Intelligenztests messen die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen und zeigen anhand des Ergebnisses an, ob eine Person als wenig intelligent, intelligent oder sogar hochbegabt gilt. Für Kinder und junge Erwachsene können diese IQ-Tests die Grundlage für Entscheidungen in der schulischen oder beruflichen Laufbahn sein. Doch sind sie wirklich sinnvoll?
Mit Intelligenz bezeichnet man die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen, logisch zu denken. Eine allgemein gültige Definition existiert aber nicht. Denn Intelligenz kategorisch einzuordnen und zu beschreiben, ist nicht einfach, da sie sich aus verschiedenen Fähigkeiten und Begabungen zusammensetzt, die einerseits angeboren und andererseits erlernbar sind. Auch nicht Messbares, wie das Gedächtnis und die Erfahrungen, die ein Mensch in seinem Leben gemacht hat, spielen dabei eine Rolle und ergeben am Ende ein Gesamtbild.
Was versteht man unter einem Intelligenztest und dem IQ?
In Intelligenztests wird anhand von bestimmten Aufgabenstellungen beurteilt, wie ein Mensch denkt. Beim Lösen dieser Aufgaben werden bestimmte Fähigkeiten ermittelt und daraus dann Rückschlüsse auf die Intelligenz gezogen.
Das Ergebnis eines Intelligenztests wird mit dem Intelligenzquotienten, kurz IQ, angegeben. Dieser bildet sich durch den Vergleich der Ergebnisse mit der jeweiligen Alters- beziehungsweise Bezugsgruppe, in der sich die getestete Person befindet. Der Mittelwert und somit der durchschnittliche IQ wurde auf den Wert 100 festgelegt und eine Standardabweichung von 15 definiert. Im Durchschnittsbereich zwischen 85 und 115 finden sich die meisten Menschen wieder, 68 Prozent der getesteten Personen haben einen IQ in diesem Bereich. Sehr niedrige (unter 70) oder sehr hohe (über 130) IQ-Werte sind selten und kommen nur jeweils bei etwa zwei Prozent der Getesteten vor.
Warum gibt es Intelligenztests?
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler versuchen schon lange, die Intelligenz von Menschen durch wissenschaftliche Testverfahren zu messen. Die ersten Intelligenztests wurden vor über 100 Jahren entwickelt, um das Denkvermögen von Kindern zu testen und Lernschwierigkeiten zu erkennen. Seitdem wurden die Verfahren weiterentwickelt und präzisiert.
Heute dienen IQ-Tests unter anderem dazu, die eigenen Fähigkeiten und Talente besser einordnen zu können. Das Testergebnis kann beispielsweise die Berufswahl erleichtern, Weiterentwicklungsmöglichkeiten aufzeigen oder dazu beitragen, eine passende Schule für ein Kind auszuwählen oder eine Empfehlung für entsprechende Förderungsprogramme zu erhalten.
"Der Intelligenztest ist ein unverzichtbares und das mit Abstand zuverlässigste Werkzeug in der Hand von Psychologen, mit dem wir herausfinden können, wie hoch die Denkpotenziale eines Menschen sind", erklärt der Psychologe Thomas Eckerle im Gespräch mit unserer Redaktion.
Wann sind Testungen sinnvoll und was bringt das Ergebnis?
Intelligenztests werden meist ausschließlich mit dem IQ-Wert in Verbindung gebracht, die Ermittlung dieser Maßzahl steht bei den meisten Testungen aber gar nicht im Vordergrund. Gerade professionelle Testungen sind sehr vielschichtig und zielen vor allem darauf ab, diverse kognitive Leistungen eines Menschen herauszufinden und ein umfangreiches Leistungsprofil zu ermitteln.
Für Erwachsene kann das beispielsweise hinsichtlich möglicher beruflicher Weiterentwicklung sinnvoll sein oder wenn bestimmte Fähigkeiten für einen konkreten Beruf abgeklärt werden sollen.
Bei Kindern können IQ-Tests von Bedeutung sein, wenn es darum geht, Probleme in der Schule zu analysieren oder Begabungsschwerpunkt herauszufinden. Ein unerwarteter Leistungseinbruch kann zum Beispiel ein Hinweis darauf sein, dass sich ein Kind aufgrund von Unterforderung langweilt und nicht mehr die erwartbare Leistung bringt. Ein IQ-Test kann in diesem Fall Aufschluss über die Intelligenz des Kindes geben, etwa eine mögliche Hochbegabung aufdecken und Lösungsvorschläge aufzeigen, die dem Kind aus seiner Situation helfen. Mit entsprechenden Förderprogrammen können dann Leistungsblockaden abgebaut werden.
