Juni ist Pride-Monat doch hinter den bunten Regenbogen-Farben vieler Unternehmen steckt oft mehr Schein als Sein. Wie man echte Solidarität von Pinkwashing unterscheidet.

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Im Juni erstrahlt plötzlich alles in Regenbogen-Farben: Instagram-Profile großer Marken zeigen während des Pride Month plötzlich Regenbogen-Logos, Werbespots feiern Vielfalt und Modehäuser bringen limitierte Pride-Kollektionen auf den Markt.

Überall flattert das Symbol für Toleranz und Gleichberechtigung zumindest auf den ersten Blick. Denn hinter der farbenfrohen Fassade steckt nicht immer ehrliches Engagement. Immer häufiger ertönt Kritik: Ist das wirklich Unterstützung für die LGBTQIA+-Community oder doch nur gut kalkuliertes Marketing?

Was ist Pinkwashing?

Hinter dem Begriff "Pinkwashing", ein Kofferwort aus englisch "pink" (rosa) und "whitewashing" (Schönfärberei), verbirgt sich genau diese Problematik. Ursprünglich in den frühen 2000er-Jahren im Kontext von Brustkrebs-Kampagnen geprägt (zum Beispiel durch "Think Before You Pink"), machte die Historikerin Sarah Schulman den Begriff in einer Kolumne in der "New York Times" bekannt.

Pinkwashing beschreibt heute den Versuch von Unternehmen oder Staaten, sich durch Regenbogen-Symbolik ein progressives Image zu verleihen ohne wirklich zu gesellschaftlichem Wandel beizutragen oder die Rechte queerer Menschen aktiv zu fördern.

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Ein klassisches Beispiel: Große Konzerne tauchen im Juni ihre Logos in Regenbogen-Farben allerdings nur in Ländern, die offen für geschlechtliche und sexuelle Freiheit sind. In Ländern wie Saudi-Arabien oder Polen, wo LGBTQIA+-Rechte massiv eingeschränkt sind, bleibt das Markenbild unverändert. Hier zeigt sich schnell: Es geht nicht um Haltung, sondern um Profitmaximierung in liberalen Zielgruppen.

Auch im Modebereich lässt sich dieses Muster beobachten. Zwar kooperieren viele Firmen im Pride Month mit queeren Influencerinnen oder Influencern, entwickeln Sonderkollektionen oder schmücken sich mit Regenbogen-Emojis. Doch die entscheidende Frage lautet: Wie steht es um das restliche Jahr? Fehlen dauerhafte Diversity-Strategien oder Schutzmechanismen für queere Mitarbeitende, handelt es sich oft um reine Symbolpolitik.

So politisch ist Pinkwashing

2025 zeigt sich eine große Veränderung zu den vergangenen Jahren: In den USA sinken laut "Business of Fashion" nach der Wiederwahl von Donald Trump zum Präsidenten die Spendengelder von Unternehmen an Pride-Events und LGBTQIA+-Organisationen spürbar. Viele Firmen nehmen eine deutlich zurückhaltendere Haltung ein Firmen wie Nike, Adidas oder Starbucks haben ihre Logos dieses Jahr nicht bunt gefärbt.

Ein Beispiel auf staatlicher Ebene ist aktuell Israel. Das Land präsentiert sich international als weltoffener LGBTQIA+-Hotspot, etwa durch große Pride-Events in Tel Aviv. Kritiker werfen der Regierung jedoch vor, mit diesem Image von der Kritik am Vorgehen in den palästinensischen Gebieten ablenken zu wollen. "Wie kann man sich mit einer Demokratie für queere Menschen rühmen, die dann Millionen Palästinenserinnen und Palästinenser unterdrückt", zitiert der "Guardian" dazu den queeren Aktivisten Daoud.

Pinkwashing erkennen - Tipps und Tricks

Wie können Verbraucherinnen und Verbraucher also echtes Engagement von bloßer Marketingstrategie unterscheiden? Dabei helfen einige Anhaltspunkte:

  • Unterstützt ein Unternehmen LGBTQIA+-Rechte nur im Pride-Monat oder sichtbar das ganze Jahr über? Nachhaltige Firmen veröffentlichen regelmäßige Diversity-Berichte, setzen sich aktiv für queere Mitarbeitende ein und engagieren sich langfristig.
  • Zeigt die Marke auch in Ländern Präsenz, in denen LGBTQ+-Rechte eingeschränkt sind? Oder wird die Regenbogen-Symbolik nur in liberalen Märkten gezeigt?
  • Werden nachweislich Spenden an seriöse, queere Organisationen getätigt? Wie hoch ist der Anteil der Erlöse und welche Wirkung haben die Förderungen?
  • Unterstützt das Unternehmen keine Personen, Institutionen oder politische Bewegungen, die queerfeindliche Positionen vertreten?
  • Gibt es Schutzrichtlinien, Antidiskriminierungstrainings und Programme, die queere Mitarbeitende fördern?
  • Werden queere Stimmen in der Werbung und Produktentwicklung authentisch eingebunden oder nur als Verkaufsargument benutzt?

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