Warum mit Moos mehr los ist, wie eine geniale Erfindung Mikroplastik aus Gewässern entfernt und was sich in der Alzheimer-Forschung tut – drei gute Nachrichten für mehr Optimismus.
Die tägliche Flut an negativen Nachrichten lässt viele frustriert, traurig, wütend oder mit einem Gefühl der Ohnmacht zurück. Trotzdem werden negative Schlagzeilen mehr gelesen als positive Meldungen – vermutlich aus einem evolutionsbiologischen Grund: Das menschliche Gehirn ist darauf ausgelegt, uns vor Gefahren zu bewahren. Deshalb reagiert es auf Schreckensmeldungen besonders sensibel und speichert negative Informationen stärker ab.
Aber: Doomscrolling, also gezielter und massiver Konsum von negativen Nachrichten, kann der psychischen Gesundheit schaden, wie zahlreiche Studien belegen. Positive Informationen wirken da wie ein Gegengewicht. Sie verdeutlichen, dass es auch konstruktive Lösungen für ein gutes Miteinander und eine bessere Zukunft gibt. In diesem Sinne: Hier sind unsere guten Nachrichten der Woche.
Fortschritte in der Alzheimer-Forschung
Bislang zielt die medikamentöse Therapie von Alzheimer vor allem darauf ab, Ablagerungen der Proteine Beta-Amyloid und Tau im Gehirn zu verringern. Diese sogenannten Plaques stören die Zellkommunikation, wodurch die Zellen absterben und Symptome wie Orientierungslosigkeit und Gedächtnisprobleme entstehen. Seit diesem Monat ist in Deutschland und Österreich ein neues Antikörper-Medikament zur Behandlung von Alzheimer zugelassen.
Der Wirkstoff Lecanemab bindet das Protein Beta-Amyloid und macht es für das Immunsystem erkenn- und angreifbar. Die Plaques werden abgebaut, wodurch sich der Krankheitsverlauf verlangsamt. Allerdings ist es nur für eine kleine Patientengruppe ohne eine bestimmte Genvariante im Frühstadium geeignet.
Neue Erkenntnisse von Forschenden des DZNE und der LMU München könnten zukünftig eine frühere Diagnose erleichtern. Sie fanden heraus, dass der Geruchssinn im frühen Krankheitsstadium nachlässt, da Immunzellen Nervenfasern angreifen, die für die Geruchswahrnehmung wichtig sind.
Auch in Heidelberg wird ein vielversprechender Therapieansatz untersucht. Das Forschungsteam um Professor Hilmar Bading von der Universität Heidelberg entdeckte einen Mechanismus, der maßgeblich zum Absterben der Zellen beiträgt – der sogenannte "Todeskomplex". Gemeint sind die Proteine NMDAR und TRPM4. Verbinden sie sich außerhalb der Synapsen, entsteht ein toxischer Komplex, der die Zellen zerstört.
Mit dem Molekül namens FP802 gelang es den Forschenden bei Mäusen, den Mechanismus zu unterbinden. FP802 dockt an den Stellen, an denen sich die Proteine zum "Todeskomplex" verbinden würden und hemmt so die toxische Verbindung.
Die Forschenden vermuten, dass mit FP802 auch andere neurodegenerative Krankheiten wie ALS verlangsamt oder sogar aufgehalten werden können. Bis zur Anwendung am Menschen sind jedoch noch umfangreiche Studien nötig.
Wie ein Hydrogel-Shuttle die Mikroplastik-Wende bringen könnte
Mikroplastik ist überall – im Wasser, in der Luft, in Tieren und im menschlichen Körper. Die Auswirkungen von Mikroplastik auf die Gesundheit von Ökosystemen und Lebewesen sind noch nicht abschließend geklärt. Auch die Frage, wie Mikroplastik großflächig aus Gewässern entfernt werden kann, ist noch offen.
Einem Forschungsteam um Professor Sebastian Polarz am Institut für Anorganische Chemie der Leibniz Universität Hannover ist ein möglicher Durchbruch gelungen. Die Forscher haben ein Hydrogel entwickelt, das unter Wasser Mikroplastik aufnimmt und es an der Oberfläche zersetzt.
