Forschende haben im Amazonas-Regenwald eine kuriose Partnerschaft zwischen Ozelots und Opossums beobachtet. Die normalerweise einzelgängerischen Tiere wurden mehrfach gemeinsam gesichtet – obwohl Ozelots eigentlich Opossums jagen. Was hinter dieser rätselhaften Beziehung steckt.
Im Amazonas-Regenwald haben Forschende eine rätselhafte Tierpartnerschaft zwischen Ozelots und Opossums entdeckt. Die Tiere sollten eigentlich in einer Räuber-Beute-Beziehung stehen. Das Forschungsteam beobachtete sie allerdings mehrfach dabei, wie sie friedlich gemeinsam durch den Dschungel streiften.
Über seine überraschende Entdeckung berichtet das Forschungsteam unter der Leitung von Verhaltensökologen der Universität Bielefeld in Zusammenarbeit mit Forschenden der ETH Zürich in der Fachzeitschrift "Ecosphere".
"Das ist der erste Nachweis, dass einzelne Individuen von Ozelots und Opossums sich im Regenwald zusammenschließen und gemeinsam unterwegs sind", schreiben die Forschenden. Diese ungewöhnliche Verbindung war der Wissenschaft bislang völlig unbekannt.
Keine Spur von Angst oder Jagdverhalten
Ursprünglich wollten die Forschenden mit Kamerafallen das Verhalten von Vögeln dokumentieren. Dabei stießen sie auf die ungewöhnliche Partnerschaft zwischen Ozelots und Opossums. Insgesamt viermal konnten die Forschenden die ungewöhnlichen Paare mit Kamerafallen im peruanischen Amazonasgebiet fotografieren und filmen – an unterschiedlichen Orten und zu verschiedenen Zeiten.
Die Aufnahmen zeigen, wie die Tiere mit weniger als zwei Metern Abstand hintereinander herlaufen. Das Opossum zeigt dabei keinerlei Anzeichen von Furcht, das Ozelot kein Jagdverhalten. Und das, obwohl Ozelots gelegentlich Opossums jagen.
Besonders auffällig: In zwei der dokumentierten Fälle kehrten die Tiere nach einigen Minuten gemeinsam auf demselben Pfad zurück – ein weiteres Indiz dafür, dass es sich nicht um zufällige Begegnungen handelt. In allen Fällen schien das Opossum die Führung zu übernehmen, während der Ozelot dicht dahinter folge, schreiben die Forschenden.

Die Verhaltensökologin Isabel Damas-Moreira sagt in einer Mitteilung zur Studie, dass solche Kooperationen besonders faszinierend seien, "weil sie zeigen, dass sich Beziehungen auch zwischen nicht verwandten Arten entwickeln können".
Sowohl Ozelots als auch Opossums sind normalerweise Einzelgänger, die nachts auf Nahrungssuche gehen. Der Ozelot ist eine mittelgroße Raubkatze, die sich von kleinen Wirbeltieren wie Mäusen, Vögeln und Reptilien, aber auch von größerer Beute ernährt. Das Opossum hingegen ist ein Allesfresser. Auf seinem Speiseplan stehen unter anderem Insekten, kleine Wirbeltiere, Blätter, Früchte und Aas.
Schutz vor Raubtieren? Opossums suchen aktiv nach Ozelot-Duft
Um herauszufinden, ob die Opossums tatsächlich von den Ozelots angezogen werden, analysierten die Forschenden Daten aus früheren Experimenten mit Kamerafallen in Panama. Dabei wurden entweder Ozelot-Duftmarken aus Kot und Urin oder neutrale Kontrollen vor den Kameras platziert.
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Das Ergebnis war eindeutig: Opossums besuchten ausschließlich die Kameras mit Ozelot-Duftmarken. Bei den Kontrollkameras wurden keine Besuche registriert. Eine Beobachtung überraschte: Die Opossums rieben ihren Körper an den Duftmarken, schnüffelten daran oder bissen sogar hinein.
In einem weiteren Experiment mit Puma-Duftmarken zeigten die Opossums kein besonderes Interesse – ein Hinweis darauf, dass die Anziehung spezifisch für Ozelots gilt.
Forschungsteam vermutet gegenseitigen Nutzen
"Opossums könnten vom schützenden Beisein des Ozelots profitieren", schreibt das Forschungsteam. Das Reiben an den Duftmarken des Ozelots deutet laut der Studie darauf hin, dass das Opossum seinen Geruch in Anwesenheit von Ozelots tarnen könnte, um potenzielle Raubtiere wie Pumas oder Jaguare abzuschrecken. Es profitiert also von einer Art Tarnung durch die Vermischung ihrer Gerüche.
Und was haben Ozelots von der Partnerschaft? Sie könnten von den besonderen Eigenschaften des Opossums bei der Nahrungssuche unterstützt werden, "etwa durch dessen Resistenz gegenüber dem Gift von Vipern", so die Forschenden. Da sie resistent sind, können Opossums Schlangen jagen. Ozelots hingegen sind gegen das Gift nicht resistent. Eine Partnerschaft könnte daher den Jagderfolg bei der Schlangenjagd erhöhen.
"Diese Entdeckung war ein Zufall. Sie erinnert uns daran, wie wichtig genaues Beobachten ist – denn die Natur ist oft komplexer, als wir denken."
Laut dem Forschungsteam eröffnen die Ergebnisse neue Perspektiven auf das Sozialverhalten von Tieren und zeigen, wie viel im Ökosystem Regenwald noch unbekannt ist. "Diese Entdeckung war ein Zufall. Sie erinnert uns daran, wie wichtig genaues Beobachten ist – denn die Natur ist oft komplexer, als wir denken", sagt Damas-Moreira.
Verwendete Quellen
- Pressemitteilung der Universität Bielefeld: "Unerwartete Tierpartnerschaft im Amazonas entdeckt"
- Studie in "Ecosphere": "Beyond predator and prey: First evidence of an association between ocelot and opossum individuals"