"Intelligenz-Testungen sind immer ratsam, wenn es offene Fragen gibt und man beispielsweise herausfinden möchte, warum ein Kind unerwartete Leistungen in der Schule bringt. Darüber hinaus sind sie auch bei diversen Verhaltensauffälligkeiten von Kindern und Jugendlichen ratsam. Bei Verdacht auf das Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADS), um ein Beispiel zu nennen, muss auf Anraten der WHO ein Intelligenztest durchgeführt werden, um andere mögliche Erkrankungen ausschließen zu können", sagt der Experte.
Welchen Einfluss kann das Ergebnis eines IQ-Tests haben?
Hohe Intelligenz gilt oft als Grundlage für beruflichen und privaten Erfolg. Dass diese Annahme aber nicht immer zutreffend ist, zeigen viele Lebensgeschichten. Intelligente Menschen können im Leben scheitern und eher wenig intelligente Menschen können sehr erfolgreich sein. Ausschlaggebend ist, was man aus seinen Fähigkeiten macht.
Ein professioneller Intelligenztest, der von einer Psychologin oder einem Psychologen durchgeführt wird, sollte darauf ausgelegt sein, bestmögliche Fähigkeiten zu erkennen. Kommt es dennoch zu einem enttäuschenden oder überraschenden Ergebnis für die Testperson, mit dem sie sich nicht identifizieren kann, kann das negative Gefühle und Selbstzweifel auslösen.
"Im gemeinsamen Ergebnis-Gespräch werden, gegebenenfalls mit Bezug auf die konkreten Aufgaben, die Stärken und relativ dazu die Schwächen dem Klienten nachvollziehbar gemacht. Dies ist die Grundlage, damit für den Klienten auch bei Ergebnissen, die die eigene Erwartung enttäuschen, eine Akzeptanz des Ergebnisses möglich wird", erklärt Eckerle.
Eine sachgerechte Durchführung und angemessene Interpretation des Testergebnisses sind deshalb unabdingbar für eine verlässliche Diagnostik. Die Testperson sollte zudem motiviert sein und das passende Testverfahren für sie ausgewählt worden sein.
"Wenn ein Proband in der Testsituation nicht seine beste Leistung abliefern kann, dann entsteht das Risiko, dass das Testergebnis das vorhandene Potenzial unterschätzt. Wenn ich als Testleiter merke, dass die Testsituation einen Proband stresst und ihn unter Druck kommen lässt, dann muss ich versuchen, diesen Druck wegzunehmen, da der Proband unter solchen Bedingungen möglicherweise nicht sein Bestes geben kann und das müssen wir verhindern", sagt der Psychologe.
Stehen die Testungen in der Kritik?
Menschen anhand ihrer Intelligenz zu messen und miteinander zu vergleichen, wird auch kritisch betrachtet. Denn häufig findet eine Beurteilung oder Kategorisierung von Menschen anhand ihres IQs statt, die nicht zutreffend ist. Ein Mensch lässt sich nicht über seinen IQ definieren, ihn macht mehr aus als seine Intelligenz.
Die Tatsache, dass es unterschiedliche Testungen gibt und ein Vergleich nur mit Personen möglich ist, die denselben Test gemacht haben, macht es schwierig, allgemeingültige Rückschlüsse zu ziehen.
Kritiker führen auch folgendes Argument an: Gerade bei jungen Kindern kann die Durchführung von IQ-Tests durch die lange Testdauer oder die Unkenntnis der Person, die den Test durchführt, dazu führen, dass sie nicht ihre beste Leistung bringen und ein wenig verwertbares Ergebnis erzielt wird.
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Für ein nutzbares Ergebnis ist es deshalb besonders wichtig, dass bei der Prüfung bestimmte Bedingungen geschaffen werden, die eine problemlose Testung möglich machen. "Wenn die Rahmenbedingungen passen und alles so gestaltet wird, dass das ideale Ergebnis erreicht werden kann, dann reproduzieren sich die Ergebnisse auf gleichem Niveau. Dann ist die Kritik, dass die Tests nicht die gleichen Ergebnisse liefern, nicht berechtigt", sagt Eckerle.
Über den Gesprächspartner
- Thomas Eckerle ist Diplom-Psychologe und Inhaber des Instituts für Leistungsentwicklung. Dort führt er unter anderem IQ-Tests sowie Diagnostik von neurodiversen Dispositionen wie ADHS, Autismusspektrum (Asperger, Mutismus) und Legasthenie durch. Zudem ist er Mitglied im Expertenkreis Hochbegabung des Berufsverbandes Deutscher Psychologen (BDP).
Verwendete Quellen
- lmu.de: Der Mythos IQ auf dem Prüfstand - getestet
- fachportal-hochbegabung.de: Was ist eigentlich der IQ?
- Uni Würzburg: Intelligenz I: Begriff und Modelle, Geschichte und aktuelle Bedeutung der Intelligenzmessung
- fachportal-hochbegabung.de: Wann ist eine Intelligenztestung sinnvoll?
- fachportal-hochbegabung.de: Wer sollte testen und wie sollte eine verlässliche Intelligenzdiagnostik aussehen?