Seit mehr als zehn Jahren breiten sich die invasiven Quagga-Muscheln im Bodensee aus. Das bedroht nicht nur heimische Arten, sondern wird unter anderem auch zum Problem für Wasserleitungen. Eine neue Studie soll klären, wie die Ausbreitung der invasiven Art im Bodensee gebremst werden kann.
Der Bodensee ist zwar mehr als 200 Meter tief, doch Forschende wissen ziemlich genau, was sie am Seegrund erwartet: massenhaft Quagga-Muscheln. Die invasive Art bevölkert seit 2016 das Binnengewässer in einem solchen Tempo, dass die Anrainerländer nun dringenden Handlungsbedarf sehen.
In Wassertiefen von 10 bis 30 Metern finde man mittlerweile bis zu 25.000 Muscheln pro Quadratmeter, berichtet das baden-württembergische Umweltministerium in Stuttgart. "Analysen deuten darauf hin, dass die Biomasse der Quagga-Muschel im Bodensee in den nächsten 25 Jahren voraussichtlich weiter massiv zunehmen wird."
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Studie soll herausfinden, was gegen die Quagga-Muscheln hilft
Wissenschaftler sollen nun herausfinden, welche Möglichkeiten es gibt, die Quagga-Muschel aufzuhalten. Dafür hat die Internationale Bodensee-Konferenz (IBK) eine neue Studie in Auftrag gegeben. "Sie sollen beispielsweise untersuchen, welche Fressfeinde der Quagga-Muschel uns helfen könnten und was man tun kann, um diese Fischarten zu stärken", sagt der IBK-Vorsitzende Florian Hassler.
Weltweit gebe es bisher kein erfolgversprechendes Mittel gegen diese Muscheln. Mit Chemikalien könne man die Muscheln nicht bekämpfen, das sei für den See viel zu gefährlich. Eine weitere massive Ausbreitung könne nur auf natürliche Art verhindert werden. "Deswegen wäre so eine natürliche Regulierung der beste Weg."
Hoffnungsfische im Kampf gegen die Quagga-Muschel

Die Hoffnungsfische im Kampf gegen die Quagga-Muschel sind karpfenartige Fische, besonders die Rotaugen. Diese können laut Fischereiforschungsstelle die Muscheln mit ihren Schlundzähnen knacken, die Schalenfragmente ausspucken und das Innere fressen. Dafür schwimmen sie unten an den Grund, nehmen die Muschel auf, knacken und fressen sie.
Aber: "Aktuell sind zu wenige Muschel-fressende Fische im See", sagt der Leiter der Fischereiforschungsstelle in Langenargen, Alexander Brinker. Und das, obwohl der Tisch reich gedeckt sei. Wieso die benötigte Fischdichte trotz Muschel-Angebots fehle und wie man sie fördern könne, sei Teil der geplanten Untersuchung, die laut IBK bis zum Jahr 2028 laufen soll. Die Fischart sei leider auch auf dem Speiseplan eines gefürchteten Fischjägers: dem Kormoran.
Eingeschleppte Muscheln verbreiten sich rasant
Eingeschleppt wurden die etwa vier Zentimeter langen Muscheln Experten nach vor rund zehn Jahren aus dem Schwarzmeerraum durch Boote, an denen sie sich festgesetzt hatten. Seitdem breiten sie sich nach Angaben der Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg rapide aus. Etwa 4.000 Muscheln siedeln sich Schätzungen nach pro Quadratmeter an - das bringt enorme Probleme mit sich.
Zum einen machen sie laut Forschungsstelle den Bodensee nährstoffärmer, was dann über die Nahrungskette bei den Fischen durchschlägt. Zum anderen verstopften die dicht an dicht sitzenden Muscheln Rohre und Wasserleitungen, durch die Millionen Menschen mit Trinkwasser versorgt werden. In einer Studie aus dem Jahr 2023 warnte ein Forschungsteam bereits vor "Schäden in Millionenhöhe".
Auch befallen sie Anker und Schiffsrümpfe, die dann immer wieder gereinigt werden müssen. Die spitzen Muschelteile, die an die Strände gespült werden, sind außerdem gefährlich für Badegäste am See, sie können sich daran schneiden.
Nicht nur ein Problem im Bodensee
Nicht nur im Bodensee wird die invasive Muschelart mehr und mehr zum Problem. Auch im Genfersee und Bielersee sowie am Zürichsee in der Schweiz hat sich die Quagga-Muschel angesiedelt. Massive Probleme machen die Muscheln auch in mehreren Talsperren im Sauerland. Laut dem Ruhrverband haben sie sich im Möhnesee bei Soest und in der Sorpetalsperre bei Arnsberg stark ausgebreitet.
Besonders wichtig ist laut Forschenden nun, die Verschleppung in andere Gewässer zu vermeiden. Denn in bereits befallenen Gebieten könne die Ausbreitung nicht mehr aufgehalten werden. (dpa/bearbeitet von sbi)
Fakten zur Quagga-Muschel
- Wird in Fachkreisen Dreissena rostriformis genannt.
- Zeichnet sich durch eine rundlich-dreikantige Form aus, die Farbe ist sehr variabel.
- Wird bis zu 40 Millimeter groß und im Schnitt drei bis fünf Jahre alt.
- Da sie kaum von Vögeln und Fischen gefressen wird und sich schnell und ganzjährig vermehrt, zählt sie zu den erfolgreichsten invasiven Arten in Europa und Nordamerika.
- Kann jegliches Substrat besiedeln und kommt in Tiefen bis zu etwa 240 Metern vor.