Regionen wie der Süden Europas, weite Teile Afrikas sowie große Anbaugebiete in den USA und China. Zwar könnten manche nördliche Regionen profitieren, doch die globale Bilanz bleibt negativ. Die Studie zeigt: Ohne große technologische Fortschritte droht eine massive Versorgungslücke.
Verwendete Quellen
- Copernicus.org: "Indicators of Global Climate Change 2024: annual update of key indicators of the state of the climate system and human influence”
- Fachmagazin Nature Communications Earth & Environment: "Carbon offsetting of fossil fuel emissions through afforestation is limited by financial viability and spatial requirements"
- Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung: Pressemitteilung "Schwindende CO2-Speicherfunktion der Wälder könnte Klimaziele unerreichbar machen"
- Bund.net: "Grundwasserstress in Deutschland"
- Fachmagazin "Nature", Hultgren et al., 2025: "Impacts of climate change on global agriculture accounting for adaptation”
- Zeit.de: "Klimaerwärmung verringert Ernte in den nächsten Jahren um acht Prozent"