In einem Reservat in Sambia machten Forschende eine interessante Beobachtung: Schimpansen schmücken sich mit Grashalmen. Das steckt dahinter.
In der Chimfunshi Wildlife Orphanage in Sambia beobachten Verhaltensforscher ein ungewöhnliches Verhalten: Schimpansen stecken sich Grashalme in die Ohren – und neuerdings sogar ins Hinterteil. Was auf den ersten Blick wie eine kuriose Eigenart erscheint, entpuppt sich als faszinierendes Beispiel für tierische Kulturentwicklung.
Trendsetter Julie und Juma
Der Ursprung dieses Trends geht bereits auf das Jahr 2010 zurück, als eine Schimpansin namens Julie begann, sich regelmäßig einen Grashalm ins Ohr zu stecken. Die anderen Schimpansen ihrer Gruppe ahmten dieses Verhalten nach. Selbst nach Julies Tod wurde die Praxis weiterhin von mehreren Tieren beibehalten, was auf eine stabile kulturelle Tradition innerhalb der Gruppe hindeutet. Der Grashalm hatte keine erkennbare praktische Funktion, diente auch nicht der Fellpflege.
Zwischen 2023 und 2024 begann ein Schimpanse namens Juma ebenfalls damit, sich Grashalme ins Ohr zu stecken. Innerhalb weniger Tage übernahmen das auch die meisten Mitglieder seiner Gruppe. Dann begann Juma damit, sich den Grashalm auch in den After zu stecken. Auch diese Praxis hat keine funktionale Bedeutung, sie ist offenbar rein sozialer Natur.
Interessanterweise gab es keinen direkten Kontakt zwischen den Schimpansengruppen, die dieses Verhalten zeigen. Sie lebten zwar im selben Reservat, hatten jedoch offenbar keinen Austausch miteinander gepflegt. Stattdessen könnten gemeinsame Bezugspersonen Auslöser dieser "Mode" gewesen sein. Die Schimpansen haben dieselben Pflegerinnen und Pfleger, die möglicherweise eine Rolle bei der Verbreitung gespielt haben. Einige dieser Menschen verwendeten gelegentlich selbst Gegenstände wie Grashalme oder Streichhölzer zur Ohrreinigung. Sie wurden möglicherweise dabei von den Tieren beobachtet, was den Anstoß zu deren kulturellen Verhalten gegeben haben mag.
Dazu dient der kuriose "Modetrend"
Die Forschung legt nahe, dass dieses Verhalten als Ausdruck sozialer Zugehörigkeit verstanden werden kann. Schimpansen lernen durch Beobachtung und Nachahmung – und wer sich den Grashalm ins Ohr oder den After steckt, signalisiert damit offenbar Gruppenzugehörigkeit oder spielt eine bestimmte soziale Rolle innerhalb des Rudels.
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Das erinnert auch durchaus an menschliche Modepraktiken, bei denen bestimmte Kleidungsstücke oder Accessoires als Symbol für Identität, Zugehörigkeit oder Status dienen. (lau)
Verwendete Quellen:
- Brill.com: Chimpanzees socially learn non-instrumental behaviour from conspecifics
- Scinexx.de: Skurriler Modetrend: Warum schmücken sich Schimpansen mit Grashalmen?
- Phys.org: A pointless fashion trend or something else? Chimpanzees wear blades of grass in their ears and rears
- Live Science: Chimps develop fashion trend by shoving grass in their ears — and in their butts
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