Was einfach klingt, ist eine geniale Erfindung: Das Hydrogel besteht aus einem Polymer, das auf Temperatureinflüsse reagiert, porösen Partikeln und einem speziellen Enzym. Durch sein Gewicht sinkt das Hydrogel zum Grund, wo es durch die Kälte wie ein Schwamm aufquillt und Mikroplastik und Zuckerstoffe aufnimmt.
Das enthaltene Enzym reagiert und wandelt den Zucker in Sauerstoff um. Dieser wird in den Poren des Gels gespeichert und treibt es wie ein Unterwasser-Heißluftballon samt Fracht an die Wasseroberfläche.
Dort erzeugt der auf Licht reagierende Katalysator reaktiven Sauerstoff, der das Mikroplastik zersetzt. Durch die Wärme an der Wasseroberfläche zieht sich das Gel wieder zusammen und die Gasblasen entweichen. Das Hydrogel verliert den Auftrieb und sinkt erneut ab. Durch den ständigen Auf- und Abstieg wird das Wasser kontinuierlich gereinigt – ohne externes Zutun.
Im Labormaßstab hat sich der Prototyp des autonomen Mikroplastik-Shuttles als vielversprechend erwiesen. Außerdem könnte das Material so angepasst werden, dass es gezielt andere Schadstoffe entfernt.
Multitalente fürs Klima: Mit Moos viel los
Viele Gartenbesitzer wünschen sich einen Rasen ohne Wildwuchs. Vor allem in schattigen Bereichen trübt ein hartnäckiger Störenfried das makellose Rasenglück: Moos. Dabei leisten Moose, von denen es mehr als 20.000 Arten gibt und die zu den ältesten Landpflanzen der Welt zählen, wertvolle Umweltdienste.
Sie speichern Wasser, verhindern Bodenerosionen und schaffen kleine mikroklimatische Räume, in denen andere Pflanzen, Pilze und Mikroorganismen ideale Bedingungen finden. Außerdem filtern sie Feinstaub und Kohlendioxid aus der Luft und regulieren die Bodentemperatur.
Weil Moose Nährstoffe und Feuchtigkeit über die Luft aufnehmen, sind sie wertvolle Bioindikatoren. Wie Messinstrumente liefern sie wichtige Umweltinformationen, etwa über die Boden- und Luftqualität. Sterben die genügsamen Moose ab, deutet dies auf Umweltveränderungen hin.
Dass die Pflanzen trotz ihrer Schlüsselrolle für viele Ökosysteme ein Schattendasein in der Wissenschaft, aber auch im Schulunterricht und der Medienlandschaft fristen, wollte eine Gruppe junger Biologinnen und Biologen um Doktorand Till Deilmann von der Friedrich-Schiller-Universität Jena nicht hinnehmen. Die Nachwuchswissenschaftler starteten einen Aufruf, der am Senckenberg Institut für Pflanzenvielfalt (SIP) an der Universität Jena Gehör fand.
Empfehlungen der Redaktion
Jetzt widmet sich Deutschlands erste Moos-Arbeitsgruppe "Ökologie und Evolution der Moose" unter der Leitung von Professorin Julia Bechteler den faszinierenden Gewächsen. Dass Moose aus der schattigen Nische geholt werden, ist ein klares Signal für ihre wissenschaftliche Bedeutung: Nach rund 450 Millionen Jahren Klimaschutz haben die immergrünen Überlebenskünstler diese Aufmerksamkeit und Wertschätzung endlich verdient.
Verwendete Quellen
- Uni-Hannover.de: Forschungsteam der Leibniz Universität Hannover setzt Hydrogel gegen Mikroplastik ein
- Nature.com: A self-regulating shuttle for autonomous seek and destroy of microplastics from wastewater
- Uni-jena.de: Ohne Moos nix los: Erste Professur für Moose in Deutschland
- Uni-jena.de: Mehr Aufmerksamkeit für einflussreiche Überlebenskünstler
- Uni-heidelberg.de: Schlüsselmechanismus der Alzheimer-Erkrankung entdeckt
- Gelbe-liste.de: Lecanemab bei Alzheimer-Demenz: Wie es nach der Zulassung weitergeht
- DZNE.de: Einblicke in Riechstörungen bei Alzheimer