Ein internationales Forschungsteam hat die genetischen Grundlagen für die außergewöhnlichen Hütefähigkeiten bei Border Collies und anderen Hütehundrassen entschlüsselt.

Mehr zum Thema Tiere

Wer schon einmal einem Border Collie beim Schafehüten zugesehen hat, weiß: Die Hunde verrichten ihre Aufgabe mit einer faszinierenden Präzision und Intelligenz. Was genau die Vierbeiner zu solchen Meistern des Hütens macht, war bislang vor allem Gegenstand von Spekulationen. Nun haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die genetischen Grundlagen dieser Fähigkeit entschlüsselt.

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Hankyeol Jeong und Jaemin Kim von der Gyeongsang National University in Südkorea sowie Elaine Ostrander vom National Institutes of Health (NIH) in den USA hat in einer kürzlich im Fachjournal "Science Advances" veröffentlichten Studie die genetischen Besonderheiten identifiziert, die Hütehunde auszeichnen.

Die Forschenden führten eine umfassende Untersuchung durch, bei der sie das komplette Erbgut von zwölf Hütehundrassen mit dem von 91 Nicht-Hütehundrassen verglichen. Diese Datenbasis ermöglichte es ihnen, gezielt nach genetischen Unterschieden zu suchen, die mit den typischen Eigenschaften von Hütehunden in Verbindung stehen könnten.

Hütehunde und ihre besonderen Eigenschaften

Hütehunde zeichnen sich durch eine ganz besondere Kombination von Eigenschaften aus. Sie besitzen eine außergewöhnliche Intelligenz, ausgeprägte soziale Fähigkeiten, sind äußerst gehorsam, verfügen über eine feine Motorik und zeigen einen starken Jagdtrieb – allerdings ohne den Drang zu töten. Diese Mischung macht sie zu idealen Helfern bei der Arbeit mit Schafherden und anderen Nutztieren.

Bei ihrer Analyse identifizierten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mehrere Gene, die bei Hütehunden signifikante Unterschiede zu anderen Rassen aufweisen. Besonders auffällig war das Gen EPHB1, das mit dem räumlichen Gedächtnis in Verbindung steht. Dieses Gen zeigte deutliche Variationen zwischen den verschiedenen Hütehundrassen und könnte erklären, warum diese Hunde so gut darin sind, den Überblick über eine weit verstreute Herde zu behalten.

Lesen Sie auch

Die Forschenden legten bei ihrer Untersuchung besonderes Augenmerk auf den Border Collie, der als eine der intelligentesten Hunderassen gilt und für seine herausragenden Hütefähigkeiten bekannt ist. Bei ihm stellten sie Anpassungen in acht Genen fest.

Wie "Scinexx.de" berichtet, unterscheiden die Forschenden zwischen sogenannten Arbeitslinien und Showlinien. Sie geben an, wie ausgeprägt die Genanpassungen jeweils sind. Bei Border Collies der Arbeitslinie geht es bei der Züchtung etwa um das richtige Verhalten beim Schafehüten, bei der Showlinie vor allem um das rassetypische Aussehen.

Abschließend resümieren die Forschenden: "In dieser Studie stellen wir fest, dass die Selektionsmerkmale bei Hütehunden stark mit Genen angereichert sind, die sich auf soziale Interaktion und kognitive Funktionen beziehen, was vermutlich mit einer erhöhten Sensibilität für menschliche Kommunikation, der Fähigkeit, neue Befehle schnell zu erfassen, und schließlich mit der Fähigkeit, eine Vielzahl von Aufgaben und Herausforderungen bei der Kontrolle über die Herde zu bewältigen, in Verbindung gebracht werden kann."

Studie zu Genen bei Hütehunden ist "bedeutsam"

Die Ergebnisse der Studie sind nicht nur für Hundeliebhaber und Züchter von Interesse. Die Forschenden betonen laut "Phys.org", dass ihre Arbeit auch wichtige Erkenntnisse für das Verständnis der Zusammenhänge zwischen Genvarianten und Verhaltensmerkmalen bei Tieren im Allgemeinen und beim Menschen im Besonderen liefern könnte.

"Die Studie ist bedeutsam, weil die Identifizierung von Genen, die Verhaltensmerkmalen zugrunde liegen, sowohl in der Hunde- als auch in der Humangenetik bekanntermaßen schwierig ist", kommentierte Matt Littlejohn, Professor für Tiergenetik an der Massey University, die Ergebnisse. "In diesem Sinne müssen diese Ergebnisse auch validiert werden."

Durchbrüche in der Verhaltensgenetik seien schwer zu erzielen, weil die Merkmale komplex seien. "Die Studie hebt zwar ein bestimmtes Gen hervor, das wahrscheinlich eine Rolle beim Arbeitsverhalten spielt, aber der nächste Schritt wird sein, das Gen in größeren Populationen zu testen und diese Rolle zu bestätigen."

Verwendete Quellen

  © 1&1 Mail & Media/spot on news